Eine orbital gestützte Aufklärungskomponente war das Ziel langer Planungen der Bundeswehr auf diesem Gebiet. Satelliten können weiträumig und bei Tag und Nacht innerhalb weniger Stunden riesige Gebiete aufklären. Mit der Einführung des radargestützten Satellitensystems SAR-Lupe (Newsletter Verteidigung berichtete) können seit Dezember 2008 Daten auf der ganzen Welt durch die Bundeswehr erfasst werden. SAR-Lupe gehört zu den leistungsfähigsten Satellitensystemen ihrer Klasse. Die Auflösung der Satelliten liegt bei rund 10cm², was nach Angaben von Aufklärungsspezialisten eine ungeheure Leistung darstellt, die international keinen Vergleich scheuen muss.
Das System lieferte schon der Bundeswehr sehr gute Aufklärungsdaten aus den Gebieten, wo deutsche Truppen eingesetzt sind. Im Rahmen der europäischen Verteidigungsinitiative arbeiten deutsche und französische Aufklärungsspezialisten schon länger zusammen. Die französischen Streitkräfte setzen auf das Satellitensystem HELIOS, welches mit Infrarotoptischen Sensoren ausgerüstet ist und ebenfalls sehr gute Aufklärungsergebnisse liefert. Deutschland und Frankreich haben jetzt einen Datenaustausch auf militärischer Ebene vereinbart und kombinieren beide Aufklärungssysteme miteinander.
So erhält die Bundeswehr die Ergebnisse von HELIOS 2B und französische Streitkräfte von SAR-Lupe. Der letzte HELIOS 2B Aufklärungssatellit ist am 18. Dezember 2008 gestartet worden und nahm am 27. April 2010 offiziell seine Arbeit auf. Die ersten Bilder des Satelliten konnten aber bereits ein Jahr nach dem Start, am 18. Dezember 2009, empfangen werden, so das französische Verteidigungsministerium.
Mit seinen elektrooptischen Sensoren soll der Satellit mit einer Startmasse von rund 4,2 Tonnen regelmäßig, 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche, militärische Aufklärungsdaten aus rund 700km Höhe über der Erde erfassen. Drei Monate dauerte die Test- und Inbetriebnahmephase von HELIOS 2B, während der die Auftraggeberin für Bau, Test und Abnahme des Satelliten, die Beschaffungsbehörde des französischen Verteidigungsministeriums (DGA, Délégation Générale pour l’Armement), die französische Weltraumagentur CNES, die den Flug des Satelliten kontrolliert und steuert, sowie der Hersteller, EADS Astrium, eng zusammen gearbeitet haben.
Das HELIOS-Bodensegment wurde durch das Einspielen neuer Software für den Betrieb von jetzt drei auf Erdumlaufbahnen befindlicher HELIOS-Satelliten angepasst. In Gelsdorf wurde eine zusätzliche Bodenstation (CPHD) eingerichtet, um Nutzern aus Deutschland die gleichen direkten Zugriffsmöglichkeiten auf die Daten der Satelliten zu bieten wie den ursprünglich an dem Programm beteiligten Staaten Frankreich, Belgien, Italien und Spanien. Eine sechste Bodenstation befindet sich in Tanagra bei Athen (CPHH) in Vorbereitung, die Griechenland, beginnend ab einem Zeitpunkt innerhalb der nächsten Monate, direkten Zugriff erlauben soll.
Die drei derzeit aktiven Helios-Satelliten sind:
HELIOS 1A (NORAD 23605, Objekt 1995-033A)
HELIOS 2A (NORAD 28492, Objekt 2004-049A)
HELIOS 2B (NORAD 36124, Objekt 2009-073A)
Zum HELIOS-Satellitenverbund kommt das Aufklärungssystem SAR-Lupe hinzu. Es ermöglicht, krisenhafte Entwicklungen aus dem All weltweit frühzeitig zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren. Als Kernelement für eine europaweite strategische Aufklärung sollen die Bodensegmente von SAR-Lupe zusammen mit dem französischen optischen Aufklärungssystem HELIOS in einem Systemverbund genutzt werden. Die Fähigkeiten von SAR-Lupe werden dadurch technologisch ergänzt und die Aufklärungsdaten noch genauer. Es ist geplant, dass dieser Verbund als Nukleus eines europäischen Satellitenaufklärungsverbundes dient. Die Bundeswehr und die französischen Streitkräfte wollen auf diesem Gebiet in der Zukunft noch enger zusammenarbeiten, um unabhängiger von amerikanischen Satellitendaten zu werden, die mit einem zeitlichen Verzug von bis zu 24 Stunden die NATOStreitkräfte erreichen.
Kommunikationssatelliten für die Bundeswehr
Die Bundeswehr ist auf dem Gebiet der Satellitenkommunikation seit kurzem unabhängig. Durch die Inbetriebnahme ihres zweiten Kommunikationssatelliten sind die deutschen Streitkräfte in der Lage, globale strategische und taktische Fernmelde-Netze herzustellen, um schnell auf alle militärisch relevanten Lagen reagieren zu können. Mit den beiden Kommunikationssatelliten ComSat Bw 1 und ComSat Bw 2 sind nun die technischen Voraussetzungen geschaffen, den vielfältigen Anforderungen einer modernen Kommunikation zu begegnen. Vizeadmiral Wolfram Kühn, Stellvertreter des Generalinspekteurs und Inspekteur der Streitkräftebasis, übernahm im Betriebszentrum für die Satellitenkommunikation in Rheinbach den zweiten Kommunikationssatelliten für die Bundeswehr in den Betrieb. Kühn betonte in diesem Zusammenhang, dass die militärische Kommunikation über Satellitensysteme nun eine bessere Voraussetzung geschaffen habe, um mit den Truppen im Ausland zu kommunizieren.
Ein »Anbieter« für alle
Bisher kostete das Anmieten ziviler Kommunikationskapazitäten circa 15 Millionen Euro jährlich und deckte nur den dringendsten Bedarf. Nun sind in der Streitkräftebasis alle Fähigkeiten zum Betreiben der Satellitensysteme vorhanden. Damit versorgt der zweitgrößte Organisationsbereich der Bundeswehr die anderen mit einsatzwichtigen Informationen und betreibt zudem eines der modernsten Breitband-Kommunikationssysteme. Dazu gehört auch die Anschaffung von 16 großen, 75 mittleren und 400 kleineren portablen Bodenstationen.
Ein Vorteil ist dabei die Netzkoordination, die es ermöglicht, dass Daten unmittelbar über einen Satelliten und ohne den Umweg über Deutschland, ausgetauscht werden können. Damit ist das System höchst flexibel und stärkt die Handlungsfähigkeit im Einsatzgebiet. Die Schiffe der Marine im weltweiten Einsatz sind nun auch an diese modernsten Kommunikationsmittel angeschlossen. Die Streitkräftebasis (SKB) ist Betreiber der Satelliten SARLupe und ComSat Bw. Damit leistet sie einen wesentlichen Beitrag zu Krisenfrüherkennung, Krisenvorsorge und Krisenmanagement. Satelliten sind dafür besonders geeignet, weil sie – anders als beispielsweise Aufklärungsflugzeuge – nicht eskalierend wirken.
Newsletter Verteidigung, Ausgabe 43 / KW 45 Dienstag, 9. November 2010
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