Konfetti und Gewalt – 1500 Polizisten üben den Ernstfall in Oldenburg

[haz] Auf
die Polizisten regnete es Konfetti – aber auch Wurfgeschosse. Bei der
größten Polizeiübung in der Geschichte Niedersachsens haben mehr als
1500 Beamte am Mittwoch in Oldenburg den Ernstfall trainiert.

In realistischen Szenarien mit rund 500 Statisten aus den
Reihen der Polizei mussten die Uniformierten schnell und vor allem
umsichtig handeln. Auf engstem Raum hatten sie auf Gewalt, aber auch
auf friedlichen Protest zu reagieren. Vorbilder für die Großübung waren
nach Polizeiangaben Demonstrationen, zu denen es etwa beim
Castor-Transport oder dem G8- Gipfel gekommen war.

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Acht Hundertschaften der Bereitschaftspolizei, Spezialkräfte
sowie Hunde- und Reiterstaffeln hatten sich auf dem ehemaligen
Fliegerhorst der Bundeswehr versammelt. Auch Beamte aus Hamburg, Bremen
und Mecklenburg-Vorpommern waren dabei. Die Übung startete gleichzeitig
an vier Orten. Das Drehbuch war den Einsatzkräften nicht bekannt.

Punkt 10 Uhr beginnt die Übung: Ein erster Funkspruch führt 30
Polizisten zu einer Straßenbarrikade aus Baumstämmen, hinter der sich
rund 60 Vermummte verschanzt halten. Sie entzünden die Barriere, werfen
Holzklötze und Böller auf die Mannschaftswagen. Die Polizei hält
sicheren Abstand und fordert Verstärkung an. Reiter und weitere
Kollegen mit Helmen und schweren Körper-Protektoren treffe ein. Die
Protestler entzündeten Rauchbomben, die Situation an der Barrikade wird
zusehends chaotisch. Sprechchöre hallen über ein Megafon:

„Deutsche Polizisten, Mörder und Faschisten“, skandieren die meist
schwarz gekleideten Demonstranten, die von Polizisten dargestellt
werden.

„Ein Lerneffekt dieser Übung besteht auch im Perspektivenwechsel“,
sagt Polizeisprecher Karsten Wolff aus Hannover. Es sei gut, dass sich
Polizisten auch einmal in der Rolle der Demonstranten sähen. An der
Barrikade schallt über acht Lautsprecher derweil die erste
„Polizeiliche Auflösungsverfügung“. Es hagelt neue Holzklötze. Zwei
Polizeigruppen signalisieren, dass die Barriere nicht seitlich zu
umgehen ist. Ein Wasserwerfer und ein Räumfahrzeug rollen an, weitere
Aufforderungen zur Versammlungsauflösung folgen – so will es das
Gesetz. Die Polizei hält das Vorgehen auf Video fest.

Plötzlich stürmen 15 als Clowns verkleidete Demonstranten hinter
einem Haus hervor. Sie protestieren friedlich, werfen den Polizisten
Konfetti auf den Helm oder blasen ihnen Seifenblasen vors Visier. Ein
Clown mit Weihnachtsmannmütze putzt einem Polizisten mit einer
Klobürste die Stiefel. Eine solche „Clowns-Armee“ war auch bei den
Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm vertreten. Die Polizisten
umringen die Kostümierten und drängen sie sanft zur Seite. Nur Meter
daneben schlagen Holzklötze ein. Schließlich löscht ein Wasserwerfer
die brennende Barrikade, ein Räumfahrzeug prescht vor und rund 80
Polizisten können die gewalttätigen Demonstranten einkesseln.

In den folgenden Stunden gilt es unter anderem noch, besetzte Busse
und Häuser zu räumen. Zur Halbzeit am Mittag ziehen Alfred Soetbeer,
Präsident der Zentralen Polizeidirektion in Hannover, und der
Einsatzleiter der Großübung, Peter Wempe, eine positive Bilanz. „Die
heutige Übung war von realen Herausforderungen kaum zu unterscheiden“,
sagt Soetbeer. Die einzelnen Einheiten hätten reibungslos
zusammengearbeitet. Laut Jürgen Schubert, dem Inspekteur der
Bereitschaftspolizeien der Länder, sind die Bereitschaftspolizeien rein
rechnerisch jeden dritten Tag in einem anderen als ihrem eigenen
Bundesland unterwegs.

Source: http://www.haz.de/newsroom/politik/zentral/politik/niedersachsen/art668,578570