Unbemannte Luftfahrzeuge: Die Änderung der Luftverkehrs-Ordnung

Die Bundesregierung hat vor kurzem die Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) geändert. Damit wurden ungeklärte Fragen der Luftsicherheit bei der militärischen, gewerblichen und polizeilichen Nutzung von unbemannten Luftfahrzeugen oder Drohnen, die im englischen Sprachgebrauch allgemein als Unmanned Aerial Vehicles (UAVs) oder neuerdings Unmanned Aircraft Systems (UAS) bezeichnet werden, eingegrenzt.

[Newsletter Verteidigung] Die Regelungen sehen vor, dass vor dem Hintergrund einer möglichen Bedrohung für die zivile Luftfahrt der Aufstieg und Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen mit einem Startgewicht von über 25kg oder außerhalb der Sichtweite des Piloten/Steuerers grundsätzlich verboten ist. Diese könnten allenfalls in eigens für sie reservierten Lufträumen oder auf bestimmten Landeplätzen betrieben werden, also dort, wo keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu erwarten ist. Im Übrigen wird für den Aufstieg der unbemannten Systeme eine generelle Erlaubnispflicht eingeführt.

Der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer (CSU), bekräftigte hierzu: »Mit Drohnen darf es keine Experimente zu Lasten der Sicherheit geben. Ihr Betrieb wirft noch zu viele Fragen auf. Erst wenn sichergestellt ist, dass kein Sicherheitsrisiko für den Luftverkehr und für die Bevölkerung besteht, können wir liberalere Regelungen prüfen und Drohnen gleichberechtigt zum Luftverkehr zulassen. Grundsätzlich müssen hierfür national und international möglichst rasch technische und betriebliche Standards entwickelt werden. Hier ist vor allem auch die Herstellerindustrie gefordert.« Insbesondere wegen der zunehmenden Fähigkeit zum autonomen Flug mittels GPS oder dem automatisierten Umfliegen von Hindernissen können hochgradig miniaturisierte Drohnen, auch als Micro-Air Vehicles bezeichnet, nicht mehr als »ferngesteuerte Flugkörper« gemäß der LuftVO betrachtet werden. Als problematisch gilt ebenfalls die schlechte Sichtbarkeit insbesondere bei solchen Systemen, welche für Aufklärungsflüge konzipiert wurden, die Steuerungskette oder die Zuverlässigkeit der Datenübertragung sowie atmosphärische Einflüsse auf die Funkverbindung und Störungen der verwendeten Frequenz(en). Prof. Dr. jur. Elmar Giemulla von der Technischen Universität Berlin stellt in seiner Grundsatzarbeit mit dem Titel »Unbemannte Luftfahrzeugsysteme – Probleme ihrer Einfügung in das zivile und militärische Luftrecht« die dringend erforderliche Behandlung der Problematik – in Ermangelung eines eigenständigen militärischen Luftrechts – heraus. Demnach wird dieses vielmehr vom zivilen Luftrecht abgeleitet und setzt demgemäß die Existenz zivilen (deutschen) Luftrechts voraus. Dies führt nach wie vor zu Anwendungsproblemen für die einschlägigen militärischen Dienstvorschriften, die nur der Gesetzgeber lösen kann. Zunächst ist das europäische Zertifizierungs- und Lizenzierungsrecht, so Prof. Giemulla weiter, »…lediglich für die zivile Verwendung von UAV/UAS mit einem Startgewicht von mehr als 150kg anwendbar, für zivile UAV bis 150kg sowie insgesamt für militärisch verwendete UAV sind die nationalen Gesetzgeber gefragt.«

