Schauspieler Til Schweiger lässt 21 Websites sperren
Der deutsche Schauspieler Til Schweiger hat über seine Anwälte der Berliner Kanzlei Eisenberg und König die Sperrung der Top-Level-Domain ucrony.net erwirken lassen, um einen Artikel über einen Farbbeutelanschlag gegen sein Haus Anfang April zu unterdrücken.
Til Schweiger, der vor allem in den Neunziger Jahren durch eher mittelmäßige Komödien bekannt wurde, hatte einen Beitrag auf dem in den USA gehosteten mehrsprachigen Blog directactionde.ucrony.net bemängelt und schließlich eine einstweilige Verfügung gegen den Domain Registrar domaindiscount24 ( Key Systems ) erwirkt. Der vom Landgericht Berlin unter der Geschäftsnummer 27 O 265/13 ausgestellte Beschluss untersagt dem „Registrar der Seite ucrony.net die Wohnanschrift des Antragsstellers zu veröffentlichen“.
Domaindiscount24 sperrte daraufhin umgehend die komplette Top-Level-Domain. Die Anwälte Schweigers drohen Ucrony.net außerdem mit weiteren rechtlichen Schritten und „verbieten ausdrücklich jedwede auch nur indirekte publizistische Nutzung“ des rechtlichen Vorgehens Schweigers.
Ucrony.net, ein Kollektiv von Freiwilligen, bietet seit 2006 zahlreichen nicht-kommerziellen Projekten und Blogs Subdomains an, unter anderem auch directactionde.ucrony.net.
Betroffen durch die Sperrung sind aber nun auch alle anderen Subdomains von ucrony.net, u.a. die Webseiten verschiedener Fotografen und Musikern in den USA, Deutschland, Großbritannien und Frankreich, verschiedene lokale Bürgerinitiativen sowie deren Emails und Mailinglisten.
Ucrony.net und das plentyfact collective ( http://plentyfact.net ), welches ucrony technische Unterstützung bietet, protestieren gegen diesen Angriff auf die Meinungsfreiheit: Die Abschaltung von 21 Websites wegen eines einzigen umstrittenen Artikels, der so auch in anderen Online-Medien zu finden ist, stellt einen so bisher nicht dagewesenen Eingriff dar. Gegen welches deutsche Gesetz der Blogpost verstoßen haben soll, wird von den Anwälten Schweigers nicht erwähnt, warum ein mehrsprachiger Blog in den USA überhaupt deutschem Recht unterliegt bleibt unklar.
Der Versuch der Anwälte, Ucrony.net darüber hinaus die Veröffentlichung der juristischen Schritte Schweigers zu untersagen stellt offenbar einen Versuch dar, dem Kollektiv einen Maulkorb zu verpassen.
Ein Sprecher des plentyfact Kollektivs sagte dazu: „Domainregistrare als Druckmittel zu benutzen um Inhalte zu sperren ist unverhältnismäßig. Es ist kaum anzunehmen, dass die Domain der FAZ oder der BILD wegen eines Artikels abgestellt wird, aber offenbar sind Anwälte und Gerichte bei nicht-kommerziellen Projekten und Blogs weniger zimperlich. Ucrony juristisch zum Schweigen über den Vorgang zu verpflichten ist eine Ungeheuerlichkeit, die wir nicht hinnehmen werden.“
Ein in London lebender DJ, dessen Website auch von der Sperrung betroffen ist, sowie weitere betroffene Initiativen erwägen nun rechtliche Schritte gegen Schweiger.
Kontakt: ucrony@riseup.net
Statement des plentyfact Kollektives: http://plentyfact.net
6. Mai 2013