Vor allen Dingen durch die Prozesse gegen angebliche Mitglieder und Unterstützer_innen der türkischen DHKP-C ist in Teilen der radikalen Linken der 2003 in Kraft getretende § 129b ins Blickfeld gerückt, der analog zum § 129a die Mitgliedschaft in einer im Ausland existierenden „terroristischen Vereinigung“ unter Strafe stellt und den Ermittlungsbehörden die entsprechenden Befugnisse erteilt.
[political-prisoners.net] In der Wahrnehmung der Öffenlichkeit gilt die Einführung des § 129b als unmittelbare Reaktion des Gesetzgebers auf den 11. September 2001 und eine behauptete Gefahr der ‚inneren Sicherheit‘ durch islamistische Gruppen. Tatsächlich geht das gesamte Paket von ‚Antiterrorismus-Gesetzen‘ nach den Ereignissen des 11. September inklusive des § 129b auf eine Initiative des Rates der Innen- und Justizminister der Europäischen Union von 1998 zurück und lässt sich als Teil der europäisch vereinheitlichten Sicherheitspolitik bis in die 1980er Jahre zurückverfolgen, also in eine Zeit als die Taliban noch Verbündete der NATO im Kampf gegen die Rote Armee in Afghanistan waren.
Die 1970er: Das Vorspiel
Erste Schritte einer zwischen den europäischen Regierungen abgesprochen Strategie gegen revolutionäre bewaffnete Organisationen und Befreiungsbewegungen fanden zunächst auf bilateraler Ebene statt. Die Aberkennung des politischen Status der Gefangenen der IRA und INLA in nordirischen und englischen Knästen war genauso wie die zeitgleiche Einführung des §129a die faktische Umsetzung einer z. B. britisch/deutschen Initiative, nach der es keine politischen Gefangenen in Westeuropa mehr geben dürfe, sondern nur noch inhaftierte Kriminelle und Terroristen. Die Umsetzung dieser faktischen Kriminalisierungs- und Entpolitisierungsstrategie war zeitweise Vergabebedingung von EG-Krediten. 1976 wurde die TREVI – Gruppe gegründet, in der ausserhalb jeglicher parlamentarischer Kontrolle zwischen Innen- und Justizministern v. A. Fragen der Bekämpfung revolutionärer Gruppen aber auch von Massenbewegungen diskutiert und geplant wurden.
Die europäische Anti-Terrorismus Konvention von 1977 war der erste Versuch der Staaten des Europa Rates gemeinsames Handeln zu formulieren. Die Zielrichtung der Konvention war die Abschaffung des Auslieferungsschutzes für ‚politisch motivierte Taten‘. Konkretes Ergebnis sollte sein, dass Staaten die Auslieferung von Menschen, die andere Staaten als Terrroristen bezeichneten, nicht mehr verweigern konnten.
Allerdings taugte die Konvention mehr als zehn Jahre lang tatsächlich nur als reine Absichtserklärung, weil die meisten Staaten sie nicht ratifizierten, Vorbehalte geltend machten und sich die Möglichkeit offenhielten, Straftaten doch als politisch motiviert zu bezeichnen, wenn eigene politische Interessen berührt waren. Erst Ende der 1980er Jahre, mit einer fortschreitenden europäischen Integrationspolitik und ersten Diskussionen über vereinfachte Auslieferungen innerhalb Europas, übten vor allen Dingen Spanien und die BRD massiven politischen Druck aus, den Wortlaut der Konvention tatsächlich umzusetzen. So begann z.B. Frankreich erst 1987, Bask_innen an Spanien auszuliefern.
Die 1980er: Umbruch und Neubestimmung
Auch ohne den § 129b gibt es in der BRD schon seit Jahrzehnten Kriminalisierungen und Verfolgung von ausländischen Organisationen. Doch erst die Planung einer vereinheitlichten Europäischen Gemeinschaft und die Zielsetzung der Schaffung des gemeinsamen Marktes der Europäischen Union schufen den entscheidenden Impuls für den qualitativen Sprung europaweiter Aufstandsbekämpfung und die Schaffung eines koordinierten Repressionsapparates.
