Fingerprint-Visa im EU-Parlament

[futurezone.at] Das EU-Parlament hat in zweiter Lesung der Integration biometrischer Merkmale in Visa-Anträge für den Schengen-Raum sowie deren elektronischer Weiterverarbeitung zugestimmt. Auch Kinder ab zwölf Jahren sollen in der zentralen Visumsdatenbank der Union mit Foto und Abdrücken von allen zehn Fingern erfasst werden.

Das EU-Parlament hat am Mittwoch in zweiter Lesung über neue Regeln für die Beantragung von Visa für den Schengen-Raum abgestimmt. In der Verordnung geht es hauptsächlich um die Bedingungen, unter denen biometrische Merkmale für die Visa-Datenbank der EU (VIS) erfasst werden dürfen.

Laut Aussendung des EU-Parlaments wurde der gemeinsame Standpunkt des EU-Ministerrats ohne Änderungen gebilligt, da dieser Änderungen aus der ersten Lesung des EU-Parlaments berücksichtige. Die Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft.

Als Grundlage für die Abstimmung diente eine Gemeinsame Position von Rat, Parlament und Kommission, die am 2. März veröffentlicht wurde. Die Debatte über VIS und die Erfassung biometrischer Merkmale zieht sich seit 2004 hin. Am 8. Juni 2004 hatte der EU-Ministerrat einen Rechtsakt erlassen, der die Kommission ermächtigte, die technische Entwicklung des VIS vorzubereiten. Das VIS-System soll unter anderem verhindern, dass ein Antragsteller, der bei einem Konsulat kein Visum erhalten hat, bei einer Vertretung eines anderen Schengen-Staats nochmals versucht, eine Einreiseerlaubnis zu erhalten.

Roll-out im Dezember

"Das System ist schon seit längerer Zeit beschlossen", sagte Rudolf Gollia, Sprecher des in dieser Frage federführenden Innenministeriums, zu ORF.at, "der Roll-out der technischen Systeme wie der Fingerabdruckscanner ist für den 21. Dezember 2009 geplant. Mitte Jänner 2010 sollen dann die ersten Systeme in den Maghreb-Staaten in den Einsatz gehen. Darauf werden dann Staaten im Nahen Osten folgen." Im Parlament werde auch noch über die einheitlichen Prinzipien für die Erstellung von Visa debattiert.

In Zukunft sollen nun von Menschen, die ein Schengen-Visum beantragen, Abdrucksdaten aller zehn Finger (flach) sowie ein digitales Passbild in die VIS-Datenbank aufgenommen werden. Von der Fingerprint-Erfassung sind nur Kinder unter zwölf Jahren ausgenommen – die EU-Kommission wollte ursprünglich schon Kinder ab sechs Jahren erfasst wissen – sowie Menschen, bei denen es physisch nicht möglich ist, die Fingerabdrücke zu nehmen, und "Staatsoberhäupter" und "Mitglieder königlicher Familien", die sich zu Staatsbesuchen in der EU aufhalten.

Die Fingerabdrücke und Fotos werden nach Vorgabe der Internationalen Luftfahrtorganisation (ICAO) sowie der Kommissionsverordnung 2006/648/EC erfasst. Innerhalb von 59 Monaten ab Erfassung der biometrischen Merkmale dürfen diese auch in neuen Visumsanträgen verwendet werden.

Einsatz privater Dienstleister erlaubt

Die Daten müssen nach der Erfassung verschlüsselt werden. Sie müssen auch verschlüsselt an die zentrale Datenbank übertragen werden. Nach der Übertragung müssen die Daten unverzüglich gelöscht werden. Falls die Anträge auf einem physischen Datenträger übermittelt werden, weil eventuell Drittstaaten die verschlüsselte Datenübertragung nicht erlauben, muss die Lieferung einmal pro Woche erfolgen. Es gelten die Datenschutzrichtlinien der EU.

Außer den Botschaften und Konsulaten der Schengen-Staaten sollen auch Honorarkonsulate und externe private Dienstleister mit der biometrischen Datenerfassung beauftragt werden dürfen. Die Staaten können sich auch zusammentun und ein gemeinsames Zentrum zur Visadatenerfassung einrichten. Eine Änderung von Punkt 1.4 in Abschitt VII der Gemeinsamen Position sieht vor, dass die Beschaffungsrichtlinien (Ausschreibungspflicht etc.) bei der Bestellung der externen Dienstleister außer Kraft gesetzt sind. Ist ein Honorarkonsul kein Beamter eines Schengen-Mitgliedsstaats, so gelten für ihn dieselben Regeln wie für die privaten Dienstleister.

Diese Dienstleister wiederum dürfen für ihre Arbeit eine zusätzliche Gebühr einheben, die maximal die Hälfte der Visagebühr betragen darf. Ein Schengen-Visum, das beispielsweise von der österreichischen Botschaft in London ausgestellt wird, kostet derzeit rund 57 Euro.

"Maßnahmen gegen Korruption"

Laut der Gemeinsamen Position sollen die externen Dienstleister "unter keinen Umständen" Zugriff auf das VIS erhalten, der Zugang auf die Visadaten soll dem zugelassenen Personal der Botschaften oder Konsulate vorbehalten bleiben. Sie übernehmen auch die eigentliche Eingabe der vom Dienstleister gesammelten Daten ins VIS. Die Dienstleister sollen unter anderem "angemessene Maßnahmen gegen die Korruption" ihres Personals treffen.

Drei Jahre nach Inbetriebnahme des VIS und danach jeweils im Abstand von vier Jahren muss die Kommission dem Parlament und dem Rat einen Bericht über die Implementation der Richtlinie abliefern.

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Source: www.futurezone.at