EDA Arbeitsprogramm 2010

Bereits am 17. November 2009 hatte sich der Lenkungsausschuss der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) auf ein Arbeitsprogramm für das Jahr 2010 einigen können. Das Arbeitsprogramm wird begleitet von Richtlinien, die der Rat der EU als politische Kontrollinstanz der EDA am selben Tag verabschiedet hat. Darin wird auf die bereits erreichten Fortschritte der Agentur verwiesen, ohne jedoch spezifische Beispiele zu nennen.

[wehrwirtschaft] EDA habe erfolgreich die Entwicklung der militärischen Fähigkeiten im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) vorangetrieben. Deshalb ermutigt der Rat die Agentur dazu, den eingeschlagenen Weg im strategischen Kontext aus Capability Development Plan (CDP), European Defence Research and Technology (EDRT), European Armaments Cooperation (EAC) und European Defence Technological and Industrial Basis (EDTIB) weiter zu verfolgen, und dabei besonders auf mögliche Synergien im zivil-militärischen Bereich zu achten.
Das Arbeitsprogramm selbst stellt die umfangreichste Auflistung von Handlungsempfehlungen und Initiativen seit Gründung der EDA im Jahr 2004 dar. Es ist in drei Unterkapitel gegliedert. Im ersten Unterkapitel über die strategischen Grundlinien der EDA (CDP, EDRT, EAC, EDTIB) wird in den Bereichen Rüstungskooperation sowie Forschung und Technologie (F&T) eine Umsetzung der erarbeiteten Strategien über die Erstellung von Ablaufplänen (roadmaps) gefordert. Gerade bei F&T müssen hierfür die nationalen Pläne und Entwicklungen erst einmal analysiert werden, um mögliche Übereinstimmungen oder Anknüpfungspunkte für weitere Kooperationen identifizieren zu können, auf denen wiederum eine Agenda für die nächsten Jahre aufgebaut werden kann.
Auch die Europäische Kommission soll in den Prozess mit eingebunden werden.
Der CDP soll über verschiedene Abstimmungsprozesse praxistauglicher werden. Hierbei spielen auch die unterschiedlichen Vorstellungen der beteiligten Mitgliedstaaten hinsichtlich zukünftiger Konflikte eine wesentliche Rolle.
Die EDTIB soll über eine kontinuierliche Fortführung bereits angelaufener Untersuchungen weiter gestärkt werden. Hindernisse für den fairen Wettbewerb sollen identifiziert und mögliche Handlungsoptionen zu deren Beseitigung vorgeschlagen werden. Gleichzeitig sollen für den Bereich Future Air Systems (FAS) vornehmlich Möglichkeiten für unbemannte Systeme und Hubschrauber untersucht werden. Ziel ist es, potentielle Kooperationsprogramme auszumachen und Ablaufpläne für die Generierung erster Projekte aufzustellen.
Im zweiten Unterkapitel werden Maßnahmen mit Bezug zu spezifischen Programmen oder Vorhaben angekündigt.
Neben den aus dem CDP hervorgehenden priorisierten Gebieten wie etwa Abwehr gegen Massenvernichtungswaffen, Maßnahmen gegen schultergestützte Luftabwehrsysteme, Bereitstellung von Hubschraubern, Schutz gegen unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen, medizinische Versorgung sowie Minenabwehr werden nicht weniger als 21 weitere Projekte aufgelistet, die 2010 bearbeitet werden sollen. Einige dieser Projekte wie etwa Communication and Information Systems zerfallen in viele weitere Teilprojekte.
Neben der schieren Menge an Vorhaben, derer sich EDA 2010 annehmen möchte, sticht vor ins Auge, dass historische Erfahrungen ausgeblendet werden. So beschränkt man sich beim Projekt 21st Century Soldier System auf die Feststellung, dass vorhandene nationale Modernisierungsprogramme harmonisiert werden müssten. Dabei wird offenbar vergessen, dass die vielen unterschiedlichen Programme von heute (z.B. FELIN in Frankreich, FIST in Großbritannien, der Soldato Futuro in Italien oder der Infanterist der Zukunft in Deutschland) aus einem NATOProjekt aus den 1990er Jahren hervorgegangen sind. Bereits damals war eine einheitliche Vorgehensweise nicht möglich, da auch die zugrunde liegenden Einsatzkonzepte (Gruppe plus Fahrzeug vs. abgesetzter Trupp vs. autonom operierender Soldat) oder die dahinter stehenden Fahrzeugkonzepte (z.B. FRES in Großbritannien, VBCi in Frankreich und Boxer in Deutschland) nicht aufeinander abgestimmt werden konnten. Im letzten Unterkapitel des Arbeitsprogramms wird noch auf politikspezifische Initiativen eingegangen. Hierbei geht es vor allem um die Bereiche Standardisierungen, Statistiken, Offset-Geschäfte oder die Auswirkungen des Vertrags von Lissabon auf die Arbeit der EDA.
Insgesamt lässt das Arbeitsprogramm der EDA eine klare Zielvorstellung, die stringent umgesetzt wurde, vermissen. Es beinhaltet alles und gleichzeitig nichts, ein Warenkorb des Zeitgeists ohne klare Zielvorstellung. Die EDA muss darauf achten, sich nicht in zu vielen Nebenkriegsschauplätzen zu verlieren, während sie gleichzeitig nicht in der Lage scheint, den rechtlichen wie politischen Rahmen für eine gleiche, faire und offene Kooperation der EU-Mitgliedstaaten im Bereich Sicherheit und Verteidigung zu schaffen.

Source:
wehrwirtschaft 1/2010 – 11. Januar 2010