1980 / 81 führte die Irisch Republikanische Armee auf dem Boden der BRD eine ganze Reihe von Aktionen gegen Angehörige und Einrichtungen der britischen Armee durch. Heute undenkbar wurden die Ermittlungen beinahe zu 100% durch die britische Militärpolizei, die englische und nordirische Polizei durchgeführt. Das Bundeskriminalamt oder irgendwelche LKAs spielten während der Ermittlungen nur nachgeordnete Rollen, einmal abgesehen vom Stellen einiger Verbindungsbeamte. Erst 1993, also mehr als 12 Jahre (!!) nach diesen Aktionen der IRA, leitete die Bundesanwaltschaft ein vollkommen absurdes Ermittlungsverfahren gegen eine Person ein, nur um es kurze Zeit später wieder einzustellen.
Ein völlig anderes Bild zeigt sich nur einige Jahre darauf, als 1987 in der BRD, den Niederlanden und Belgien eine bis 1996 andauernde Serie von Angriffen der IRA gegen die britische Armee stattfindet und im Sommer 1988 in der BRD zwei angebliche Mitglieder der IRA festgenommen werden. Im Laufe des Prozesses gegen Gerry Hanratty und Gerry McGeough, der 1990 in Düsseldorf begann, zeigte sich wie sehr sich europäische Verhältnisse verändert hatten. Schon vor den Festnahmen wurde beim BKA eine Ermittlungsgruppe gebildet, die auch aus niederländischen, belgischen, englischen und nordirischen Polizeien bestand und bei der alle Ermittlungsergebnisse aus ganz Europa zusammenliefen. Schweden wurde politisch bedrängt, Unterlagen aus dem Asylverfahren gegen Gerry McGeough an die beteiligten internationalen Behörden auszuhändigen, um sie hier im Prozess zum Teil des Anklagekonstrukts zu machen. Obwohl die IRA – Aktionen in Belgien und den Niederlanden in Düsseldorf nicht angeklagt waren, wurden sie ausführlicher Gegenstand des Prozesses. Als die Anklage schließlich in weiten Teilen zusammenbrach, wurden beide problemlos nach Nord Irland bzw. in die USA ausgeliefert. Diese europäische Struktur der Ermittlungskooperation, koordinierter Prozessführung und einem regen Karussell von reibungslosen Auslieferungen setzte sich fort, als weitere angebliche IRA Mitglieder in verschiedenen Ländern festgenommen wurden, um in der BRD angeklagt zu werden. Tatsächlich wurde schon hier das an Maßnahmen im Einzelnen vorweggenommen und umgesetzt, was seit 2001 zusehends in juristische und politische Formen gegossen und im europäischen Rahmen institutionalisiert wird, angefangen beim Datenaustausch, gemeinsamen Ermittlungen und eng vernetzten Polizeibehörden bis hin zu vereinfachten Auslieferungen.
Ungefähr zeitgleich Ende der 1980er Jahre finden weitere Verfahren gegen ausländische Gruppen statt. Neben dem wohl größten und heute noch bekannten 129a Verfahren gegen angebliche Mitglieder der PKK, gibt es 1988 ein §129 Verfahren (Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung) gegen Tamilische Flüchtlinge wegen der angeblichen Bildung einer ‚Militärabteilung der deutschen Sektion der Liberation Tigers of Elam‘ und ein Prozess gegen angebliche Angehörige der PFLP-GC.
In einem Verfahren gegen angebliche Angehörige der PKK und einem anderen gegen angebliche Hisbollah Mitglieder erklären sich deutsche Gerichte zuständig, obwohl die angeklagten Taten ausserhalb der BRD, nämlich jeweils im Libanon und ohne Beteiligung deutscher Staatsangehöriger, stattgefunden haben.
Die BAW und die Anpassung der Gesetze
Schon 1979 hatte der damalige Generalbundesanwalt Rebmann politisch Stimmung für eine Anwendbarkeit des §129a im internationalen Rahmen gemacht. 1980 schließlich greift die BAW in die Kiste der Geschmacklosigkeiten, um ihrem Ziel ein Schritt näher zu kommen.
