Die Bundeswehr bereitet sich auf den verstärkten Kriegseinsatz unbemannter Flugkörper ("Drohnen") vor. Damit werde eine "neue Ära" in der Geschichte der deutschen Luftwaffe eingeleitet, heißt es dazu beim Militär.
[german-foreign-policy.com] Zur Zeit werden deutsche Soldaten in Israel in der Handhabung der Drohne "Heron" unterrichtet; das "Unmanned Aerial Vehicle" (UAV) soll noch diesen Monat zur "Feindaufklärung" in Afghanistan eingesetzt werden. Im Laufe dieses Jahres sollen die deutschen Streitkräfte außerdem ein unter der Bezeichnung "Euro Hawk" firmierendes UAV aus US-amerikanischer Produktion erhalten; die "Riesendrohne" hat die Ausmaße eines herkömmlichen Kampfjets. UAVs zeichnen sich durch extrem lange Einsatzzeiten von bis zu 45 Stunden aus, können unabhängig von Witterungseinflüssen operieren und liefern Bewegungsbilder in Echtzeit. Alle ursprünglich für Spionageeinsätze entwickelten Drohnen wurden "aufwuchsfähig" konzipiert, das heißt, sie können prinzipiell mit Waffen ausgerüstet werden. Auch die Bundeswehr verfügt mittlerweile über Kampfdrohnen – in Form eines vom Düsseldorfer Rheinmetall-Konzerns vertriebenen "Wirkmittels" zur "abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen". Beim Einsatz von Kampfdrohnen, wie ihn die USA vor allem in Pakistan immer öfter praktizieren, kommt es regelmäßig zu zahlreichen Opfern unter der Zivilbevölkerung.
Aufspüren, observieren, verfolgen
Wie die Bundeswehr mitteilt, wird sie noch diesen Monat "Unmanned Aerial Vehicles" (UAV) vom Typ "Heron 1" in Afghanistan einsetzen. Die Drohne wurde von der deutschen Waffenschmiede Rheinmetall und dem israelischen Rüstungsunternehmen Israeli Aerospace Industries (IAI) entwickelt; IAI hat auch die Schulung der deutschen Soldaten in der Handhabung des UAV übernommen. "Heron 1" dient nach Angaben des deutschen Militärs ebenso dem "Observieren von Häusern" und der "Verfolgung von Fahrzeugen" wie dem Aufspüren von feindlichen Kämpfern und von diesen präparierten "Sprengfallen".[1] Das vom Boden aus gesteuerte unbemannte Fluggerät operiert annähernd lautlos in einer Höhe von 9.000 Metern und kann bis zu 24 Stunden in der Luft bleiben; es ist damit weit länger einsetzbar als jeder herkömmliche Kampfjet. Die Ausstattung mit verschiedenen optischen Sensoren ermöglicht zudem unabhängig von Tageszeit und Witterungsbedingungen die Übermittlung von Bewegungsbildern in Echtzeit – sowohl an die im Einsatzgebiet befindlichen Bodentruppen als auch an Gefechtsstände in Afghanistan und Deutschland. Für die deutsche Luftwaffe habe damit eine "neue Ära" begonnen, erklärt das für den Betrieb von "Heron 1" verantwortliche "Aufklärungsgeschwader Immelmann".[2]
Ein Meilenstein
Noch in diesem Jahr soll die Bundeswehr außerdem das von dem US-Rüstungskonzern Northrop Grumman und der europäischen Waffenschmiede EADS entwickelte UAV "Euro Hawk" erhalten. Die 430 Millionen Euro teure "Riesendrohne" hat mit einer Tragflächenspannweite von etwa 40 Metern fast die Ausmaße des Luftwaffen-Airbus A310 der Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums. Das UAV ist mit modernster Spionagetechnik ("SIGINT", "Signal Intelligence") ausgestattet und kann bis zu 35 Stunden lang in einer Höhe von 19.000 Metern operieren. Es fliegt damit nicht nur weitaus höher und länger als jede herkömmliche Verkehrsmaschine, sondern legt auch größere Distanzen zurück. Die US-Armee setzt die Drohne unter der Bezeichnung "Global Hawk" bereits im Irak und in Afghanistan ein. Der Bundeswehr gilt die Einführung des "Euro Hawk" als waffentechnologischer "Meilenstein".[3]
Punktgenau bekämpfen
Des weiteren verfügt das deutsche Militär seit 2007 über 60 UAVs vom Typ KZO ("Kleinfluggerät Zielortung") aus dem Hause Rheinmetall. Wie das Unternehmen mitteilt, wurde die Drohne zur "Entdeckung, Identifizierung und genauen Lokalisierung" potentieller Angriffsziele entwickelt; aufgrund ihrer "geringe(n) Abmessungen" und einer "speziellen Tarnung in allen Spektralbereichen" sei sie "nahezu unsichtbar".[4] Rheinmetall zufolge kann das "Aufklärungssystem" KZO mit einer Kampfdrohne der israelischen Partnerfirma IAI gekoppelt werden – zur "punktgenaue(n) Bekämpfung stationärer und beweglicher Ziele": "Die Kampfdrohne wird nach erfolgreicher Zielidentifikation durch das Aufklärungssystem eingesetzt, und gemeinsame Bodenstationen sorgen auf der Basis von Aufklärungsbildern/-videos für den kontrollierten Einsatz gegen gepanzerte und ungepanzerte Ziele."[5]
Nur ein Wirkmittel
Das unter der Bezeichnung WABEP ("Wirkmittel zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen") firmierende Verbundsystem von Aufklärungs- und Kampfdrohne ist bei der Bundeswehr offenbar bereits seit längerem im Einsatz. Dies geht aus einer Erklärung der Bundesregierung hervor, in der allerdings versucht wird, diesen Umstand zu verschleiern: "Das nicht mehrfach verwendbare Wirksystem zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen (WABEP) ist kein UAV, sondern ein Wirkmittel (Munition), das dem ‚Schützen‘ ermöglicht, bis kurz vor dem Einschlag das Ziel zu beobachten, nachzurichten und notfalls den Angriff abzubrechen."[6]
Luftangriff
Die zitierte Erklärung macht darüber hinaus deutlich, dass sich Berlin die Entwicklung und den Einsatz von Kampfdrohnen ausdrücklich vorbehält. So wurde die Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft (IABG), einer der wichtigsten privaten Dienstleister der Bundeswehr [7], für das kommende Jahr mit der Durchführung einer entsprechenden Studie betraut – Thema: "Wirksamkeit von unbemannten Luftangriffsflugzeugen".[8]
Weitere Informationen zu unbemanntem Kriegsgerät zu Lande und zu Luft finden Sie hier: Killerdrohnen und Kampfmaschinen.
[1] Vom Flugzeugführer zum Operator für unbemannte Luftfahrzeuge; www.luftwaffe.de 08.03.2010
[2] Ein neues Zeitalter beginnt; www.luftwaffe.de 03.03.2010
[3] Vorstellung des ersten Euro Hawk; www.luftwaffe.de 08.10.2009
[4] Aufklärungsdrohne KZO; www.rheinmetall-defence.net
[5] Wabep – Wirkmittel zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen; www.rheinmetall-defence.net
[6] Bundestags-Drucksache 16/12481, 26.03.2009
[7] zur IABG s. auch Tarnen und Täuschen
[8] Bundestags-Drucksache 16/12481, 26.03.2009
Source: http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57769