BKA muss Stellungnahme an NATO revidieren

[heise.de] Die Klage eines Journalisten, der mit Hilfe der Gewerkschaft Verdi Verstöße gegen das Datenschutzrecht geltend machte, war erfolgreich. Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden verpflichtete das Bundeskriminalamt am Dienstag per einstweiliger Anordnung, eine negative Stellungnahme zur Presseakkreditierung des Fotojournalisten Kamil Majchrzak für den NATO-Gipfel am 3. und 4. April zurückzunehmen.
   

Dieser Aufforderung kam das BKA gestern nach und informierte die
Brüsseler Akkreditierungsstelle, dass die Behörde "gezwungen" sei, ihre
Empfehlung zu widerrufen. Gleichzeitig kündigte das Amt aber Beschwerde
gegen die Gerichtsentscheidung an.

Ende letzter Woche hatte diese Stelle dem Fotojournalisten Kamil Majchrzak eine Akkreditierung ohne nähere Begründung verweigert. Majchrzak, der ähnliches bereits vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm erlebt hatte,
vermutete eine möglicherweise gegen Datenschutzrecht verstoßende
Intervention deutscher Dienste dahinter und klagte gegen die
Verweigerung. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden stellte in seiner
Entscheidung über diese Klage fest, dass eine Übermittlung einer
Bewertung des Bundeskriminalamts an das NATO-Hauptquartier ohne
"normklare" Rechtsgrundlage erfolgte und stufte sie deshalb als
offensichtlich unzulässig ein.

Bei dem Vorgang, so das Gericht, habe es sich um die Übermittlung
personenbezogener Daten und damit um einen Eingriff in das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung gehandelt. Dem stand nach Auffassung
der drei Richter auch nicht entgegen, dass der Antragsteller im
Akkreditierungsantrag einer Speicherung und Verwendung seiner Daten
allgemein zugestimmt hatte. Stattdessen hätte es hierfür "einer
ausdrücklichen Aufklärung und Ermächtigung bedurft." Auch der § 14
Absatz 6 des BKA-Gesetzes,
auf den sich das Amt berufen wollte, eröffnet zwar die Möglichkeit "an
Truppenbehörden von Parteien des Nordatlantikvertrages in Deutschland
Daten zu übermitteln", allerdings nicht an das NATO-Hauptquartier, das
Art. 3 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS) zufolge
keine solche Truppenbehörde ist.

Das BKA hatte sich in seiner Negativempfehlung auf
einen auf automatischen Datenabgleich mit dem polizeilichen
Informationssystem INPOL-neu
gestützt. Dort sind nicht nur Verurteilungen enthalten, sondern auch
Haftdaten, Strafanzeigen, erkennungsdienstliche Behandlungen, so
genannte "Leibesbeschreibungen" und andere Daten. INPOL soll vor allem
dafür sorgen, dass Daten verschiedener Stellen über ein und die selbe
Person abgeglichen werden können. Auskunft über mögliche
Sicherheitsgefährdungen bietet das System dagegen nur sehr bedingt –
dazu wäre ein Einblick in Ermittlungsakten und in die eventueller
Verurteilungen notwendig. Genau das aber unterließ das BKA.

Wie in früheren Fällen auch, so das Gericht unter Hinweis auf einen
älteren Beschluss, habe es die Behörde versäumt, "alle vorliegenden
Erkenntnisse in die Prognoseentscheidung mit einzubeziehen." Es müsse
jedoch "sichergestellt [sein], dass […] Daten vollständig sind und
damit keine Beeinträchtigung der Rechte des Betroffenen zu erwarten
ist."

Dem siegreichen Kläger zufolge war das BKA vor zwei
Jahren ähnlich nachlässig vorgegangen. Damals musste es nach einer
Konsultation der Akten (in denen Majchrzaks eigenen Angaben nach zwar
eine Aufnahme seiner Daten bei einer legalen Demonstration, aber kein
nachgewiesenes Fehlverhalten enthalten war) eine Negativempfehlung an
das Bundespresseamt zurücknehmen. Aus diesem Grund hält es der
Journalist, der in der Vergangenheit sehr kritisch über das
Verteidigungsbündnis schrieb, sogar für möglich, dass das erneute
Versäumnis nicht aus Schlamperei, sondern aus "politischen Erwägungen"
heraus geschah.

Quelle: heise.de