„Großer Lauschangriff“, aber keine Online-Durchsuchung

[kurier] Terror-Prozess: Eine rechtlich bedenkliche Online-Durchsuchung habe es
beim Terror-Verdächtigen Mohamed M. nicht gegeben, so ein Polizist. Akten im Fall MohamedDaten
im Umfang von 98 Gigabyte hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz und
Terrorismusbekämpfung (BVT) am Computer von Mohamed M. im Rahmen eines
genehmigten "Großen Lauschangriffs" aufgezeichnet. Ein Beamter
versicherte im Zeugenstand, die Internet-Überwachung hätte "völlig
einer herkömmlichen Telekommunikationsüberwachung entsprochen". Eine
rechtliche bedenkliche Online-Durchsuchung hab es nicht gegebenen,
pflichtete ein weiterer Polizist bei.Den Angaben des BVT-Beamten zufolge habe man zur Überprüfung des unter
Terror-Verdacht geratenen Mannes seinen Provider kontaktiert. Die dort
gespeicherten Daten wurden kopiert, ehe sie ins Netz gestellt wurden,
ans Überwachungsgerät weitergeleitet und abgespeichert. Danach machten
sich Experten an die Auswertung.

Dabei wurde festgestellt, dass Mohamed M. 35 Prozent des Datenverkehrs
unter Zwischenschaltung eines Proxy-Servers in Malaysia laufen und
somit anonymisieren hatte lassen. Da die Entschlüsselung dieser Daten
nicht möglich war, zog das BVT die "Sondereinheit Observation" heran,
die nun – wie in der Verhandlung betont wurde – ebenfalls vom "Großen
Lauschangriff" gedeckte Maßnahmen setzte. Im Zimmer von Mohamed M., der
zum Tatzeitpunkt noch bei seinen Eltern wohnte, wurden Wanzen
installiert, womit eine durchaus Sinn machende Audioüberwachung seiner
Online-Aktivitäten – Stichwort Internet-Telefonie – möglich war.
Zusätzlich wurden im Hauseingangsbereich und auf der vor seinem Zimmer
gelegenen Straße zwei Kameras installiert.

Bildschirminhalt wurde kontrolliert

"Die Videoüberwachung innen war angeordnet, aber nicht möglich",
stellte dazu ein Vertreter der "Sondereinheit Observation" fest. Also
habe man sich entschlossen, sich sogenannte Screenshots zu besorgen, um
feststellen zu können, wozu der 22-Jährige seinen PC nutzte. In diesem
Stadium der Ermittlungen wurde – naturgemäß ohne sein Wissen – ein
Software-Programm auf dem Computer von Mohamed M. installiert, "um den
Bildschirminhalt und die Tastatur auswerten zu können", wie der Beamte
von der Sonderkommission darlegte. Alle 60 Sekunden lichtete die
Software den Bildschirm ab und lieferte der Polizei Hinweise auf das
aktuelle Geschehen. Was dazwischen passierte, habe sich aus den
Tastaturanschlägen ermitteln lassen, erklärte der Beamte.

"Das ist keine Online-Durchsuchung, sondern eine Online-Überwachung",
wies der Zeuge Aussagen von Verteidiger Lennart Binder zurück. Man habe
keinen Trojaner installiert, wäre nicht heimlich in den Computer
eingedrungen und hätte die Festplatte "ausspioniert".

Source: http://www.kurier.at/nachrichten/136619.php