Debatte um zivil und militärisch genutzte unbemannte Luftfahrzeuge

Unbemannte Luftfahrzeuge erfahren schon seit Jahren zunehmende Bedeutung für militärische, polizeiliche und auch gewerbliche Aufgaben. So hatte die Bundespolizei zwei Drohnensysteme, ALADIN und FanCopter, beschafft, deren Einsatz ausschließlich als »Aufklärungs- und Entschärfungsroboter« durch das Bundesministerium des Innern (BMI) genehmigt wurden. Das BMI hatte hierfür von 1998 bis 2009 insgesamt 28 unbemannte ferngesteuerte Fahrzeuge, so genannte »Fernlenkmanipulatoren« beschafft.
Der regelmäßige Einsatz von UAV durch die Bundespolizei soll aber erst in Erwägung gezogen werden, wenn die luftrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Obschon der Abschlussbericht der »Bund-Länder-Projektgruppe Drohnen« vom 12. August 2008 als Verschlusssache eingestuft ist, hatten die Mitglieder weiteren Handlungsbedarf skizziert. Demnach seien dringend Änderungen der luftverkehrsrechtlichen Vorschriften und eine Marktbeobachtung und -auswertung technischer Lösungen erforderlich. Das BMI hat zudem die Bundespolizei mit der Durchführung eines Projektes zur »Validierung von UAV zur Integration in den Luftraum« (VUSIL) beauftragt. Das Projekt soll ebenfalls Erkenntnisse zu Anforderungen an die Lufttüchtigkeit (Gestaltung, Bauausführung, Festigkeit und Ausrüstung) sowie der Teilnahme am Flugverkehr (Flugbetrieb in verschiedenen Lufträumen, Vermeidung von Zusammenstößen, Einhaltung der Ausweichregel) liefern. VUSIL soll nachweisen, dass eine sichere Teilnahme am Flugverkehr mit UAV möglich ist. Geprüft werden Notlandeverfahren, Funkverbindungen, Sensorik, Luftraumeinteilungen, oder Höhenstaffelungen. Fragen der Verkehrssicherheit von zivil genutzten UAV mit einer Abflugmasse von mehr als 150kg werden indes auf EU-Ebene von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) geprüft. Die EASA betreibt hierfür etwa das Forschungsvorhaben »Preliminary Impact Assessment on the Safety of Communications for Unmanned Aerial Systems«. Ein Industriekonsortium unter Führung von Astrium und EADS Defence & Security hatte von der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA – European Defence Agency) den Zuschlag erhalten für eine sechsmonatige Studie, um mittels perfektionierter Satellitenkommunikation die Durchquerung auch des zivilen Luftraums durch UAV zu ermöglichen.
Die militärische Nutzung von UAV, etwa für langanhaltende Aufklärungsmissionen, gilt heute infolge der Einsatzerfahrungen mit einer großen Anzahl von unbemannten Systemen als unverzichtbar.
Die Bundeswehr setzt solche Systeme mit großem Erfolg bereits seit einiger Zeit in Auslandseinsätzen ein. Zudem gelten einsatzvorbereitende Maßnahmen, wie etwa die Erprobung, Ausbildung/Schulung und Inübunghaltung im Heimatland, als unverzichtbarer Bestandteil für die Weiterentwicklung der Bundeswehr auf dem Gebiet der unbemannten Luftfahrt. Gleiches gilt für die Nutzung von aus oder Drohnen für polizeiliche Aufgaben. Der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) schlug den Einsatz solcher Systeme insbesondere bei Fußballspielen oder Demonstrationen vor, um etwa Rädelsführer in der Menschenmenge zu identifizieren und beweiskräftige Bilder bei Gericht vorlegen zu können. »Die Drohnen bieten uns völlig neue Perspektiven in der Bild- und Videodokumentation«, erklärte der Sprecher des sächsischen Innenministeriums. Aber »…auch bei Entführungen und Geiselnahmen sollen die fliegenden Polizeispäher künftig zum Einsatz kommen.« Die Geräte, die auch mit Nachtsichtund Wärmebildkameras ausgerüstet werden können, sind bei der Landespolizeidirektion Zentrale Dienste und im Landeskriminalamt stationiert. Der zunächst auf ein Jahr befristete Leasing-Vertrag wurde zur »Optimierung des Einsatzwertes« um ein Jahr verlängert, das Pilotprojekt in »Teil II« umbenannt. Am 31. Oktober 2010 soll das Vorhaben beendet werden. Neben der Luftaufklärung, Einsatzführung, Beweissicherung und Dokumentation würde auch die Nutzung für die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr, etwa bei Großschadenslagen oder Naturkatastrophen, in den Fokus weiterer Überlegungen kommen.

