Bürgerrechtsorganisationen rüsten zum Widerstand gegen Überwachung und grenzenlosen Informationstransfer
[jungewelt.de] Gegen die massenhafte Datenspeicherung von Personen im EU-Gebiet
formiert sich Widerstand. Unter dem Motto »Hol dir deine
Daten zurück« startet heute mit einer Veranstaltung in
Berlin eine EU-weite Kampagne gegen Datenmißbrauch.
Organisationen aus der gesamten EU rufen dazu auf, sogenannte
Auskunftsersuchen an die verschiedenen Polizeibehörden zu
stellen. Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs gehören bislang
16 deutsche Organisationen und 20 aus dem EU-Raum sowie der
Schweiz. Darunter sind klassische Bürgerrechtsorganisationen
wie die Humanistische Union, aber auch Organisationen aus dem
Migrationsbereich sowie Datenschutzvereinigungen.
Europäische Abkommen sehen nicht nur vor, daß immer mehr
Daten von EU-Bürgern und Nicht-EU-Angehörigen gespeichert
werden, sondern sie werden auch immer intensiver ausgetauscht. Je
mehr die Daten zwischen dem Bundeskriminalamt, Europol und
ausländischen Polizeien hin- und hergeschoben würden,
desto mehr Mißbrauch werde damit getrieben, warnen die
Bürgerrechtler. Schließlich werden keineswegs nur
Straftäter gespeichert, gerade Migranten geraten in der Regel
verdachtslos in die Computer. Aber auch politische Aktivisten
bekämen immer wieder Schwierigkeiten bei
Grenzübertritten, weil sie in einschlägigen Dateien
auftauchen. Das ganze Ausmaß der europäischen
Polizeizusammenarbeit zu überblicken, fällt mittlerweile
selbst Experten schwer. Sicher ist: Der Datenschutz wird klein
geschrieben.
Anlaß für die Kampagne ist das sogenannte
Stockholm-Programm der europäischen Innenminister. Dieses soll
im Dezember dieses Jahres verabschiedet werden und stellt eine Art
Fünfjahresplan dar, der die »Schaffung eines
grenzenlosen Informationsverbundes unter Einbezug der USA«
vorsieht. Damit drohe es »normal« zu werden, daß
jene Daten, die von einem Staat unkontrolliert und womöglich
unberechtigt gespeichert werden, von anderen Staaten
übernommen werden. Die Initiatoren der Kampagne wollen die
Bürger dazu ermuntern, dagegen vorzugehen.
Heute, Infoveranstaltung 19 Uhr, Haus der Demokratie,
Greifswalder Straße 4, Berlin