Europäische Polizeien drücken beim Carabinieri-Heer die Schulbank

EU-Länder studieren das an Krisenschauplätzen anzuwendende Modell „Carabinieri“

Vom Korrespondenten Maurizio Piccirilli
Mittwoch, 30. September 2009

[iltempo.ilsole24ore.com] VICENZA – Der Protest wächst. Die Rufe schlagen ins Bedrohliche um. Der Zug der Demonstranten verlässt den Ort des sit-ins vor dem Gefängnis und macht sich auf den Weg in die Stadt. Die Aufstandsbekämpfungsplatoons von Europol gehen in Stellung. Es fliegen die ersten Steine. Die Brandflaschen, und die Europa-Polizisten antworten mit Tränengas.

Ein für die Eupft-Übung, die auf den Hügeln über Vicenza im Rahmen der Aktivitäten des Coespu, der Akademie der europäischen Polizei, die genau in der venetischen Stadt ihren Sitz hat im Gang ist, bis hin zum Blut aus der – echten – Wunde eines französischen Gendarmen, den ein Stock traf realistisches Szenario.

Die Revolte ist im Nationalstaat Ambrien ausgebrochen, ein imaginäres Land mit einer komplexen politischen Situation. Nach einer stark konfrontativen Phase sind die internationalen Kräfte mit einem Versuch der Stabilisierung beschäftigt.

Die dieser Tage stattfindende, Übung, bei der 24 Polizeiorganisationen aus 17 europäischen Ländern die Interaktion trainieren und gemeinsame Einsatztechniken perfektionieren erstreckt sich über zwei Wochen. „Wir versuchen, eine ganze Reihe von Komplikationen, zu denen es in jener Grauzone zwischen der Phase der Konfrontation und der Normalisierung des Landes auf dem Feld zu begegnen“, erklärt General Silvio Ghiselli, Kommandant der 2. Brigade der Carabinieri „Bei dieser Übung hat das Heer der Carabinieri die Führungsrolle: es koordiniert sämtliche Phasen des Trainings und es führt die Operationen an“.

Anführer sind die Carabinieri auch als die „Bösen“. Sie sind es nämlich, die als Versuchskaninchen für die europäischen Kollegen die Rolle der Demonstranten, der Banditen und der „Aufständischen“  übernehmen. Bei dieser besonderen Übung wird jenes „Modell Carabinieri“ hervor gehoben, das im Ausland so geschätzt und von U.S. Generälen so gepriesen wird. Denn gerade bei dieser Übung, die in den Venetischen Hügeln vollzogen wird, finden sich die europäischen Polizeikräfte dabei wieder, wie sie nicht nur Problemen der öffentlichen Ordnung, Terrorismus und Massengräbern begegnen müssen, sondern auch Ereignisse von ausgeprägter krimineller Prägung. So werden hier kriminal- und ermittlungstechnische Methoden abgeglichen und praktisch angewendet.

Die Übung ist in einer ständigen Phase kontinuierlichen Werdens. Alles ist sehr realistisch. Eine Räuberbande hat einen Raubüberfall begangen und ist landeinwärts geflüchtet. Der Alarm wird ausgelöst und vier Kriminelle suchen Unterschlupf in einer Fabrik, wo sie zwei Menschen zur Geisel nehmen. Hier ruft die Befehlskommandantur der europäischen Polizei die Swat – die Ledernacken – an, damit sie die Geiseln befreien und die Kriminellen fassen. Heute sind die Nocs der italienischen Polizia di Stato und das K-Kommando der estnischen Polizei in Aktion. Unter der Sturmhaube koordiniert ein Kommandant der Gis. Das „Go!“ für die Aktion wird gerade einmal dreißig Minuten nach Auslösung des Alarms gegeben. Die Sonderabteilungen treten in Aktion: die Scharfschützen gehen in Position und dann geht es los. Die Eingangstür wird gesprengt, die Geiselnehmer werden innerhalb von wenigen Sekunden bewegungsunfähig gemacht und die Geiseln befreit. Zwei der Banditen wurden „eliminiert“. Aber Ambrien ist ein seht instabiles Land, wo Kriminalität und Aufständische verschwimmen. Und dann, ein neues Szenario. Ein Uno-Funktionär wird von einer kriminellen Gruppe getötet, die herausgefunden hatte, dass er im Vertrauen eines Mannes stand, der Kontakte zur kriminellen Organisation hatte. Der Funktionär wird in seinem Büro getötet, vor den Augen der Sekretärin. Die Mörder stellen alles auf den Kopf und stehel auch ein Mobiltelefon. Hier rufen Ambriens armselige Polizeikräfte Europol zu Hilfe, die mit Ermittlern und mit Spezialisten der Kriminaltechnik eingreift. Erstere sammeln Zeugenaussagen, die anderen Indizien und Asservate: Abdrücke, Blut, Verfolgung der Spur des gestohlenen Mobiltelefons. „Unterschiedliche Techniken, die geteilt werden“ erklärt Carabinieri-Major Davide Zavattaro vom Racis der Carabinieri. „Dieses ist das erste Mal, dass eine solche Thematik in dieser Trainingsphase angegangen wird. Das Ganze ermöglicht die Einrichtung von internationalen Teams, die an unterschiedlichen Krisenschauplätzen operieren können. Wie in Afghanistan, wo es im Fall von Anschlägen Bedarf gibt, über Spezialisten der Spurensicherung zu verfügen, und vor Ort nicht immer einschlägig ausgebildetes Personal vorhanden ist“.

Source: http://iltempo.ilsole24ore.com/interni_esteri/2009/09/30/1075747-polizie_europee_scuola_dall_arma.shtml