Chaos Computer Club veröffentlicht Entwurf des BKA-Gesetzes

Wie kürzlich bekannt wurde, ist die Online-Durchsuchung nur die Spitze
des Eisbergs innerhalb der Planungen von Bundesinnenminister Wolfgang
Schäuble zur Ausweitung der Überwachung der Bevölkerung. Dem Chaos
Computer Club liegt ein anonym zugespielter Entwurf des neuen
BKA-Gesetzes vor. Darin ist u. a. vorgesehen, dass der Einsatz des
Bundestrojaners auch ohne die Genehmigung eines Richters erfolgen soll,
der normalerweise bei einem Grundrechtseingriff dieser Art
obligatorisch ist. Durch die weitgehenden Befugnisse für die Ermittler
entsteht der Eindruck, der Bundesinnenminister ignoriere die Vorgaben
des Grundgesetzes vollständig.

Auch die Pflicht der Behörde, nach dem Ende von
Überwachungsmaßnahmen die betroffenen Bürger zu benachrichtigen, wird
durch den Gesetzentwurf weiter eingeschränkt. Wie es heute schon bei
Telefon- und Internetüberwachung gängige Praxis ist, wird der
Ausspionierte also in Zukunft von der Online-Durchsuchung nur in
seltenen Ausnahmefällen Kenntnis erlangen. Dies widerspricht den
rechtsstaatlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. [2]

Das BKA soll zudem personenbezogene Daten auch aus den
Datenbeständen von Unternehmen erheben, speichern und verstärkt auf die
erkennungsdienstliche Behandlung zurückgreifen dürfen. Für Ermittlungen
ist der praktisch unregulierte Einsatz von Observationen auch mit Hilfe
technischer Mittel vorgesehen. Dies beinhaltet die akustische und
optische Überwachung der Betroffenen sowie den Einsatz von V-Leuten und
verdeckten Ermittlern auch innerhalb von Wohnungen. Zu diesem Zwecke
sollen Mitarbeiter des BKA auch Urkunden (wie z. B. E-Mails anderer
Behörden zur Übertragung von Trojanern) verändern und fälschen dürfen.
Ebenso wird das Recht eingeräumt, die Anfertigung von Lichtbildern und
Tonaufnahmen in Wohnungen Unbeteiligter vorzunehmen, sofern sich ein
Betroffener dort aufhält. Diese Maßnahmen werden auch den absolut
geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen. Eine
Unterbrechung von Aufnahmen, die intime Details eines Menschen
offenbaren würden, kann in Einzelfällen sogar unterbleiben.

Wenn das BKA-Gesetz in der vorliegenden Fassung
verabschiedet wird, entsteht de facto eine Geheimpolizei, wie sie in
Deutschland zuletzt in der DDR existierte. Angesichts der sich
häufenden Berichte über privaten und behördlichen Mißbrauch von
Überwachungsbefugnissen warnt der Chaos Computer Club davor, dem Gesetz
auch nur teilweise zuzustimmen. Das Trennungsgebot von Polizei und
Geheimdiensten darf nicht weiter ausgehöhlt werden.

Passend hierzu vermeldet die Berliner Zeitung vom Freitag
eines der zahlreichen Probleme behördlicher Überwachungsbefugnisse in
der Praxis. Durch die Ausweitung der technischen Möglichkeiten und die
weitgehende Automatisierung, die auf eine menschliche Überprüfung
verzichtet, steigt das Missbrauchspotential drastisch an. [3]

Der CCC übergibt der Öffentlichkeit das Dokument gerne zur Ansicht. [1]

[1] [Externer Link]Der Entwurf des BKA-Gesetzes in der Version vom 11.07.2007 (6,5 MB, PDF)

[2] BVerfGE 109, 279 (363 ff.)

[3] [Externer Link]Beamter unter Verdacht

Quelle: http://www.ccc.de/updates/2007/bkaterror