Generelles Verbot mit Erlaubnisvorbehalt oder Genehmigungspflicht?

Der Bundesrat war mit der Gesetzesvorlage zur Änderung der LuftVO unter anderem der wichtigsten Forderung der »Bund-Länder- Projektgruppe Drohnen« der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren nachgekommen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) will damit eine »Sicherheitslücke schließen, solange es noch keine anderweitigen Flugbeschränkungen für unbemanntes Luftfahrtgerät gibt«. Die jetzt im Januar beschlossene Gesetzesänderung sieht ein generelles »Verbot mit Erlaubnisvorbehalt oder eine Genehmigungspflicht« für unbemannte Luftfahrzeuge vor. Darüber hinaus werden Informationspflichten für Betreiber von unbemanntem Luftfahrtgerät eingeführt. Weil die neuen Regelungen den Betrieb von UAV ohnehin stark einschränken, wird zunächst von Musterzulassungsverfahren sowie von einer Verkehrszulassung der Geräte abgesehen. Diese würden erst dann erforderlich, wenn die unbemannten Fluggeräte zukünftig gleichberechtigt am Luftverkehr teilnehmen. Das Ministerium kündigte hierfür eine umfassende Gesetzes- und Verordnungsänderung in einem zweiten Schritt an, will aber wegen des noch nicht abgeschlossenen technischen Entwicklungsprozesses im Bereich der UAV zunächst abwarten. Insoweit darf nur im Ausnahmefall ein ferngesteuertes Luftfahrtgerät mit einem Gesamtgewicht von über 25kg betrieben werden. Das BMVBS muss hierfür zuvor ein »Flugbeschränkungsgebiet« einrichten, zudem muss eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeschlossen sein.

Die Rechtslage in Deutschland seit dem 18. Januar 2010

Die am 18. Januar 2010 in Kraft getretene Änderung der LuftVZO[1] sowie der LuftVO[2] hat folgendes bewirkt:
In § 1 Abs. 4 LuftVZO wird »Luftfahrtgerät« nunmehr als »unbemanntes Luftfahrtgerät im Sinne von § 1 Absatz 2 Nummer 11 des Luftverkehrsgesetzes« bezeichnet. Weder eine Muster- noch eine Verkehrszulassung sind erforderlich (§ 1 Abs. 4, § 6 Abs. 2 LuftVZO).
Allerdings sind mit dieser Großzügigkeit erhebliche Restriktionen verbunden, die im Einzelnen wie folgt aussehen:
Der Betrieb von UAV bedarf in jedem Fall der Genehmigung durch die Landes-Luftfahrtbehörde. Es wird allerdings unterschieden zwischen einem Erlaubnisvorbehalt, der an ein präventives Verbot gekoppelt ist (im Zweifel für die Genehmigung) und einem Befreiungsvorbehalt, der an ein repressives Verbot geknüpft ist (im Zweifel für die Versagung). Das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (§ 16 Abs. 1 LuftVO) gilt nur für UAV bis 25kg, die innerhalb Sichtweite betrieben werden. Ansonsten gilt ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt (§ 15a Abs. 3 LuftVZO).
Auch hier kann ausnahmsweise eine Befreiungszulassung für UAV erteilt werden, die schwerer als 25kg sind(innerhalb und außerhalb Sichtweite) sowie für UAV bis 25kg, die außerhalb der Sichtweite betrieben werden. Es gibt zwei Befreiungstatbestände: Entweder müssen diese UAV innerhalb von Flugbeschränkungsgebieten betrieben werden, oder der Betrieb darf nicht über den Flugplatzverkehr eines Landeplatzes hinausgehen. Bemerkenswert ist, dass eine Pilotenlizenz nach § 20 LuftVZO nicht vorgesehen ist (Luftfahrzeuge nach § 1 Abs. 2 Nr. 11 LuftVG sind dort nicht erwähnt).

