Karlsruhe. Anfang Dezember wurde eine Hamburger Polizeiwache massiv angegriffen. Inzwischen ermittelt auch die Bundesanwaltschaft in dem Fall. Die Behörde beschäftigt sich sonst vor allem mit Terrorismus.
[derwesten.de] Sie kamen überraschend aus der Dunkelheit, waren professionell organisiert und gingen mit großer Aggressivität vor: Der Überfall auf eine Hamburger Polizeiwache durch vermummte Linksextremisten am 3. Dezember hat deutsche Sicherheitsbehörden schockiert. Inzwischen ermittelt auch die Bundesanwaltschaft, was die Bedeutung des Falls deutlich macht. Denn die Karlsruher Behörde ist normalerweise vor allem für Terrorismus zuständig.
Hohe kriminelle Energie
Chefermittler Rainer Griesbaum berichtete am Freitag in Karlsruhe von einer hohen kriminellen Energie, mit der die mindestens zehn Täter vorgegangen seien. So bewarfen sie Beamte mit faustgroßen Pflastersteinen, schmissen 1,5 Liter große Brandsätze unter Polizeiautos und wollten eine brennende Mülltonne in das Gebäude rollen. Die Zufahrtsstraßen für Rettungskräfte wurden abgesperrt und 90 Krähenfüße ausgelegt: Die kleinen Metallteile sollten nach Erkenntnissen der Ermittler die Reifen von Feuerwehrfahrzeugen aufschlitzen. Der Brand konnte schließlich gelöscht werden, keiner der acht Beamten des Polizeikommissariates 16 wurde verletzt.
Griesbaum sagte, die Bundesanwaltschaft sehe in dem Anschlag eine Spitze der Eskalation linksextremer Gewalt. Die Tat habe "Fanalcharakter" für Nachahmer haben und eine "Gewaltspirale" in Gang setzen sollen. Hinter dem Geschehen stehe ersichtlich ein hoher Organisationsgrad der Täter.
Gefährdung der inneren Sicherheit
Die Bundesanwaltschaft ermittelt nicht wegen Bildung einer terroristischen oder kriminellen Vereinigung, weil es dafür nicht genügend Anhaltspunkte gibt. Der Vorwurf lautet auf besonders schwere Brandstiftung und versuchten Mord. "Man hat Menschen in Lebensgefahr gebracht", sagte Griesbaum. Für Brandstiftung und Mordversuch wäre eigentlich die Hamburger Staatsanwaltschaft zuständig. Doch die Karlsruher Behörde darf Fälle an sich ziehen, wenn die Tat "bestimmt und geeignet" ist, die innere Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen. Der Paragraf wurde bereits in den 90er Jahren bei rechtsextremistischen Gewalttaten genutzt.
Griesbaum sagte, man sei aktiv geworden, weil Polizeibeamte angegriffen worden seien und die Tat laut Bekennerschreiben nur der Anfang sein solle. "Man will hier den Funktionsträger Polizei verunsichern." Zudem gibt es nach Erkenntnissen der Ermittler terroristische Strukturen in der Tat.
Innenminister wollen auf Gewalt reagieren
Den Behörden bereitet auch Sorge, dass Gewalt gegen Sachen in Städten wie Berlin oder Hamburg zum Alltag geworden sind. Fast jeden Tag brennt in der Bundeshauptstadt ein Auto, die Polizei muss hilflos zusehen. Und das Risiko, ertappt zu werden, ist gleich null.
Die Politik will auf die zunehmende Gewaltbereitschaft reagieren. In Hamburger Regierungskreisen heißt es etwa, das Thema Gewalt gegen Polizeibeamte solle im neuen Jahr noch stärker thematisiert werden. Der Bund wurde demnach gebeten, eine Gesetzesvorlage auf den Weg zu bringen, die härtere Strafen bei Gewaltexzessen gegen Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Rettungskräfte vorsieht. Der Staat müsse ein klares Signal aussenden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière habe sich bereits positiv über das Vorhaben geäußert.