Sachsens Polizei testet erste „Drohne“

Sachsens Innenminister, der Technik-Ingenieur Albrecht Buttolo (CDU) hat die Anschaffung der ersten Drohne
für die deutsche Polizei angeordnet. Das 65.000 € teure "Unmanned
Aerial Vehicle" (UAV) soll der Polizei Luftlagebilder bei
Fußballspielen verschaffen. Sachsen ist damit Pionier in Sachen neuer
Überwachungstechnik. In anderen Ländern der EU werden "Unmanned Aerial
Vehicles" bereits für viele Aufgabenbereiche eingesetzt.

Im
militärischen Bereich dienen sie Armeen z.B. zur Zielmarkierung für
Bomber oder Raketenangriffe, im Bild das "Honeywell MAV" (Micro Air
Vehicle), das von den USA im Irak eingesetzt ist. Auch die Bundeswehr
ist in Afghanistan und dem ehemaligen Jugoslawien mit Drohnen
ausgerüstet.

Die
von der Polizei eingesetzten Fluggeräte gleichen Modellbauhubschraubern
mit 4 Rotoren, sog. "Quadrokoptern". Sie können bis zu 500 Meter hoch
fliegen, je nach Kamera liefern sie Fotos oder Videos. Durch
Elektromotoren sind sie geräuscharm, können allerdings nicht lange in
der Luft bleiben. Alle großen Konzerne der Verteidigungsindustrie
produzieren "UAV", z.B. Diehl in Überlingen ("Zielerfassungsgerät für
Infanteristen der Zukunft") oder EADS. Einer der Produzenten ist die
Firma microdones in Kreuztal bei Siegen. Viele dieser Firmen
präsentieren ihre Technik auf dem "11. Europäischen Polizeikongreß" in Berlin, auf dem auch Sachsens Innenminister spricht.

"Unmanned Aerial Vehicles" werden von der Polizei in Mailand und Paris zur Überwachung von "sozialen Brennpunkten" in der Luft platziert. Im schweizer Tessin
überwachen Drohnen die "Grüne Grenze" zur "Migrationsabwehr" und haben
bereits zu Festnahmen geführt, berichtet das Grenzwachtkorps stolz.
Auch die Polizei in Zürich und London
testet Geräte. 2008 findet in der Schweiz und Österreich die
Europameisterschaft statt, die "Sicherheitsarchitektur" für das
polizeiliche Großereignis sieht ebenfalls den Einsatz von Drohnen vor
(dazu soll die deutsche Polizei mit Wasserwerfern und 2.000
Polizeikräften aushelfen).

In einem Forschungsprojekt der "Grenzschutzagentur" FRONTEX
werden sogenannte "BSUAV – Border Security Unmanned Aerial Vehicles"
zur Kontrolle der Außengrenzen sowie "Terrorismusbekämpfung"
entwickelt. Das Programm FP7 kostet ca. 5 Mio. €.

In einem Forschungprojekt im us-amerikanischen Georgia
wird der Einsatz von Drohnen in "Schwärmen" gestestet. Drohnen könnten
quasi im "Schichtflug" pausenlos ganze Stadtteile überwachen und sich
per intelligenter Software selbst steuern. Ein weiteres Projekt zum
Einsatz "Autonomer Drohnen" in "Schwärmen" wird von Boeing und der U.
S. Air Force finanziert (siehe hierzu auch Kai Raven).

Im Kontext des Chaos Computer Club experimentieren Bastler mit Drohnen. Einer der Testflüge fand kurz vor dem G8-Gipfel bei Heiligendamm
statt, die Genehmigung mußte von der Polizeitruppe "Kavala" besorgt
werden. Interessant der Dialog mit den Sicherheitsbeamten um
Heiligendamm und dem Erbauer der Drohne:
"Ach, das ist unsere
neue Drohne?" "Nein, das ist UNSERE neue Drohne." "Dann sind sie also
vom BKA oder LKA?" "Nein." "Dann sind Sie von den Geheimen …"

One response to “Sachsens Polizei testet erste „Drohne“”

  1. Mario Poletti

    Software für Drohnen kommt aus Israel

    Ein geheimes Büro, Projekte unter Verschluss, Finanztransaktionen und konspirative Besuche: Die militärische Zusammenarbeit Schweiz–Israel.