Europäisches Recht im Blickwinkel

Zur Frage von europäischen Vorschriften im Umgang mit unbemannten Luftfahrzeugsystemen führt Prof. Giemulla in seiner Arbeit »Unbemannte Luftfahrzeugsysteme – Probleme ihrer Einfügung in das zivile und militärische Luftrecht« aus: »der europäische Gesetzgeber hat sich bereits, wenn auch wiederum nur in sehr allgemeiner Form, mit unbemannten Luftfahrzeugen befasst. Diese europäischen Vorschriften stehen – wie noch unten dargestellt – einer sachgerechten Problembewältigung zwar nicht gerade im Wege; sie geben allerdings hierfür ernsthafte Probleme auf. Im Jahre 2003 wurde bekanntlich die EASA, die European Aviation Safety Agency, auf der Basis der so genannte EASA-Grundverordnung[3], gegründet. von der Erarbeitung (nicht Erlass) von Vorschriften hat die EASA auch eine Reihe von Aufgaben im administrativen Bereich, unter anderem die Musterzulassung, ein Thema, das auch im vorliegenden Zusammenhang eine Rolle spielt.
Die EASA-Grundverordnung und die in der Folge erlassenen weiteren Verordnungen[4] sind bekanntlich unmittelbar geltendes Recht in den Mitgliedsstaaten der EU (Art. 249 EGV), das heißt, sie und ihre Anhänge (»Parts«) bedürfen keiner Umsetzung in nationales Recht, sondern gelten ohne weiteres und unmittelbar in den Mitgliedstaaten. war und ist bei den verbleibenden Joint Aviation Requirements (JAR) anders, die – als bloße von den JAA formulierte »Requirements« – jedenfalls zum Teil, das heißt soweit sie nicht Anhang der EG-Harmonisierungsverordnung[ 5] waren oder sind (wie beispielsweise die EU-OPS seit dem 16. Januar 2007 beziehungsweise ab dem 16. Juli 2008), in nationales Recht umgesetzt werden mussten und deswegen ja auch eine Art Nationalitätskennzeichen, zum Beispiel den Zusatz »deutsch« tragen (heute gilt das nur noch für die »FCL deutsch«). Das zeigt, dass es sich hierbei formal um nationale Vorschriften handelt, wenngleich ihre Inhalte natürlich europaübergreifend abgestimmt sind. Die europäischen Vorschriften, das heißt die Rechtsakte eines supranationalen Gesetzgebers, treten dagegen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten in Konkurrenz zum nationalen Recht, und zwar in der Weise, dass die europäischen Verordnungen das nationale Recht verdrängen oder von vornherein für nationales Recht zum selben Gegenstand keinen Raum mehr lassen. Das zwingt, und zwar nicht nur für den zivilen, sondern in seiner Folge auch für den militärischen Bereich, zur Erörterung der Frage, wie weit der europäische Gesetzgeber hier seinen Geltungsanspruch ausdehnt und was – spiegelbildlich – noch für das nationale Recht übrig bleibt. oben skizzierte europäische Zulassungsrecht gilt nach Art. 1 Abs. 1 der EASA-Grundverordnung für die Konstruktion, die Herstellung, die Instandhaltung und den Betrieb von luftfahrttechnischen Erzeugnissen, Teilen und Ausrüstungen sowie für Personen und Organisationen, die mit der Konstruktion, Herstellung und Instandhaltung dieser Erzeugnisse, Teile und Ausrüstungen befasst sind;
von Luftfahrzeugen befasst sind;
die Gestaltung, die Instandhaltung und den Betrieb von Flugplätzen sowie für damit befasste Personen und Organisationen und, unbeschadet des Gemeinschaftsrechts und der einzelstaatlichen Gesetzgebung über Umwelt und Flächennutzungsplanung, die Sicherung der Umgebung von Flugplätzen;
die Konstruktion, die Herstellung und die Instandhaltung von Flugplatzausrüstungen sowie für damit befasste Personen und Organisationen;
die Konstruktion, die Herstellung und die Instandhaltung von Systemen und Komponenten für Flugverkehrsmanagement und Flugsicherungsdienste (ATM/ANS – Air Traffic Management/Air Navigation Services) sowie für damit befasste Personen und Organisationen;
ATM/ANS sowie für damit befasste Personen und Organisationen.