Kurz nachdem die neonazistische ‚Wehrsportgruppe Hoffmann‘, die vermutlich für das Attentat auf das Münchener Oktoberfest verantwortlich war, sich in den Libanon abgesetzt hatte und dort weiter aktiv blieb, leitete die BAW nach Jahren der Untätigkeit gegen Hoffmann ein §129a Verfahren ein. Da der §129a nicht auf Vorgänge im Ausland anwendbar war, wurde das Verfahren durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes eingestellt und GBA Rebmann hatte höchstrichterlich eine ‚Gesetzeslücke‘ bestätigt bekommen.
1986 wurde der §129a in erster Linie durch die Ergänzung der Katalogstraftaten ausgeweitet, um ihn auch auf militante Bewegungen jenseits der Guerilla von RAF und RZ anwendbar zu machen. In der politischen Debatte um diese Änderung verfasste Rebmann weitere ‚Vorschläge zur Ergänzung‘ des § 129a. Diese Ergänzungen traten als § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) 1987 in Kraft.
Der § 120 GVG regelte in der Fassung von 1987 die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte und der BAW im vollkommen identischen Wortlaut mit dem heutigen §129b. Die BAW war also für Verfahren gegen ausländische Gruppen zuständig.
Obwohl die Mitgliedschaft nach §129a gar nicht angeklagt werden musste bzw. angeklagt werden konnte, erfüllte dieser Paragraf seinen Zweck, den Vorwurf der Mitgliedschaft und die Einführung des Kampfbegriffs Terrorismus in den Verfahren durchzusetzen. Auch wenn z.B. das §129a- Haftstatut mit Sonderhaftbedingungen durch §120 GVG nicht verhängt werden konnte, wurde über die behauptete Mitgliedschaft eine Gefährlichkeit der Gefangenen unterstellt, die wiederum Sonderhaftbedingungen begründeten. Im Strafmaß blieb der materielle Unterschied bestehen. Wegen einer behaupteten Mitgliedschaft im GVG konnte schließlich nicht verurteilt werden.
Die Umsetzung des §120 GVG bedeutete bis zur Einführung des § 129b den Versuch der Entpolitisierung und Kriminalisierung von internationalen Kämpfen in der Metropole BRD. Die BAW hatte sich ein Instrument geschaffen, mit der sie ihre weltweite Zuständigkeit begründete. Und diese richtete sich auch damals gewiss nicht, wir erinnern uns, gegen deutsche Neonazis im Libanon.
Zeitenwende 11. September oder autoritärer Kapitalismus
Direkt nach den Anschlägen vom 11. September 2001 rückte ‚der Westen‘ enger zusammen und mobilisierte zum Krieg; zum Krieg der ‚Zivilisation‘ gegen ‚das Böse‘. Zeitgleich mit der NATO-Mobilmachung und den Angriffsvorbereitungen gegen Afghanistan avancierte die Innere Sicherheit aller westeuropäischer Staaten zum Feld massiver Aufrüstung. Nach nur drei Monaten war das Anti-Terror-Paket I und die nachgebesserte Fassung II durch die Instanzen der Gesetzgebung gebracht. Seit dem 1. Januar 2002 ist das Terrorismusbekämpfungsgesetz in Kraft und in schönster Regelmäßigkeit werden seit dem immer neue Sicherheitsgesetze verabschiedet. Ohne die Bedeutung des 11. September zu ignorieren, liegt es auf der Hand, dass der Ausbau sicherheitsstaatlicher Strukturen und Möglichkeiten andere Ziele verfolgt. Schon allein die Erkenntnis, dass weite Teile der Anti-Terrorgesetze einer EU-Rats Initiative von 1998 entstammen, lässt erkennen, um was es geht. Die Ereignisse am 11. September boten die Gelegenheit längst geplantes, eiligst durchzusetzen. Eine bessere Legitimation konnte es für Repressionstechnokraten und Politik nicht geben. Die Anti-Terror Gesetze in einem vereinheitlichten europäischen Rahmen von 2002 sind die konsequente und kontinuierliche Weiterentwicklung der EU-Sicherheitsarchitektur, die seit Mitte der 1980er unter der Federführung der BRD durchgesetzt wird.
