Für eine übergreifende Mobilisierung zum Schutz der Verfassungsprinzipien. Ein Aufruf

Wenn ein Gehweg die Grenze des Rechsstaates markiert.

Wie
in vielen anderen Teilen Italiens wurden die letzten sozialen
Protestdemonstrationen nach dem Muster der neuen und restriktiveren,
Vorgaben, die der Innenminister erlassen hat, gehandhabt worden.

Die Generaleinsatzleiter haben den Demonstranten streng
geregelte Zeit- und Routenvorgaben vorgegeben, bis hin zur Bestimmung
des Gehwegs, auf dem es gestattet ist, sich aufzuhalten, wodurch sie
eine Annäherung an das örtliche Verwaltungsamt (Präfektur) und das
Anbringen von Transparenten an den Außenpforten des Gebäudes, was seit
Jahren nach dem Abschluss von Demonstrationen üblich war verhindert
haben .

Auf ein derart explizites, sogar schriftlich formalisiertes und den
Antragstellern auf Genehmigung der Demonstration amtlich übermittelten
Verbot, folgten unterschiedliche Reaktionen. Während Einige unter
Übernahme der vollen Verantwortung protestierten, kamen Andere einem
Verbot nach, dessen Rechtmäßigkeit in Zweifel gestellt werde darf. In
anderen Städten, etwa in Agrigento, verweigerte man einigen Vereinen,
die sich zum Schutz von Migranten engagieren sogar das Vorsprechen im
Verwaltungsamt um die in Folge der Entscheidungen des Innenministers
Maroni extrem bedenkliche Lage auf Lampedusa zu erörtern.

Was, wie und sogar schlimmer als auf Sizilien, aufgrund der vom
Innenminister Maroni angeordneten Verbote in zahlreichen italienischen
Städten geschieht, ist auf dem Weg, eine offensichtliche Beschränkung
einer räumlich und zeitlich immer stärker eingeschränkten
Demonstrationsfreiheit zu erzeugen. Die von dieser Regierung ersonnene
neue Praxis in der Handhabe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
stellt gefestigte Freiheiten in Frage, die auf der Grundlage einer
Verfassungskonformen Lesart des geltenden Rechts seit Jahren anerkannt
waren. Das gleiche Recht wird jetzt, wie es scheint, nicht mehr auf der
Grundlage der Verfassungsprinzipien ausgelegt, sondern auf der
Grundlage des Testo Unico delle Leggi di Pubblica Sicurezza (TULPS)*,
ein Gesetzestext offensichtlicher Prägung und Herkunft, das aus den
Zeiten des Faschismus stammt.

Dieser repressive Druck** betrifft nicht nur die Demonstrationsfreiheit der Italiener.

In Massa und Turin wurden asylbegehrende Migranten, die wegen den
Verzögerungen bei der Ausstellung der ihnen von der zuständigen
Kommission erteilten Aufenthaltsgeehmigungen durch das Polizeipräsidum
protestieren wollten, wurden wegen eines absolut friedlichen, aber
nicht genehmigten sit-ins von den Ordnungskräften angegriffen und mit
Schlagstöcken geschlagen.

Im Angesicht dieser neuen, vom Minister des Inneren festgelegten
Polizeipraktiken, die jedoch mit breitem Ermessensspielraum von den
örtlichen Behörden umgesetzt werden, fordern wir sämtliche
demokratische Komponenten der italienischen Gesellschaft zur breitesten
möglichen Einheitsmobilisierung auf, auch durch Parteinahme für jene,
die von Sanktionsmaßnahmen betroffen sind. Wir behalten uns in jedem
Fall vor, bei den zuständigen Stellen all jene restriktiven Maßnahmen
anzufechten, aus denen sich die Verletzung der durch die Artikel 16 und
17 der Italienischen Verfassung anerkannte Demonstrationsfreiheit
hervorgehen sollte, anzufechten.

9. Februar 2009,

Fulvio Vassallo Paleologo, Professor für Privatrecht und
Menschenrechte an der Universität Palermo und Mitglied der Gesellschaft
für juristische Studien zur Immigration (Asgi).

* Polizeigesetz

** Eine gleichwertige Möglichkeit, den Originalbegriff "Stretta" zu übersetzen wäre: "Würgegriff"

Source: http://www.inviatospeciale.com/2009/02/paleologo-per-la-difesa-del-diritto-a-manifestare/