Schwarz-Rot will Telcos für Überwachungsdienste entschädigen

Die große Koalition plant eine leistungsgerechte Entschädigung von
Telekommunikationsunternehmen für deren Dienste beim Abhören von
Telefongesprächen und E-Mails. Auch für die Erteilung von Auskünften
über Bestandsdaten wie Name und Adresse von Anschlussinhabern sowie
über nutzungsbedingte Verbindungs- und Standortdaten sollen höhere
Ausgleichszahlungen vorgesehen werden. Die Fraktionen von CDU/CSU und
SPD haben dazu einen Gesetzesentwurf
(PDF-Datei) zur Neuordnung der bestehenden Entschädigungsregeln
vorgelegt. Im Kern geht es um eine Änderung des Gesetzes zur Vergütung
und Entschädigung von Justizgehilfen (JVEG). 

Die Regierungsfraktionen begründen den Vorstoß mit dem Hinweis, dass
durch die in den letzten Jahren erheblich gestiegene Anzahl von
Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung die Unternehmen in immer
stärkeren Maße in die Aufgaben staatlicher Stellen eingebunden würden.
Die bisherigen geringfügigen Entschädigungssätze würde von der Branche
zu Recht als "nicht angemessen" kritisiert. Insbesondere die
Internetprovider stöhnen momentan unter den sich abzeichnenden Zusatzkosten für die Bewältigung der Auflagen zur sechsmonatigen verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten, die der Bundestag vor einer Woche beschlossen hat. Aber auch andere Brancheverbände machen Druck. Union und SPD hatten die Regierung daher eigentlich im September aufgefordert, binnen drei Monaten eine Entschädigungsregelung
vorzulegen. Allerdings scheinen sich die federführenden Ministerien
damit weiter schwer zu tun, sodass die Fraktionen selbst tätig geworden
sind.

Laut dem JVEG steht den unfreiwilligen Hilfssheriffs als
Ausgleichszahlung eine Pauschale in Höhe von 17 Euro die Stunde nebst
zusätzlicher Abrechnung der Verbindungsgebühren von Netzbetreibern zu.
Die Koalition will mit dem Entwurf zwar bei Pauschalvergütungen
bleiben, diese aber für einzelne Dienstleistungen unterschiedlich
fassen und zum Teil deutlich erhöhen. Eine Entschädigung für die
Investitionen in Überwachungsinfrastrukturen in Form von Hard- und
Software ist nur bei der Heranziehung für Rasterfahndungen vorgesehen.
Dafür müssen die Ausgaben dem Entwurf nach aber 10.000 Euro
übersteigen. Bei einer Investitionssumme von bis zu 25.000 Euro sollen
für jede Stunde der Nutzung dann 5 Euro gezahlt werden. Bei teureren
Datenverarbeitungsanlagen sind bei der Notwendigkeit eines zusätzlichen
Auswertungsprogramms 10 Euro pro Stunde oder andernfalls ein Ausgleich
für verbrauchte Rechenzeit zu entgelten.


Für die restlichen Fallpauschalen haben die Fraktionen in einer
Anlage eine genaue Preisliste vorgelegt. Sie sieht die Summe von 100
Euro für die Umsetzung einer Anordnung zum Abhören der
Telekommunikation je Anschluss vor. Für Verlängerungen einer Maßnahme
sind 35 Euro Entschädigung eingeplant. Dazu sollen Leitungskosten für
die Übermittlung der Kommunikationskopien kommen, die bei einem
abzuhörenden Analoganschluss auf 75 Euro, bei einem normalen
ISDN-Anschluss auf 125 Euro, bei einem ISDN-Multiplexanschluss auf 775
Euro und bei einer zu überwachenden Breitbandverbindung auf 200 Euro
angelegt sind. Für die Auskunft über Bestandsdaten bringt der Entwurf
je angefragten Satz 18 Euro ins Spiel. Bei der einfachen Abfrage von
Verbindungs- und Standortdaten stehen 30 Euro pro Kennung auf dem
Papier. Die komplexere "Zielwahlsuche" in allen Datensätzen nach
Verbindungen, die zu einer bestimmten Nummer hergestellt wurden, soll
mit 90 Euro abgegolten werden.

Eine Funkzellenabfrage bei der Nutzung von Mobiltelefonen, für die
lediglich Ort und Zeitraum bekannt sind, kostet dem Entwurf nach im
günstigsten Fall 60 Euro. Erfolgt die Auskunft für eine Fläche,
schnellen die Preise bis zu 1100 Euro hoch. Diese Maximalsumme gilt
dann, wenn die Entfernung der am weitesten auseinander liegenden Punkte
mehr als 25 Kilometer beträgt. Für die Umsetzung einer Anordnung
künftig anfallender Verbindungs- und Standortdaten in Echtzeit sind 100
Euro, für die Auskunft über den letzten dem Netz bekannten
Aufenthaltsort eines Handys 90 Euro ausgewiesen.

Die Auswirkungen auf die Ausgaben der "Bedarfsträger" in den
Sicherheitsbehörden lassen sich dem Entwurf zufolge "nicht ohne
umfangreiche Erhebungen feststellen". Es sei mit Mehrausgaben zu
rechnen, die aber durch die niedriger angesetzten Leitungskosten
zumindest teilweise ausgeglichen werden könnten. In Kraft treten soll
das Gesetz, gegen das vor allem der Bundesrat auf Basis seiner jüngsten Eingabe zu einer Novelle
der Entschädigungsgrundlagen Bedenken erheben könnte, am ersten Tag des
zweiten Monats nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt.

Mit den vorgeschlagenen Pauschalen bleiben Union und SPD deutlich hinter den konkreten Forderungen
zurück, die etwa die Branchenvereinigung Bitkom im Sommer vergangenen
Jahres erhoben hat. Diese sahen etwa schon für die Einrichtung,
Verlängerung und Umschaltung einer Abhörmaßnahme je Kennung 250 Euro
vor. Für die einfache Abfrage von Verbindungsdaten pochte die
Lobbyorganisation auf 130 Euro, für Standortdaten sollten die Ermittler
200 Euro hinblättern. Auch der Entwurf
für eine Novelle der Ausgleichszahlungen der Regierungsfraktionen unter
Rot-Grün von 2005 sah größtenteils höhere Preise für die
Überwachungshilfen vor.

Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/99162/from/rss09