    Sein interner Telefonanschluss beim Schweizer Rüstungskonzern Ruag endet mit 2052. Drei Sekunden bleibt es still in der Leitung. Wer seine Nummer herausgerückt habe, will er wissen. Und Auskunft gebe er «nur mit Einwilligung von oben». Mit gutem Grund. Der Mann ist israelischer Staatsangehöriger und arbeitet für den Rüstungskonzern Israel Aircraft Industries (IAI). Doch seine Geschäfte tätigt er von der Schweiz aus, in einem Büro des bundeseigenen Rüstungskonzerns in Emmen. Er bittet, seinen Namen nicht zu publizieren, «aus Sicherheitsgründen». Nennen wir ihn Eli G.

    Der Israeli weiss: Das geheime IAI-Büro in der Schweiz ist mehr als delikat. Sein Land führt Krieg, versinkt im Strudel von Gewalt und Gegengewalt. Im letzten Sommer sprach der Schweizer Bundesrat angesichts der Lage im Nahen Osten von «grosser Zurückhaltung in den militärischen Beziehungen zu Israel».

    Unbeeindruckt von den bundesrätlichen Verlautbarungen, organisierte Eli G. vor Weihnachten 2002 einen Besuch von dreizehn israelischen Rüstungstechnikern in der Schweiz. Drei Wochen lang schraubten und programmierten die Israelis in der Werkhalle 3 in Emmen an den unbemannten Aufklärungsflugzeugen der Schweizer Armee. Die Drohnen vom Typ Ranger, viereinhalb Meter lang und 270 Kilo schwer, fliegen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h, steigen bis auf eine maximale Höhe von 4500 Metern und liefern einer mobilen Bodenstation laufend scharfe, unverwackelte TV- oder Infrarot-Bilder. Die Zürcher Polizei interessierte sich im Vorfeld des letzten 1. Mai für die Drohne – zur Demonstranten-Fichierung, auch bei Überschwemmungen und Waldbränden sind Einsätze möglich. Aber im Pflichtenheft zuoberst steht: «Zielaufklärung, Feuerleitung und Wirkungsbeurteilung der Artillerie». Meister im Einsatz sind die Israelis. Immer wieder berichten Quellen über «aussergerichtliche Hinrichtungen» in den besetzten Gebieten. Drohnen orten «das Zielobjekt», Apache-Kampfhelikopter oder F-16-Kampfjets fliegen den Angriff auf die Opfer.

    Ohne die Software und das Knowhow der Israelis sind die «Falkenaugen» der Schweizer Armee nicht startklar. Die IAI hat die Drohne zusammen mit Oerlikon Contraves und der Ruag in zehnjähriger Arbeit entwickelt. Mit 28 Millionen Franken Forschungsgeldern der Eidgenossenschaft, unter der Auflage, die Kredite zurückzuerstatten, wenn die Drohne auch an andere Länder verkauft werden kann. Inzwischen hat Finnland das israelisch-schweizerische Drohnensystem erworben, in die Bundeskasse zurückgeflossen ist aber kein einziger Franken. Das bestätigt Godi Huber, Sprecher der Gruppe Rüstung. Grund: «Finnische Leistungen zu Gunsten der Schweiz in anderen Rüstungsbereichen.» Gefreut haben sich die Israelis und Oerlikon Contraves, deren Waffengeschäft heute der deutschen Rheinmetall gehört: Sie streichen den Profit ein, müssen aber die Forschungsgelder nicht zurückbezahlen. «Die Schweizer Steuerzahler subventionieren so die israelische und deutsche Rüstungsindustrie», ärgert sich der Rüstungsexperte Peter Hug. Überrascht sei er aber wenig, denn das Verteidigungsdepartement VBS spiele eine fragwürdige Doppelrolle. Es vertrete die Interessen des Bundes als Eigner der Ruag und sei gleichzeitig der Hauptkunde der Ruag. «Das Aktienpaket an der Ruag sollte vom Finanzdepartement verwaltet werden, damit undurchsichtige Quersubventionen aufhören.»

