Die EU-Kommissarin Malmström spricht.
„Der Plan ist folgender: wir werden zwischen Lampedusa und Tunesien europäische Flugzeuge in den Himmel Siziliens schicken, um die italienische Grenzwache beim Immigrations-Notstand zu unterstützen „.
Corriere della Sera vom 19.2.2011
von unserem Korrespondenten in Brüssel
Cecilia Malmström, Schwedin, UE-Kommissarin für Innere Angelegenheiten, sagt, dass das, was gerade geschieht „dramatisch“ ist. Sie weist auf das hin, was sie vor wenigen Monaten in den Verwahrungszentren in Libyen gesehen hat, wo „die Menschen wie Tiere leben“. Und sie kündigt diese erste Antwort Europas auf das aus Italien eingegangene Hilfeersuchen.
Wann wird die Mission starten?
„Wenn alles wie vorgesehen läuft, innerhalb von ganz wenigen Tagen. Viele europäische Staaten habe uns schon ihre Zustimmung mitgeteilt, beginnend bei Spanien und Frankreich. Heute werden wir auch über die Höhe der Finanzmittel diskutieren. Es wird sich um eine Frontex-Mission handeln (der mit der Koordination der Sicherheit an den Grenzen der Union beauftragte EU-Agentur, Anmerkung der Redaktion), die also durch europäische Gesetze geregelt ist und durch europäische Finanzmittel und europäisches Equipment gestützt ist. Sie wird einerseits die Entsendung von Experten und von technischen Geräten betreffen und anderseits die Unterstützung der Flugzeuge“
Um welche Art von Experten handelt es sich?
„Vor Allem Prüfer, oder besser: „Interviewer“, die aufgrund einschlägiger Erfahrung in der Lage sind, die Neuankömmlinge zu filtern, sie zu identifizieren und deren Bedürfnisse zu verstehen“
Und die Flugzeuge? Welche Rolle werden sie haben?
„Überwachung aus dem Luftraum zur Unterstützung der italienischen Behörden“. Sie werden jeden neuem Migrantenstrom entdecken können, sobald er aufkommt und die Seeüberwachungseinheiten alarmieren, um die Boote zu sicheren Häfen leiten zu lassen“.
Oder aber Zurückweisungen auf See zu erleichtern?
„Nein. Eher die etwaigen Anträge auf Asyl. Zurückweisungen sind durch die europäischen Gesetze explizit verboten“.
Aber stellt nicht auch diese Frontex-Mission letztlich nicht nur eine Notlösung dar?
„Nein, weil man sich später mit Tunesien oder anderen Ländern auch langfristig engagieren müssen wird, um Unterstützung vor Ort zu leisten: Investitionen, Darlehen, Infrastrukturen, Handel. Es wird aber auch nötig sein, dass sie ermutigt werden, sich ihre Bürger zurückzunehmen“.
Ist das die Perspektive für die Tausende, die gerade gelandet sind?
„Ja, die große Mehrheit wird wahrscheinlich zurück geschickt werden. Mit Ausnahme derer, die einen Anspruch auf politisches Asyl nachweisen werden können“.
Es gibt jemand, der einen Alarm geschlagen hat: unter denen, die aus den Booten steigen, könnten sich auch Al Qaeda Unterwanderer oder andere Terrorgruppen verbergen. Habt ihr in dieser Hinsicht eindeutige Anhaltspunkt gefunden?“.
„Nein, uns liegt nichts vor“.
Denkt ihr nicht darüber nach, andere europäische Staaten zu bitten, die Last mitzutragen, also, auf freiwilliger Basis Migranten aufzunehmen?
„Nein. Wir können im Übrigen kein Land der EU zwingen, außereuroäische Migranten zu akzeptieren. Sehen Sie, hier liegt ein großes Paradoxon vor: in 5 Jahren werden wir diese Ereignisse als Historische bezeichnen, und schon heute bewerten wir die Revolte für die Freiheit in Afrika zu Recht als etwas fantastisches. Wir preisen den Mut dieser Leute, wir sagen ihnen gleichzeitig aber auch: Kommt nicht zu uns! Ich wiederhole: wir müssen ihnen bei sich zu Hause helfen.“
Gab es den nicht schon einmal ein positives Beispiel von „Migrantenumverteilung“ in der EU?
„Ja, auf Malta. Aber es ist etwas von sehr geringer Größenordnung gewesen. Die Länder habe der Aufnahme von 210 Personen zugestimmt“.
Kommen wir auf Italien zurück. Ist im Rahmen der Polemik mit Rom alles geklärt?
„Ja, sicher, wir richten uns auf die Zukunft“
Aber warum hat Minister Maroni die EU bezichtigt, angesichts des Notstands in Lampedusa tatenlos zu sein?
„Ich weiß es nicht. Ich kann nur das, was ich schon sagte noch einmal bekräftigen: wir haben Italien Hilfe angeboten und die Hilfe wurde verweigert. Dann erreichte uns der Brief mit dem offiziellen Gesuch“.
Beschäftigt Sie die Frage, ob Libyen stand hält? Wenn Gaddafi stürzt und seine Südgrenze zu den Sahelstaaten fällt, werden nicht 5000 Migranten kommen, sondern eine halbe Million…
„Das ist ein Szenario, das Sorgen bereitet, ja. Andererseits darf auch auf die Geburt einer zukünftigen Demokratie gehofft werden. Libyen ist aber ein Sonderfall. Mit allen anderen Nachbarländern hat die EU seit langer Zeit eine Politik der guten Nachbarschaft betrieben, mit Libyen zu kooperieren ist aber sehr schwer“.
Jemand hat die Revolte Nordafrikas mit dem Fall der Mauer verglichen.
„Die Welt ist eingestürzt und wir sind alle überrascht. Ich bin wegen den Ereignissen in Ägypten überaus glücklich. Und: ja, ich habe Ähnlichkeiten zum Fall der Berliner Mauer gesehen: den Protest der Jugend, die sich taub gebenden Behörden…“.
Und die Unterschiede?
„Nun, 1989 gab es Twitter oder Facebook nicht und es waren im Osten Ebryonen von Demokratien im Werden zu verzeichnen. Nordafrika hat hingegen sehr wenig Demokratieerfahrung. Daher wird es viel Zeit brauchen, um zu verstehen“.
Autor: Luigi Offeddu – loffeddu@res.it
[…] This post was mentioned on Twitter by do-panic, noblogs. noblogs said: [europolice] "Wir werden die, die gelandet sind, in ihr Herkunftsland zurückschicken". http://nbl.gs/3Ea […]