Während man in Deutschland anfängt, herbstlich zu zittern, traf sich im malerischen und sonnigen Funchal vom 29. bis 30. Oktober zum dritten Mal die so genannte "Future Group"
der Innenminister der vergangenen, aktuellen und zukünftigen
Präsidentschaft der Europäischen Union. Mit an Bord war wohl auch
wieder der Tross von Experten europäischer und nationaler
Sicherheitsbehörden wie dem EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung Gilles de Kerchove und der Vizepräsident der Europäischen Kommission Frattini.
Deren
Aufgabe ist die Abstimmung, Festlegung und zukünftige Ausrichtung der
Leitlinien der Innenpolitik der Europäischen Union im Hintergrund.
Dabei bedeutet für die Future Group wie für die kleinen G-Konferenzen
Innenpolitik primär, handfeste Politik zur Absicherung des Innenraumes
der EU nach außen und die Verfolgung eines gemeinsamen
Sicherheitsprogramms nach innen zu betreiben, statt in Interviews und Reden mit bekannten Versatzstücken zu jonglieren.
Drei Themen standen auf dem Programm: Am ersten Tag Migrationspolitik, zu der heute nur die Bundestagsfraktion der Linken die kritische Pressemitteilung Menschenrechtsschutz an den EU-Grenzen sichern
veröffentlichte, um auf die drastischen Abschottungsmaßnahmen
hinzuweisen, die mit der "Migrationspolitik" der EU verbunden sind. Am
zweiten Tag lauteten die Tagesordnungspunkte "Terrorismusbekämpfung und
-prävention" sowie "Informationsnetzwerke". Eine Pressekonferenz gab es
laut Programm nur am ersten Tag, Presseberichte zum 3. Treffen der
Future Group (bis jetzt) keine.
Die einzige "längere" Mitteilung
gab es von Seiten des Innenministeriums Portugals, das derzeit die
EU-Präsidentschaft innehat (in Portugisisch – Portugal ist m. M. nach
die schlechteste Präsidentschaft, was Kommunikation und Information
angeht):
Der
Innenminister Portugals zog die Bilanz der europäischen Kooperation zur
Terrorismusbekämpfung. "Positive Schritte hin zur Bekämpfung von
vorbereitenden Akten zur Durchführung von Terroranschlägen" und "gegen
die Finanzierung terroristischer Aktivitäten" wurden bereits
unternommen, aber "es gibt immer noch einige Maßnahmen zu ergreifen"
teilte Rui Pereira der Öffentlichkeit mit.
Der Minister ist überzeugt, dass sie notwendige Maßnahmen zur
Bekämpfung terroristischer Konspiration sind, da immer mehr potentielle
Terroristen nicht mehr "beständigen Organisationen" angehören. Auch die
"Bestrafung der Rechtfertigung [von Terrorismus]" sollte bestraft
werden, aber nicht "um die freie Meinungsäußerung einzuschränken,
sondern der Rekrutierung terroristischer Mitglieder vorzubeugen"
erklärte er.
Das Internet als "Raum der Freiheit" zu bewahren, aber sicherzustellen,
dass es ebenso ein "Raum der Verantwortlichkeit" ist, sei eine der
anstehenden Herausforderungen" sagte er.
Sehr gehaltvoll und eindeutig sind die Worte des Innenministers
Portugals auch nicht, ist man aber in Deutschland von unserem
Innenminister gewöhnt. Aber sie zeigen auf, dass die Gemeinschaft der
europäischen Präventionsstaaten noch einiges vorhat, um "potentielle
Terroristen" in ihren Bevölkerungen präventiv aufzuspüren und sie
deuten an, dass die Pläne für eine noch strengeren Kontrolle und
Reglementierung des Internets, für die Aufhebung und Bekämpfung der
anonymisierten Nutzung des Internets und Frattinis Zensur-Wünsche zur
Einschränkung der Rezipientenfreiheit weiter verfolgt werden.
Worüber man in Funchal zu "Informationsnetzwerken" debattiert hat, bleibt ebenso im Dunkeln.
Damit kann der entstehende europäische Verbund von Zentren und
Plattformen zur Internetüberwachunsg gemeint sein, für den auf
deutscher Seite das Bundesinnenministerium mit dem Gemeinsamen Informationszentrum (GIZ) nach GTAZ und IMAS ein weiteres Mitglied stellt.
Oder sind damit die Datenbank- und Informationsverbünde
aller europäischen Polizei- und Geheimdienstbehörden gemeint, die es
weiter und immer weiter auszubauen und miteinander zu verknüpfen gilt?
Nein, wahrscheinlich eher der Ausbau des Eurojust-Strafverfolgungsnetzwerkes.
Oder es ist einfach das gesamte "Netzwerk" aller Zentren, Datenbanken,
Plattformen und Institutionen, mit denen nationale und europäische
Trennungen zwischen Polizei-, Justiz-, Militär- und
Geheimdienstbehörden schlicht und einfach ausradiert werden.
Siehe auch:
Die Presse – EU will Aufruf zu Terror im Internet bestrafen