Mit Unterzeichnung der Europäischen Einheitsakte drückte sich der Willen der europäischen Staaten innerhalb der EG aus, ein kapitalistisches Projekt zu formieren, dass langfristig in der Lage sein würde, den Weltmarkt in tatsächlicher Konkurrenz zu den USA zu dominieren. Schon 1985, also 7 Jahre vor dem magischen Datum der Schaffung des gemeinsamen Marktes, wurde in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft das in Gang gesetzt, was der ehemalige EG-Kommisar Narjes als die größte Deregulierung der Wirtschaftsgeschichte beschrieb. Schon mit der Europäischen Einheitsakte hatte sich die EG/EU über europäische Integrationspolitik und Vereinheitlichung von Produktion und Markt zum Motor neoliberaler Politik nach innen gemacht, um längerfristig neoliberale Verwertungsbedingungen global durchzusetzen.
Und eben genau hier ist auch der Zusammenhang zu suchen, warum sich in den 1980er Jahren Repression gegen revolutionäre oder emanzipatorische Bewegungen immer mehr aus dem nationalstaatlichen Kontext herausgelöst hat und in einem gesamteuropäischen Zusammenhang umgesetzt wurde. Mit einem Schlag gefährdeten Befreiungsbewegungen wie die IRA oder revolutionäre Gruppen wie die RAF auch andere europäische Staaten, in dem sie jeweils einen Teil des Gesamtprojektes angriffen und schwächten und gleichzeitig mit Ihren Aktionen deutlich machten, dass Widerstand möglich ist.
Der § 129b ist die Weiterentwicklung der Strategie, die hinter dieser Entwicklung stand. Der Kern ist, die Sicherheit der EU, und damit ist vor allen Dingen die Sicherheit der kapitalistischen Verwertung gemeint, jetzt auch juristisch im globalen Maßstab sichern zu können. Er ist im Inneren die juristische Flankierung einer europäischen Sicherheitspolitik nach aussen, die perspektivisch immer häufiger militärisch umgesetzt werden soll.
Aber die Diskussion um zunehmene Repression ist weit aus komplexer. Es reicht bei weitem nicht aus, sich in der Diskussion und im politischen Handeln auf einen Paragrafen oder den Bereich des ‚Anti-Terrorismus‘ zu beschränken. Sicherheit und Repression sind Schlüsselbegriffe im gesellschaftlichen Diskurs und werden zunehmend vorherrschende Aspekte der Kernideologien kapitalistischer Herrschaft. Klassenübergreifend soll das Bewusstsein durchgesetzt werden, gesellschaftliche aber auch ökonomische Probleme und Widersprüche seien nicht strukturell zu lösen, sondern durch Sanktion, Ausschluss und Verdrängung. Der logische materielle Kern dieser Entwicklung ist die Durchsetzung eines autoritären, repressiven Staatsapparates, eines Sicherheitsdiskurses, der alle gesellschaftlichen Bereiche durchzieht und schließlich die Aufrüstung im Inneren wie im Äusseren.
Es geht um den Versuch der Transformierung gesellschaftlichen Bewusstseins, in dem die Bedürfnisse und Notwendigkeiten nach individuellen und kollektiven Freiheiten zerschlagen und aufgelöst werden. Diskurse und mediale Aufarbeitung aller möglichen Bedrohungsszenarien, angefangen bei jugendlichen Schlägern in der U-Bahn und Vermummten, die Polizeiwachen angreifen bis hin zum rassistisch aufgeladenen Bild des internationalen Terrorismus, erfüllen genau diesen Zweck. Jedes abweichende Verhalten schon angefangen beim Schuleschwänzen mutiert zur Bedrohung, auf die nicht integrativ sondern repressiv reagiert werden muss.
Die Menschen sollen nicht nur Objekte der zunehmenden Überwachung und Repression werden, die sie fürchten sollen, sondern eben auch Subjekte, in dem sie die Ideologie des präventiven Sicherheitsstaates verinnerlichen und (auch aktiver) Teil davon werden.
Krieg und Ausnahmezustand
Gleichzeitig wird immer klarer, worum es geht. Globaler Kapitalismus, auch und gerade europäischer Prägung, gibt sich nicht mehr damit zufrieden, den Krieg in sich zu tragen und als Krisenlösung zu inszenieren. Er bedeutet Krieg, ist Krieg. Der aktuelle Sicherheitsbegriff ermöglicht es, die militärischen und polizeilichen Handlungsebenen zu verbinden und deckungsgleich zu machen. 5 Jahre nach dem 11. 9. konnte Schäuble als Innenminister unwidersprochen erklären, die BRD befände sich im Kriegs- und Kriegsfolgenrecht.
