Geplante Entschädigung für die TK-Überwachung „nicht sachgerecht“

Der Bitkom hat den Vorstoß der großen Koalition zu Ausgleichszahlungen für die Hilfssheriff_Dienste der Telekommunikationswirtschaft als "nicht sachgerecht" kritisiert. Eine gesetzliche Neuordnung der Entschädigung der TK- und Internetindustrie für die Heranziehung im Rahmen der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr sei zwar "überfällig", schreibt der Branchenverband in einer aktuellen Stellungnahme. Die bislang lediglich gewährte Entschädigung auf Basis des allgemeinen Zeugensatzes in Höhe von maximal 17 Euro pro Stunde könne die tatsächliche Belastung der Branche durch die Indienstnahme durch öffentliche Stellen "nicht im Ansatz" kompensieren. Zugleich bemängelt der Verband aber vor allem, dass der Entwurf Investitionskosten ausklammert und die geplanten Pauschalerstattungen teils zu niedrig ansetze.

Grundsätzlich begrüßt der Bitkom, dass zumindest endlich ein konkretes Papier vorliege. Dieses könne "als Diskussionsgrundlage für alle Beteiligten dienen". Zugleich verbindet die Lobbyvereinigung mit der Initiative der Regierungsfraktionen die Hoffnung, dass die Umsetzung der Pläne zeitlich möglichst parallel zum Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung sowie zur Einführung der verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten erfolge. Weiter lobt die Interessensvertretung, dass der Entwurf dem Entschädigungsvorhaben ein Pauschalensystem zugrunde lege und damit einen für Behörden und Wirtschaft "praktikablen Mechanismus" gewählt habe.

Andererseits hält der Bitkom aber seine Forderung aufrecht, auch die Aufwendungen der betroffenen Unternehmen für die Aufrüstung ihrer Infrastrukturen und gesondert benötigte Hard- sowie Software zu entschädigen. Dies gelte jedenfalls für die aus der Vorratsdatenspeicherung resultierenden Belastungen, die sich allein für die Telekommunikationsbranche auf rund 50 bis 75 Millionen Euro summieren würden. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco rechnet für die Provider gar mit Investitionskosten von 332,5 Millionen Euro, wozu noch die laufenden Betriebskosten kämen.

Der Bitkom gibt in diesem Kontext zu bedenken, dass gerade für reine Geschäftskundendienstleister der Ausschluss der im Vorfeld in die Hand zu nehmenden Aufwendungen "faktisch zu einem vollständigen Ausschluss jeglicher Entschädigung führt". Da in diesem Marktsegment erfahrungsgemäß kaum Auskunftsersuchen anfallen, greife für diese Unternehmen auch keine der jetzt geplanten Regelungen für Ersatzzahlungen. Betroffen seien hiervon nicht zuletzt viele kleinere und mittelständische Unternehmen.

Aus Sicht der Branchenvereinigung sind zudem die für die Pauschalensätze maßgeblichen Bruttolohnkosten zu weiten Teilen zu niedrig angesetzt. Die Telekommunikationsbranche habe in den Vorgesprächen mit den federführenden Ministerien ausführlich dargelegt, dass die tatsächlichen durchschnittlichen Jahresbruttoentgelte der Mitarbeiter in der Behördenauskunft inklusive Lohnnebenkosten und Sozialleistungen durchschnittlich bei über 50.000 Euro liegen. Das Entschädigungsneuordnungsgesetz müsse dies berücksichtigen und dürfe nicht von Werten von 30.000 Euro ausgehen.

Auch mit einzelnen ins Spiel gebrachten Pauschalsätzen für gewisse Dienstleistungen hat der Bitkom angesichts höherer eigener Berechnungen im Vorfeld Probleme. Die Erstattung der DSL-Überwachung etwa sei mit 200 Euro je angefangenen Monat "erheblich zu niedrig ausgefallen". Die Zahl selbst sei nicht nachvollziehbar und finde auch in der Praxis keine Entsprechung. Die Deutsche Telekom etwa legt seit Jahren bei der Abrechnung der DSL-Ausleitung den allgemeinen Tarif "Company Connect" zugrunde. Auf dieser Basis ergäben sich monatliche Pauschalen zwischen 830 und 7475 Euro bis zu einer zu überwachenden Bandbreite von 16 Mbit/s.

Insgesamt führen die Entschädigungssätze gemäß den Befürchtungen des Bitkom zu einer Inanspruchnahme der Branche als IT-Dienstleister zu "Dumpingpreisen". Für einen solchen "Behördenrabatt" gebe es aber keine sachliche Grundlage. Die Vereinigung appelliert daher dringend an die Abgeordneten, das Pauschalensystem auf ein an den in der Praxis tatsächlich anfallenden Kosten orientiertes Fundament zu stellen. In diesem Zusammenhang verweist der Bitkom nachdrücklich auf die in der Schweiz und Österreich geltenden Entschädigungssätze. Diese würden offenbaren, "dass ein realistisch kostenbezogener Ansatz zwangsläufig zu deutlich höheren Pauschalsätzen führt". Eine Reihe von Einzeltatbeständen der Vergütungstabelle enthalte schließlich überdies inkonsistente Berechnungsansätze, die überarbeitet werden sollten.

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:

(Stefan Krempl) /
(pmz/c’t)

Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/99493