Das geplante Datenaustauschsystem für den
Schengen-Raum, SIS II, steht vor dem Aus. Aufgrund zahlreicher Probleme
ist eine Umsetzung bis September 2009 nicht realistisch. Bis spätestens
Mai soll eine Neubewertung von SIS II erfolgen. Mögliche Alternative
wäre ansonsten die Aufrüstung von SIS I.
[futurezone.orf.at] Die millionenschweren Pläne für ein neues Fahndungsnetz der
europäischen Schengen-Staaten stehen vor dem Aus. Die Innenminister der
27 EU-Staaten beschlossen am Donnerstag in Brüssel bereits ein Szenario
für Alternativen zu dem Computersystem.
Ihr Beschluss enthält eine Liste von Kriterien, auf deren Grundlage
der Ministerrat noch vor der Sommerpause über einen Ausstieg aus dem
Schengen-Informationssystem II (SIS II) entscheiden soll.
Gnadenfrist
Die EU-Innenminister geben der Umsetzung des seit Jahren geplanten
SIS II noch eine Gnadenfrist. Angesichts einer "Anzahl von Problemen"
sei der September 2009 "nicht mehr realistisch", heißt es in den
Schlussfolgerungen des Rates, auch wenn die Kommission der Ansicht sei,
dass die bestehenden Schwierigkeiten ohne größere Änderungen des
SIS-II-Systems noch gelöst werden können.
Die EU-Innenminister verlangen so rasch wie möglich, aber spätestens
im Mai dieses Jahres, einen Bericht mit einer neuerlichen Bewertung und
einem Vergleich der beiden möglichen Szenarien. Das heißt, dass bei
einem Nicht-Weiterführen von SIS II Alternativen vorgelegt werden.
Kosten zwischen 80 und 100 Millionen Euro
Bis zum Innenministerrat am 4. und 5. Juni müsse demnach der
Zeitplan für die Umsetzung von SIS II und für die Integration von
Irland, Großbritannien, Zypern, Bulgarien, Rumänien und Liechtenstein
in das Schengen-Informationssystem erstellt werden.
Die EU-Kommission hat bereits – nach Angaben von Diplomatenkreisen
und Rat – 80 bis 100 Millionen Euro in den Aufbau von SIS II gesteckt.
Das System stößt aber weiter auf große technische Schwierigkeiten.
Alternative: SIS I aufrüsten
Die Innenminister denken deshalb darüber nach, das bestehende System
SIS I aufzurüsten. Einem Ausbau von SIS I steht auch Österreich positiv
gegenüber. Mit dem Ausbau könnten alle vorgesehenen Funktionen von SIS
II erreicht werden, auch der Austausch biometrischer Daten wie
Fingerabdrücke und digital gespeicherte Passbilder.
Zur Schengen-Zone gehören derzeit 25 europäische Länder, die alle
systematischen Kontrollen an ihren Binnengrenzen abgeschafft haben. Aus
der EU sind nur Großbritannien, Irland, Bulgarien, Rumänien und Zypern
nicht dabei. Sie strebten aber den Anschluss an das Fahndungsnetz SIS
II an und wollen bis auf Großbritannien und Irland früher oder später
auch der Schengen-Zone beitreten.