Von René Lenzin, Lugano.
An der Landesgrenze sind regelmässig Armeedrohnen im Einsatz. Nun will auch die Polizei verstärkt zu diesem Überwachungsgerät greifen. Der Datenschützer warnt.
Gehört bei der Armee zum festen Bestand: Diese Drohne startet zum Grenzüberwachungsflug während der Fussball EM 2008.
[tagesanzeiger.ch] Im Morgengrauen des vergangenen Mittwochs schlug die Tessiner Kantonspolizei zu: Sie verhaftete in Mendrisio fünf Mitglieder einer sechsköpfigen Einbrecherbande, die regelmässig aus Italien über die Grenze kamen, um Firmen und Geschäfte auszurauben. «Eine entscheidende Rolle für den Erfolg dieser Operation spielte die Drohne, welche die Armee dem Grenzwachtkorps zur Verfügung stellt», hiess es in der Pressemitteilung der Polizei.
In der Südschweiz arbeiten Grenzwachtkorps (GWK) und Polizei seit längerem eng zusammen, um grenzüberschreitende illegale Aktivitäten zu bekämpfen. Und an der Südgrenze kommen auch regelmässig die unbemannten Überwachungsdrohnen der Armee zum Einsatz. Vor allem nachts leisten sie mit ihren Infrarotkameras wertvolle Dienste. Bereits im Frühjahr absolvierten Drohnentruppen der Armee ihren Dienst in der Südschweiz. Jetzt stehen sie dort erneut während zwei Wochen im Einsatz, wie das GWK mitteilte.
An der Euro 08 im Einsatz
Der Drohneneinsatz im Tessin ist insofern ein Ausnahmefall, als die Polizei sonst kaum auf dieses Hilfsmittel zurückgreift. Für zivile Zwecke gab es bisher erst einen Einsatz bei der Fussball-Europameisterschaft im vergangen Jahr. Doch nun sind bei den Polizeikorps Überlegungen im Gange, vermehrt Drohnen einzusetzen. Das Thema sei an der heutigen Vorstandssitzung der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten traktandiert, sagt Urs Geissbühler, Sekretär der Konferenz.
«Drohnen sind ein wertvolles technisches Hilfsmittel, das der Polizei helfen kann, personelle Ressourcen zu sparen», sagt der Zuger Polizeikommandant Karl Walker, der die Schweizerische Polizeitechnische Kommission präsidiert. Seines Wissens gebe es aber noch keine konkreten Bestrebungen, dass die Polizei selber solche Geräte anschaffe. Vielmehr werde man im Bedarfsfall auf die Armee zugehen, wie das in anderen Bereichen auch der Fall sei.
Spontane Hilfe aus der Luft
Denkbar sind laut Walker entweder planbare Einsätze, bei denen Verfügbarkeit und rechtliche Rahmenbedingungen vorab zu klären seien. Oder Spontanhilfe, etwa wenn sich eine Schulklasse in unwegsamem Gelände verlaufen habe und eine Drohneneinheit der Armee zur Verfügung stehe, um die Suche zu unterstützen.
Aus Datenschutzgründen seien solche Einsätze jedoch «hochsensibel», sagt Walker. Tatsächlich werden sich die Polizeikommandanten an ihrer heutigen Sitzung weniger mit konkreten Einsatzmöglichkeiten als mit Rechtsgrundlagen befassen. Ziel sei es, einheitliche Bestimmungen in allen Kantonen zu schaffen, sagt Geissbühler. Im Vordergrund werde dabei der Datenschutz stehen.
Zuständig für diese Gesetze werden die kantonalen Behörden sein. Doch auch der Bund musste sich schon mit der Frage befassen, als er den Einsatz der Armeedrohnen für die Grenzwächter regelte. Wichtig seien vor allem «Transparenz und Information», sagt Eliane Schmid, Sprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten Hanspeter Thür.
Ruf nach Gesetzesgrundlage
Thür hatte seinerzeit verlangt, dass die einsetzbaren Überwachungsgeräte abschliessend aufzuzählen seien, dass deren Einsatz zeitlich zu befristen sei und dass die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten informiert werde. Nicht durchgesetzt hatte sich der Datenschützer hingegen mit der Forderung, dass in dicht besiedelten Gebieten im Inland keine Drohnenüberwachung stattfinden dürfe.
Dieser Punkt bleibe aus Sicht des Datenschutzes zentral, sagt Schmid. Zumal bald einmal auch private Überwachungsdrohnen durch die Lüfte schwirren könnten. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt sei im Moment daran, dies genauer abzuklären. «Wir würden es begrüssen», sagt Schmid, «wenn für die Drohnen ein expliziter gesetzlicher Rahmen geschaffen würde.»