[datenschutz.de] Auch
Österreich wird nun die Europäische Richtlinie zur
Vorratsdatenspeicherung umsetzen. Bisher hatte man dort auf das
Verfahren Irlands vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen und
die Umsetzung aufgeschoben. Nachdem der EuGH nun die formale
Rechtmäßigkeit der Richtlinie bestätigte, wird Österreich die
Richtlinie umsetzen, wie ORF Futurezone berichtet.
Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) hat das
Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte der Universität Wien
beauftragt, einen Umsetzungsentwurf zu entwickeln. Die Umsetzung der
Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung würde nicht nur eine Änderung
des österreichischen Telekommunikationsgesetzes (TKG) erforderlich
machen. Notwendig wären laut Hannes Tretter, Chef des
Ludwig-Boltzmann-Instituts, auch Änderungen der Strafprozessordnung,
des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) und des Datenschutzgesetzes (DSG).
Tretter nimmt gegenüber dem ORF auch Stellung zur Frage, welche
Straftaten mittels der auf Vorrat gespeicherten Verbindungsdaten
verfolgt werden dürfen. Er stellt dabei ab auf die
Entstehungsgeschichte der Richtlinie und verneint einen Zugriff zum
Zweck der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. Die Richtlinie sei
zum Zweck der Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten
Kriminalität erstellt wurde.
Über die geplanten Speicherfristen – nach der Richtlinie sind 6 Monate
bis 2 Jahre möglich – ist noch nichts bekannt. Die offizielle
Umsetzungsfrist endet am 15. März. Tretter geht davon aus, dass die
Frist nicht einzuhalten ist; dass die Kommission deswegen sofort ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einleiten werde, sei eher
nicht zu erwarten, so Tretter weiter: "Ich kann nicht sagen, wie die
Kommission reagiert, aber wenn sie den Eindruck hat, dass Österreich
zügig an der Umsetzung arbeitet, wird sie nicht gleich am 16. März eine
Klage beim EuGH einreichen." Tretter mahnte an, es müsse ein
Benachrichtigungspflicht gegenüber Personen, deren Verkehrsdaten
überprüft werden, geben. Weiterhin sei wegen der laufenden Umstellung
auf IPv6-Adressen, die die Vergabe dynamischer IPs unnötig machen
könnte, "gesetzgeberische Fantasie" gefragt, um zu weitgehende
Eingriffe in die Privatsphäre zu verhindern. Auch die Frage der
Entschädigung der Provider für die Speicherung und den Abruf der Daten
sei heikel, so Tretter. Das Ende 2007 verabschiedete
Sicherheitspolizeigesetz sieht eine solche Entschädigung nicht vor, ob
dies bei der Vorratsdatenspeicherung ähnlich gehandhabt werde könnte,
ist nach Tretter zweifelhaft, da es einen Konflikt dem Grundrecht auf
Eigentum geben könnte, wenn die Provider dermaßen als Helfer des
Staates eingespannt würden.
Insgesamt äußerte er auch Zweifel, "inwieweit die Richtlinie überhaupt
geeignet ist, die verfolgten Ziele zu erreichen, und damit
grundrechtswidrig sein könnte. Internationaler Terrorismus und
organisierte Kriminalität beschreiten in der Regel andere
Kommunikationswege." Bis diese Fragen durch den EuGH oder den
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklärt werden, werde es
aber noch einige Zeit dauern.
— O. Langfeldt und M. Raguse (ULD)