    Für SP-Nationalrat Paul Günter sind die Steuerfranken für den israelischen Rüstungskonzern «ein Hohn». Die schweizerische Nahostpolitik werde vollends unglaubwürdig: «Dass ein israelischer Rüstungskonzern ein Büro in der Schweiz einrichtet, ist ein krasser Bruch der Neutralität.» Am Montag will Günter in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats Bundesrat Samuel Schmid mit den neuen Fakten konfrontieren.

    Die Empörung geht quer durchs politische Lager. Für den Genfer FDP-Nationalrat John Dupraz reicht es nicht, dass der Bundesrat immer wieder betont, seit 1955 werde kein Kriegsmaterial nach Israel exportiert. «Ich will den sofortigen Stopp aller militärischen Beziehungen zu Israel.» Auch die Sistierung der Käufe. In den Neunzigerjahren hat die Schweiz für 1,3 Milliarden Franken in Israel Waffen gekauft. Die Aussenpolitische Kommission hatte dazu im letzten Sommer ein Postulat eingereicht. Der Bundesrat erklärte, er wolle die laufenden Beschaffungsprojekte nicht stoppen: Das Führungs- und Feuerleitsystem Intaff sowie die Kanistermunition der Kaliber 120 und 155 mm. Dupraz ist von der Antwort nicht befriedigt, er will im Parlament eine Diskussion mit anschliessender Abstimmung fordern.

    Die Israelis richteten ihr Schweizer Rüstungsbüro schon vor drei Jahren ein. Das bestätigt Eli G., der nach langem Hin und Her zwischen seiner Konzernzentrale in Tel Aviv und der Ruag ein paar Angaben zu seinen Geschäften in der Schweiz machen darf. Er sei der «Kontaktmann» zur Ruag und leiste Support bei der Einführung der Drohne. Eli G. wirkt auch als Troubleshooter. Die Schweizer Rüstungsbeschaffer hatten nicht bemerkt, dass sie für ihre Drohne dieselbe Frequenz wie die UMTS-Mobiltelefone belegen. Den Frequenzwechsel schaffte die Armee nur mit Hilfe der Israelis. 31 Millionen Franken wurden in den Sand gesetzt, bestätigt jetzt die Gruppe Rüstung.

    Die dreizehn israelischen Techniker, die Eli G. vor Weihnachten 2002 nach Emmen dirigierte, hätten Garantiearbeiten erledigt, sagt Godi Huber von der Gruppe Rüstung. Doch FACTS-Recherchen zeigen, dass zurzeit israelische Ingenieure zusammen mit Schweizer Kollegen an einer Weiterentwicklung der Drohne arbeiten. Künftig sollen nicht nur Bilder an die Bodenstation geschickt werden, sondern auch Funksignale. Im Gigahertzbereich werden dann Gespräche feindlicher Piloten oder Radarsignale, im Megahertzbereich der Funk- und Handy-Verkehr angezapft. «Eine neue Dimension in der Verbrecherjagd», schwärmt der Schweizer Techniker S., der am Projekt mitarbeitet und anonym bleiben will. Über die Rolle der Israelis will niemand offen sprechen, das sei zu heikel. Eli G. vom IAI-Büro in Emmen sagt zum neuen Projekt der Drohnen-Kampfwertsteigerung nur: «Davon weiss ich nichts.» Mit einer Bestätigung würde er den Bundesrat blossstellen, der im letzten Juli erklärt hat: «Es besteht keine Forschungszusammenarbeit zwischen der Ruag und israelischen Firmen.»