Damit gilt die Grundverordnung im Wesentlichen nur für die Zertifizierung (von Gerät und ihre Verwendung) und die Lizenzierung (von Personen und ihre Tätigkeiten), nicht dagegen für andere Fragen wie beispielsweise die Ordnung des Luftraums und die Luftverkehrsregeln oder auch Fragen der Abwehr von Gewaltakten. Nach Art. 4 Abs. 1 gilt das allerdings nicht für unbemannte Luftfahrzeuge mit einer Betriebsmasse von weniger als 150kg (vgl. Anhang II, Buchst. g)[6]. Ferner gilt das gesamte europäische Zulassungsrecht nach Art. 1 Abs. 2 nicht bei Militär, Zollbehörden, Polizei, Such- und Rettungsdienste, Feuerwehr und Küstenwache oder im Rahmen der Tätigkeiten ähnlicher Stellen. Insofern besteht die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, »bei diesen dienstlichen Verwendungen so weit als durchführbar den Zielen dieser Verordnung gebührend Rechnung getragen wird.« Kein eigenständiges militärisches Recht in Deutschland Gegenstand der nachfolgend erörterten, nicht-zivilen Verwendung ist weniger die zoll- und polizeidienstliche als die militärische Verwendung von UAV. In Deutschland gibt es, so Prof. Giemulla, bekanntlich kein eigenständiges militärisches Luftrecht. Prof. Giemulla weiter: »Vielmehr wird es vom zivilen Luftrecht abgeleitet und setzt demgemäß die Existenz zivilen Luftrechts voraus. § 30 Abs. 1 LuftVG[7], der dies bestimmt, erlaubt allerdings traditionell nur Abweichungen vom nationalen Recht, das heißt konkret: von Vorschriften des LuftVG und den zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsverordnungen[8]; § 30 Abs. 1 LuftVG ermächtigt dagegen nicht zu Abweichung von supranationalem, das heißt europäischem Recht. Dies hat zur Folge, dass alle »Dienstvorschriften« der Bundeswehr (ZDv), die sich mit einem Gegenstand befassen, der im zivilen Bereich vom europäischen Recht abgedeckt wird, ohne Rechtsgrundlage, ohne Erlaubnis eines Gesetzgebers ergangen sind, beziehungsweise ergehen würden. Dieser – der zunehmenden Europäisierung des Rechts geschuldete – Missstand kann nur dadurch behoben werden, dass § 30 Abs. 1 LuftVG an den veränderten rechtlichen Hintergrund angepasst wird, und zwar in der Weise, dass die Bundeswehr sowie die anderen dort genannten Stellen auch von den Vorschriften des europäischen Luftrechts abweichen dürfen. Solange dies nicht geschehen ist, fallen die entsprechenden ZDv in ein rechtliches Vakuum, sind also nicht gültig. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Geltungsbereich der EASA-Grundverordnung sich ausdrücklich nicht auf den militärischen Luftverkehr erstreckt. Hieraus ableiten zu wollen, dass das Militär damit frei von allen zivilen Bindungen eigenständige ZDv erlassen oder auf andere Weise von den zivilen Vorschriften abweichen könnte, geht allerdings fehl. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass der nationale Gesetzund Verordnungsgeber in Deutschland keine eigenständigen militärischen Zulassungsvorschriften erlassen kann. Hier darf er nur von den zivilen Vorschriften abweichen, wenn auch nur von nationalen, das heißt (zurzeit jedenfalls) nicht von den europäischen Vorschriften. Eine solche Betrachtungsweise belegt deshalb geradezu das Vakuum, in dem sich derartige ZDv befinden. Die Ergänzung des § 30 Abs. 1 LuftVG müsste deshalb zunächst dem EU-Recht auch für den militärischen nationalen Bereich Geltung verschaffen und gleichzeitig Abweichungen hiervon erlauben. Solange dies nicht geschehen ist, sind dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) grundsätzlich die Hände gebunden; seine dies betreffenden ZDv sind rechtlich irrelevant.
Es ist angesichts dessen, dass sich der hier erörterte Gegenstand noch in einer experimentellen Phase befindet, in der naturgemäß noch undefinierbare Risiken bestehen und Techniken und Verfahren erst noch erprobt werden müssen, dringend zu empfehlen, eine belastbare Rechtsgrundlage zu schaffen, konkret den § 30 Abs. 1 LuftVG entsprechend anzupassen. Insofern ist allerdings wiederum auf die bereits oben erwähnte Einschränkung hinzuweisen:

