[heise.de] Die Bundesnetzagentur darf die Mobilfunkanbieter Mobilcom, Debitel
(inklusive Talkline), Klarmobil und Callmobile einstweilig nicht zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung
von Telefon- und Internetdaten zwingen. Das geht aus einem Beschluss
(Az. VG 27 A 331.08) des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Januar
hervor, den der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung nun veröffentlicht
(PDF-Datei) hat. Die Freenet-Tochtergesellschaften (Klarmobil ist ein
von Freenet gegründeter Mobilfunk-Discounter, Callmobile kam mit der
Übernahme von Debitel zu Freenet) hatten Mitte Dezember 2008 geklagt,
unter anderem mit der Begründung, die Pflicht zur Umsetzung des Paragraphen 113a
Telekommunikationsgetz sei verfassungswidrig. Das Verwaltungsgericht
entschied im Sinne der Kläger, dass die Bundesnetzagentur bis zu einer
Entscheidung der Kammer im Hauptsacheverfahren keine Maßnahmen dagegen
einleiten darf, dass die Freenet-Töchter die Verbindungsdaten nicht
vorhalten.
Das Verwaltungsgericht bezieht sich auf seinen Beschluss im Verfahren
des Telekommunikationsanbieters BT Deutschland vom 17. Oktober 2008.
Dort wie im aktuellen Verfahren weist das Gericht darauf hin, dass es
weder um die Wirksamkeit der zugrundeliegenden EU-Richtlinie noch darum
geht, ob die Umsetzung im deutschen Recht verfassungswidrig ist.
Vielmehr liege der Nachteil der Kläger darin, dass sie die Kosten der
Vorratsdatenspeicherung selbst tragen müssen, bevor eine grundsätzliche
Entscheidung gefällt werde. Es sei zu befürchten, dass ihnen diese
Kosten nicht angemessen ersetzt werden.
Dabei verweisen die Berliner Richter auf den Entwurf eines
TK-Entschädigungsgesetzes, in dem kein Ersatz von Aufwendungen für die
zur Vorratsdatenspeicherung erforderlichen Maßnahmen vorgesehen sei.
Nur Aufwendungen nach konkreten Anfragen der Sicherheitsbehörden würden
darin bedacht. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte zuvor bereits dem
Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt, ob die Pflicht der
Datenvorhaltung auf eigene Kosten gegen das Grundgesetz verstößt.
Nach BT Deutschland hatte sich auch QSC vor dem Verwaltungsgericht in Berlin durchgesetzt.
Vor dem Verwaltungsgericht Köln hat laut einer Mitteilung des
Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung Hansenet/Alice gegen die
Bundesnetzagentur geklagt (Az. 21 L 234/09). Das Unternehmen weigert
sich, die IP-Adressen seiner Internetkunden länger als fünf Tage zu
speichern. Im März hatte das Verwaltungsgericht Wiesbaden den
Europäischen Gerichtshof aufgefordert, die EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten auf Vereinbarkeit mit den Grundrechten zu prüfen.
(anw/c’t)
Source: www.heise.de