    Klar ist, dass Israel die Software für die Drohnen liefert: «Da haben die einen enormen Wissensvorsprung», sagt Techniker S. Und ihr Knowhow gäben sie nur gegen Bezahlung und in Lizenz her. «Für den absoluten Katastrophenfall – etwa bei einem Atomschlag auf Israel» lagere der Software-Code der Armeedrohne übrigens in einem Schweizer Banksafe. Ein zweiter Techniker bestätigt: «Die Studie für die Kampfwertsteigerung liegt fixfertig in der Schublade, die Finnen haben schon ihr Interesse angemeldet.» Die israelischen und schweizerischen Ingenieure würden überdies an Studien zur Allwettertauglichkeit der Ranger-Drohne arbeiten, am Synthetic Aperture Radar SAR. Godi Huber von der Gruppe Rüstung sagt, Forschungsgelder würden im diesjährigen Rüstungsbudget keine beantragt.

    «Es gab beidseitig zahlreiche Besuche, die weitaus meisten davon in der normalen Abwicklung der Rüstungsgeschäfte», erklärt Huber, markiert aber Distanz zum Israeli in Emmen. Eli G. habe «keine Funktion im operationell militärischen Sinn». Auch Oberst im Generalstab Josef Schumacher, Chef Einführung Drohnen, spielt den Kontakt mit dem Militärpartner Israel herunter. Er will «den Eli» nur ab und zu in den Werkhallen Emmens «beim Vorbeigehen» sehen: «Wir haben im Moment kein Bedürfnis nach taktischer Instruktion von israelischer Seite.»

    Dem widerspricht Eli G.: «Wir haben die Schweizer Truppen unterstützt – mit Training und Handbüchern.» Ein Milizoffizier der Schweizer Armee erzählt: Bei einem WK im Juni 2001 habe ein israelischer Techniker die Schweizer Soldaten «on the job instruiert und geholfen, das Ding in die Luft zu bringen».

    Die Schweizer Soldaten konnten zweifellos vom Kriegshandwerk der Israelis profitieren. Die Ranger-Drohne ist eine Weiterentwicklung der «Scout»-Drohne Isaraels, die laut Rüstungsprogramm bereits 1982 im «Libanonkrieg erfolgreich» eingesetzt wurde. Der israelische Militärpublizist und Oberstleutnant David Eshel beschreibt den Kampf gegen «Guerillaziele tief im Libanon-Hinterland». Am 18. April 1996 attackierten die israelischen Streitkräfte Hisbollah-Kämpfer in Qana und trafen dabei ein Uno-Lager, in dem sich zu dieser Zeit etwa 800 Zivilisten befanden – 102 starben, Hunderte wurden verletzt. Ein Uno-Soldat legte im Nachhinein ein selbst gedrehtes Video vor, auf dem deutlich erkennbar Drohnen kreisten.

    Der israelische Rüstungskonzern IAI vermarktet die Ranger-Drohne offensiv und lässt sie mit Schweizer Kreuz auf Flügeln und Heckflosse über ihre Website fliegen. «Das Schweizer Kreuz steht für Neutralität und Qualität», sagt ein Drohnen-Techniker in Emmen, «das wissen auch die Israelis.» Geplante Rüstungsgeschäfte mit Israel werden in europäischen Parlamenten heftig kritisiert. Für vier Aufträge weltweit hat das israelisch-schweizerische Konsortium Offerten eingereicht.

    Dazu will Eli G. nichts sagen. Von mehreren Seiten wird aber bestätigt, dass IAI zusammen mit der Ruag den Briten Drohnen liefern möchte. Grossbritannien plant mit dem Watchkeeper-Projekt ein milliardenteures Aufklärungs- und Überwachungssystem. Um den Rüstungskuchen streiten die grossen Konzerne, allen voran die britische Tochter des amerikanischen Konzerns Lockheed Martin, der gern direkt mit den israelischen Drohnen-Konstrukteuren kooperiert hätte. Doch der Deal platzte, weil die Militäroperationen der Israelis gegen die Palästinenser im britischen Parlament verurteilt wurden und sich die Stimmen mehren, welche die militärischen Handelsbeziehungen mit Israel abbrechen wollen.

    Ruag-Sprecher Bruno Frangi sieht in der engen Zusammenarbeit mit den Israelis und dem geheimen Büro in Emmen kein Problem: «Wenn wir mit Schweden zusammenarbeiten, haben die auch einen Mann hier.»