Nach dem Rückschlag im Bieterstreit für ein US-Tankflugzeug wirbt der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS massiv für seinen unbemannte „Talarion“-Aufklärer. Deutschland und andere EU-Länder sollen für 3,3 Milliarden Euro die Entwicklung der Drohnen finanzieren. Die Haushaltsnöte des Bundes könnten sich als Klippe für EADS erweisen.
von Rüdiger Scheidges
[handelsblatt.com] Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS wirbt nach dem Rückzug aus dem Bieterwettstreit für ein US-Tankflugzeug massiv für ein neues Geschäft. Wenn die europäischen Rüstungsdirektoren heute in Brüssel über milliardenschwere Beschaffungsaufträge beraten, soll es unter anderem um Drohnen gehen: unbemannte Flugkörper, die vor allem zur Aufklärung eingesetzt werden. EADS hofft, hier mit seiner „Talarion“ das Rennen zu machen.
Die Bundeswehr ist vor allem im Auslandseinsatz auf Drohnen angewiesen. Fast zeitgleich mit dem Treffen der Rüstungsdirektoren soll in Afghanistan die „Heron I“ zum Erstflug abheben. Die Bundeswehr hat drei dieser von Rheinmetall und Israel Aerospace Industries gebauten Flugkörper geleast, bis eine Kaufentscheidung getroffen ist.
Stefan Zoller, Chef des EADS-Rüstungszweigs, sieht in dem Drohnen-Programm eine Weichenstellung für die deutsche Rüstungsindustrie: „Ohne eine Entscheidung für ,Talarion’ ist es schwer vorstellbar, wie die militärische Luftfahrt am Standort Deutschland langfristig gesichert werden kann.“ Deshalb hat er ausgewählten Parlamentariern für nächste Woche seinen Besuch angekündigt, um die Drohne anzupreisen. In Zeiten akuter Haushaltsnöte kein leichtes Unterfangen, doch der Manager will Planungssicherheit: „Bis zum Sommer brauchen wir eine Grundsatzerklärung der Nationen zur Weiterführung des Programms. Das muss gekoppelt sein mit der Weiterführung der Finanzierung.“
Unaufgefordert hatte EADS im Mai 2009 ein Angebot gemacht: Für 3,3 Milliarden Euro will der Konzern für europäische Kunden 15 Systeme entwickeln und produzieren und somit gegen Israelis und Amerikaner antreten, die sich den Markt teilen. 2018 könnte die erste „Talarion“ ausgeliefert werden, verspricht Zoller. Bisher hat EADS 100 Millionen Euro für das Projekt bereitgestellt.
Was EADS im Angebot hat
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Nicht nur Airbus: Was der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS im Angebot hat.
Die Bundeswehr sucht im Rahmen des Überwachungs- und Lageaufklärungsprogramms Saateg leistungsfähigere Systeme. Es ist kein Geheimnis, dass die Militärs die „Heron“-Drohne nicht wollten, sondern das US-Konkurrenzprodukt „Predator“ bevorzugten. Experten sehen auch das EADS-Angebot skeptisch: „Es kommt nicht darauf an, was die Industrie kann, sondern was die Bundeswehr braucht“, sagte SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels dem Handelsblatt.
Die Haushaltsnöte des Bundes könnten sich tatsächlich als Klippe für EADS erweisen. Zwar hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bereits Mehrbedarf von 1,6 Milliarden Euro für 2011 angemeldet. Und für das Aufklärungsprogramm Saateg sind im Etat für das laufende Jahr 666 Millionen Euro reserviert. Sie fließen aber nur, wenn andere Vorhaben platzen. Und damit rechnet derzeit keiner.
Stattdessen könnte die Bundeswehr sich dafür entscheiden, den Leasing-Vertrag für „Heron“ zu verlängern und später die neue und leistungsfähigere „Heron TP“ zu kaufen.