Das europäische Recht gilt nach der EASA-Grundverordnung nicht für unbemannte Luftfahrzeuge mit einer Betriebsmasse von weniger als 150kg; mit anderen Worten: dieser Bereich ist vollständig dem nationalen Recht überantwortet. Wenn also der zivile nationale Gesetzgeber für den Bereich bis 150kg Regelungen erlassen würde – deren Gegenstände noch zu erörtern sein werden – beziehungsweise wenn solche Regelungen bereits bestünden, dann dürfte die Bundeswehr nach § 30 Abs. 1 LuftVG auch hiervon abweichen, dann würden also – in diesem Bereich jedenfalls – die entsprechenden ZDv durchaus gelten. Der Bereich bis zu 150kg ist also der einzige, der in Deutschland zurzeit (das heißt ohne Änderung des § 30 Abs. 1 LuftVG) militärischer Regelung überhaupt zugänglich ist oder zugänglich gemacht werden kann.«

[1] Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Juli 2008 (BGBl. I S. 1229), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung zur Änderung der Luftverkehrs-Ordnung und anderer Vorschriften des Luftverkehrs vom 18. Januar 2010 (BGBl. I S. 11).
[2] Luftverkehrs-Ordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I 580), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung zur Änderung der Luftverkehrs-Ordnung und anderer Vorschriften des Luftverkehrs vom 18. Januar 2010 (BGBl. I S. 11).
[3] Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit (ABl. EU Nr. L 240 vom 7. September 2002 S. 1), mittlerweile ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit, zur Aufhebung der Richtlinie 91/670/EWG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 und der Richtlinie 2004/36/EG.
[4] Verordnung (EG) Nr. 1702/2003 der Kommission vom 24. September 2003 zur Festlegung der Durchführungsbestimmungen für die Erteilung von Lufttüchtigkeitsund Umweltzeugnissen für Luftfahrzeuge und zugehörige Erzeugnisse, Teile und Ausrüstungen sowie für die Zulassung von Entwicklungs- und Herstellungsbetrieben (ABl. EU Nr. L 243 vom 27. September 2003 S. 6) sowie die Verordnung (EG) Nr. 2042/2003 der Kommission vom 20. November 2003 über die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit von Luftfahrzeugen und luftfahrttechnischen Erzeugnissen, Teilen und Ausrüstungen und die Erteilung von Genehmigungen für Organisationen und Personen, die diese Tätigkeiten ausführen (ABl. EU Nr. L 315 vom 28. November 2003 S. 1), schließlich auch die Verordnung (EG) Nr. 1899/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates zur Harmonisierung der technischen Vorschriften und der Verwaltungsverfahren in der Zivilluftfahrt (ABl. EU Nr. L 377 vom 27. Dezember 2006 S. 1).
[5] Vgl. Fußnote 6.
[6] Kaiser, a. a. O., S. 13, hält es zu Recht für fragwürdig, ob das Gewicht und damit das Aufschlagpotenzial allein ein sachgerechtes Unterscheidungsmerkmal für die nationale bzw. europäische Regelungsverantwortung sein kann.
[7] Luftverkehrsgesetz vom 1. August 1922 (RGBl. I S. 681), in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I S. 550), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Mai 2006 (BGBl. I S. 1223).
[8] Nach § 30 Abs. 1 LuftVG dürfen die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Polizei sowie die aufgrund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen von den Vorschriften des Ersten Abschnitts dieses Gesetzes – ausgenommen die §§ 12, 13 und 15 bis 19 – und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abweichen, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist.

Source:
Newsletter Verteidigung Ausgabe 8 / KW 9 Dienstag, 2. März 2010