Ruhe und Ordnung für „Askania“

Fiktives Land in Lehniner Ortskampfanlage ist die Kulisse einer europäischen Polizeiübung

[maerkischeallgemeine.de] LEHNIN – Diese Braut meint es wirklich ernst. Eigentlich sollte die Party mit dem Freuden-Geballer um 11.40 Uhr steigen. Doch dann sollte noch die Gefangennahme eines gefährlichen Brandstifters dazwischen geschoben werden. Soweit der Plan. Doch selbst bei einer Übung sieht die Realität oft anders aus. Zwei Stunden später saß der Schurke immer noch in einem Haus und wartete Franziska Neumann alias „Die Braut“ im weißen Kleid vor der Baracke. Neumann, der mutmaßliche Brandstifter und all die anderen Mitspieler und angeblichen Störenfriede sind Beamte der Bundespolizei. Sie sollen den 320 Polizisten aus 16 europäischen Staaten das möglichst echte Einsatz-Gefühl vermitteln. Seit gestern läuft das zweiwöchige „European Union Police Forces Training“ (EUPFT 2010) auf dem Lehniner Truppenübungsplatz. Am Vormittag hatte ein Franzose als „Head of Mission“ den Hut auf und führte die Einheiten von der Einsatzstelle nahe der Brücker Flämingkaserne.

Das Übungs-Szenario: Den Schießplatz verlegten die Organisatoren in das imaginäre Land „Askania“. Dass es sich bei Askanien um das erste brandenburgische Markgrafengeschlecht handelt, ist vielen nicht bekannt. In Askania sind die „Prussi“ in der Mehrheit und haben über Jahrzehnte die „Franka“ klein gehalten. So kommt es immer wieder zu Spannungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gruppen. Nun stehen in Askania demokratische Wahlen an und die dortige Regierung hat die Europäische Union gebeten, mit für Ruhe und Ordnung und eine korrekte Wahl zu sorgen.

„Was wir hier trainieren, haben Polizeikräfte tatsächlich zum Beispiel im Kosovo erlebt“, sagt Pressesprecher Michael Öttel. Da die Polizei immer öfter im Ausland zum Einsatz kommt, habe man 2008 eine jährliche Gemeinschaftsübung aus der Taufe gehoben. Nach Frankreich und Italien (2009) ist jetzt Deutschland der Veranstalter.

Dabei geht es nicht allein darum, Wahlkandidaten zu schützen und Unruhen in Wahlbüros zu verhindern. Vor der Sparkasse in Rauhberg, dem Dorf in der Ortskampfanlage I, drängen sich die Leute. Es ist Zahltag, aber nicht genug Geld für alle da. Die Meute johlt und gröhlt, deutsche und englische Polizisten beschwichtigen. Gut 300 Meter weiter knallt es. Zwei Autos sind zusammengestoßen. Es gibt vier Verletzte. Als erstes sind die Schaulustigen vor, dann folgen – zu Fuß – drei estnische Polizisten. Sie drängen die Gaffer zurück und versuchen mit den schreienden Insassen in den Autos klarzukommen. Die schreien auf Deutsch. Kurz darauf trifft ein Fahrzeug der spanischen Guardia Civil zur Unterstützung ein. Dienstsprache ist Englisch und die Kommunikation funktioniert. Warum sich aber die Polizisten intensiver um einen Dieb kümmern, der das Reserverad aus einem Unfallauto klaut, als um die Verletzten, bleibt ungewiss. „Das wird am Abend in der Auswertung besprochen werden“, sagt Michael Öttel.

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