SAR-Lupe für die Interventionsarmee

Die Transformation der Bundeswehr zur "Armee im Einsatz" schreitet
schnell voran. Der Aufbau eines Netzes weltweiter Aufklärungssatelliten
ist ein weiterer Beitrag auf diesem Weg, der im direkten Zusammenhang
mit den Auslandseinsätzen etwa in Afghanistan steht. Aber auch für den
Einsatz der Bundeswehr im Inland ergeben sich so weitere Möglichkeiten.

Am Morgen des
1. November wurde vom russischen Weltraumbahnhof Plessezk der dritte
Spionage-Satellit des SAR-Lupe-Systems der deutschen Bundeswehr auf
seine Umlaufbahn gebracht. Das System, mit dem ab 2008
Radar-Satellitenbilder von jedem Punkt der Erde in hoher – und damit
militärisch besonders wertvoller – Auflösung gemacht werden sollen,
fügt sich nahtlos ein in die Transformation der Bundeswehr zu einer
„Armee im Einsatz“. Für globale Interventionen im Sinne deutscher oder
wahlweise europäischer Interessen gewinnt die Fähigkeit, sich ein Bild
von der Lage und von geografischen Gegebenheiten in möglichen
Einsatzgebieten machen zu können, zunehmend an Bedeutung. Als
Beispiel kann die Mission EUFOR RDC, die angeblich zur Absicherung der
Wahlen in der DR Kongo 2006 durchgeführt wurde, gelten. Hier kamen
Satellitenbilder des europäischen Satelliten-Aufklärungsverbunds GMES
zum Einsatz, aus denen unter anderem Karten der Hauptstadt Kinshasa
erstellt wurden. Nähere Infos zum Einsatz unter:  http://europaskriege.wordpress.com/fact-sheets-zu-eu-einsatzen/fact-sheet-eufor-rd-congo/

Ausschlaggebend
für die deutsche Entscheidung Spionagesatelliten zu bauen, waren die
Erfahrungen des Kosovo-Krieges 1999, bei dem die deutsche Regierung
mangels eigener Satelliten-Bilder auf die Hilfe der USA angewiesen war.
Der Aufbau eigener Aufklärungskapazitäten in Deutschland erwächst aus
dem Wunsch, mit der BW eigenständig im globalen Maßstab Kriege führen
zu können. Dabei wird von Rüstungsnahen Kreisen betont, dass mit
SAR-Lupe ein Stück „nationaler Unabhängigkeit“ zurück gewonnen werde,
die „für viele Nationen mit gleicher politischer und wirtschaftlicher
Bedeutung seit langem eine Selbstverständlichkeit“ sei (Strategie und
Technik 02/07).

Auf der Einsatzebene ist der Umbau der
Bundeswehr zur Interventionsarmee schon erheblich weiter
fortgeschritten. So befinden sich in derzeit neun Einsätzen, von Afrika
über den Balkan bis Zentralasien verteilt, insgesamt ca. 7000 deutsche
Soldatinnen und Soldaten. Wie insbesondere der Einsatz in Afghanistan
zeigt, sind sie dabei durchaus an Kampfhandlungen gegen „Terroristen“
und „Aufständische“ beteiligt.

Wie der G8-Gipfel in
Heiligendamm und die Diskussion um den Abschuss von gekaperten
Passagierflugzeugen durch die Luftwaffe zeigt, richtet sich die
Transformation der Bundeswehr bei weitem nicht nur nach außen (zu G8
und Bundeswehr:  http://www.imi-online.de/2007.php3?id=1603
). Durch die Vermischung der inneren und äußeren Sicherheit im
vermeintlich notwendig grenzenlosen Anti-Terror-Kampf wird auch die
Präsenz der Streitkräfte im inneren zur Realität. Praktisch, wenn man
die neuen Fähigkeiten zur „Crowd-Riot-Control“, die die Bundeswehr z.B.
seit den Unruhen vom März 2004 im Kosovo gesammelt hat, demnächst auch
in Deutschland einsetzen könnte. Übrigens wurden wohl auch bei den
Aktivitäten rund um Heiligendamm Satellitenbilder zur Unterstützung der
Sicherheitskräfte eingesetzt, beim nächsten Mal dann aufgenommen von
deutschen Satelliten.

Die Rüstungsindustrie reibt sich derweil
die Hände, denn für sie kommt die Transformation wie ein groß
angelegtes Förderprogramm daher. Von der Ausstattung des einzelnen
Soldaten über das Großgerät aller Teilstreitkräfte bis zu den erwähnten
Satelliten-Systemen wird die Ausrüstung der Bundeswehr den veränderten
Einsatzanforderungen für weltweite, asymmetrische Konflikte angepasst.
So verschlingen Auslandseinsätze und Rüstungsprojekte Unmengen an
Mitteln, die den Aufstieg der großen deutschen und europäischen
Rüstungskonzerne an die Weltspitze und die Interessen der deutschen
Wirtschaft und Politik in aller Welt absichern sollen.

Gegen
die Transformation der Bundeswehr zu einer Armee im Einsatz – sowohl im
Ausland als auch im Inland – gilt es Widerstand zu leisten. Gelegenheit
dazu bietet sich etwa an diesem Samstag bei Demos gegen den "Notstand
der Republik", die in drei Städten parallel stattfinden sollen ( http://www.jugendkongress-notstand-der-republik.de ).
Die
Möglichkeit sich ausführlicher über die Transformation der Bundeswehr
zu informieren und an einer stärkeren Vernetzung des Widerstands
teilzunehmen, gibt es beim Kongress der Informationsstelle
Militarisierung (IMI) e.V.

Quelle: http://de.indymedia.org/2007/11/198319.shtml