Die Koalition verschiebt den Kauf von bewaffneten Flugzeugen auf 2014.
Die Proteste der Opposition zeigen Wirkung. Verteidigungsminister will europäische statt israelischer und amerikanischer Modelle.
Till Hoppe
Die Reaktionen waren heftig. Nachdem die Bundesregierung im Januar ihren Willen erklärt hatte, bewaffnete Drohnen anschaffen zu wollen, hagelte es von vielen Seiten Kritik: Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf der Koalition „blinden, verantwortungslosen Umgang mit militärtechnologischem Fortschritt“ vor, SPD- und Kirchenvertreter warnten, der Einsatz der unbemannten Flugzeuge senke die Hemmschwelle zum Einsatz von Gewalt.
Die Kritik zeigt offenbar Wirkung, jedenfalls begraben Union und FDP den bisherigen Plan, noch vor der Bundestagswahl im September über die Anschaffung von Kampfdrohnen zu entscheiden. „Es reicht völlig, erst 2014 eine Entscheidung zu treffen“, hieß es in Unionskreisen. „Wir sollten zunächst die jetzige Lösung verlängern und dann über die Anschaffung und ausschließlich völkerrechtskonforme Nutzung auch bewaffnungsfähiger Drohnen diskutieren.“ In der FDP hieß es, angesichts der Tragweite solle das dann neu gewählte Parlament entscheiden. Das Verteidigungsministerium wollte sich nicht dazu äußern.
Stattdessen wird die Luftwaffe nun wohl die bislang schon in Afghanistan eingesetzten Aufklärungsdrohnen länger nutzen. Die drei Flugroboter vom Typ Heron 1 werden von einem Konsortium um Israel Aerospace Industries und Rheinmetall geleast, der Vertrag läuft noch knapp zwei Jahre und könnte ohne Probleme verlängert werden. Die Heron-1-Drohnen werden ausschließlich zur Aufklärung genutzt und können keine Raketen tragen. Die Bundeswehr drängt jedoch auf den Kauf von bewaffneten Flugrobotern, um damit ihre Soldaten im Einsatz besser schützen zu können.
Eine für die Industrie wichtige Richtungsentscheidung könnte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière aber noch im April treffen: Er hat bereits recht klar formuliert, dass er langfristig eine eigene europäische Drohne den bislang verfügbaren israelischen und US-amerikanischen Modellen vorzieht.
Als mögliche Partner gelten Frankreich, Italien und die Türkei. Die EADS-Tochter Cassidian hat bereits mehrere Hundertmillionen Euro in ein eigenes System namens Talarion investiert, die Entwicklung aber im vergangenen Jahr unterbrochen, weil die Aufträge fehlten. Nach Angaben von Cassidian könnte die europäische Drohne 2018 fertig sein, Verteidigungspolitiker und Luftwaffe rechnen frühestens 2020 damit.
Wie die Zeit bis zur Einsetzbarkeit des „Future European MALE“ überbrückt wird, ist offen. Eine Variante wäre die erneute Verlängerung des Leasingvertrags für die unbewaffneten Heron-1-Systeme. Die Luftwaffe drängt aber auf waffenfähige Drohnen, sie möchte entweder eines der US-Modelle Predator und Reaper ordern oder eine Weiterentwicklung der Heron 1, die Raketen tragen kann.
Source: Handelsblatt
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