Im EU-Sprachgebrauch sind perspektivisch zu führende Kriege mit europäischer Beteiligung grundsätzlich mit Sicherheitsbegrifflichkeiten legitimiert, nämlich der Sicherheit der Energieressourcen und der Sicherheit der Waren- und Finanzwege.
Krieg und militärische Interventionen werden als Polizeimaßnahmen bezeichnet und der abstruse Begriff der ‚Schurkenstaaten‘, die in der EU-Terminologie ‚unbotmäßige Regierungen‘ heissen, wird quasi gleichgesetzt mit dem politisch/juristischen Terminus der ‚terroristischen Vereinigung‘.
Die permanente Verwendung des Kampfbegriffs Terrorismus spielt eine Schlüsselrolle im Sicherheitsdiskurs. Politische Inhalte von Kämpfen und Widersprüche verschwimmen und werden über eine überbetonte angebliche Gleichheit der Form von Kämpfen negiert. Verschiedenen Konflikten werden über eine ideologische Konstruktion des Begriffs Terrorismus alle sozialen und politischen Dimensionen entzogen und so vollkommen entpolitisiert.
Heute ist staatliche Repression nur noch zum Teil eine direkte Reaktion auf zugespitze soziale oder ökonomische Widersprüche. Der präventive Sicherheitsstaat setzt eben im Gegenteil weit im Vorfeld sich zuspitzender Widersprüche an, die auf die Ebene des Sicherheitsdiskurses verschoben werden und dort per Gefahrenabwehr und Feindbekämpfungsideologien und -mitteln gelöst werden sollen. Nicht nur durch die Flut von Sicherheitsgesetzen wird ein permanenter Ausnahmezustand behauptet und umgesetzt. Ein Kriegszustand wird auf die gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse im Inneren übertragen und zur Normalität erklärt. Ausnahme- und Normalzustand, Krieg und Frieden werden zu deckungsgleichen Verhältnissen gemacht.
Die Durchsetzung neoliberaler Politik, die Durchsetzung des Sicherheitsstaates und eine autoritäre Formierung von Gesellschaft gehören untrennbar zusammen. Je erfolgreicher neoliberale Politik um- und durchgesetzt wird, umso mehr verschärfen sich soziale, kulturelle und ökonomische Widersprüche. Massenarbeitslosigkeit, sinkende Einkommen und die komplette Demontage sozialer Sicherungssysteme sind Kalkül und Konsequenz neoliberaler Politik.
Nicht umsonst ist neben Deregulierung und Öffnung der Märkte, Privatisierung und massiver Senkung der Staatsausgaben, die Steigerung der Ausgaben für Polizei und Armee, eine stets gültige Bedingung bei der Vergabe von Krediten durch IWF / Weltbank aber auch durch die EU.
Emanzipatorische und revolutionäre Bewegungen im internationalen Rahmen, aber auch Menschen, die sich hier gegen die herrschenden Verhältnisse wehren, werden aus dem gleichen Kalkül mit Repression überzogen. Sie gefährden die staatlich verordnete gesellschaftliche Normalität, die die kapitalistische Logik braucht. Sie sind damit heute automatisch Akteure des globalen Kriegszustandes bzw. des inneren Ausnahmezustands. Als kämpfende Menschen einer linksradikalen Bewegung dürfen wir diesen Blick nicht verlieren, nicht im politischen Teilbereich, nicht im Stadtteil, nicht in der Szene….
Antirepressionsarbeit und Solidarität können nur wirken, wenn wir den gesamten Kontext miteinbeziehen und die politschen Dimensionen analysieren, in denen Repression geplant und umgesetzt wird.
Politisch offensiv können wir Repression nur bekämpfen, wenn wir die kapitalistischen Verhältnisse bekämpfen.
antirepressionsgruppe hamburg
Dieser Artikel ist eine leicht gekürzte Version eines Redebeitrags, gehalten auf einer Veranstaltung zum § 129b und den Prozessen gegen die DHKP-C am 21. Januar 2010.
Source: http://www.political-prisoners.net/home.php?id=1188&lang=de&action=news