Wieder einmal einer (von vielen) Frattinis. Im heutigen Interview mit der FAZ gab der EU-Kommissar für Justiz und Sicherheit und stellvertretende Vizepräsident der Europäischen Kommission, der auch sonst im Hintergrund überall präsent ist, wo es um die Einschränkung der Grundrechte geht, wieder einiges zum Besten.
Was nach den Flugpassagierdeals mit den USA und dem Anstoßen eines gleichen Systems für den EU-Raum kommt:
FAZ: Von Leuten, die in Fähren oder Zügen nach Europa kommen, werden
Sie aber keine Daten haben. Anders als Fluggesellschaften speichern die
Fähr- oder Bahnbetriebe keine Daten ihrer Kunden. Hier besteht ein
großes Schlupfloch für Terroristen.
Das ist eine schwierige Sache. Aber wir gehen Schritt für Schritt vor. Vielleicht werden wir in Zukunft in der Lage sein, auch bei Einreisen mit dem Zug oder der Fähre Daten zu erheben.
Und wenn die Züge und Fähren durch sind, denken wir noch mal über einen
Mautbrücken EU-Verbund nach, aber natürlich unter Sicherheitsaspekten,
denn es kann ja nicht angehen, dass die Terroristen völlig
unkontrolliert über Europas Autobahnen tuckern.
Sein Plädoyer für unbedingtes Vetrauen in den Staat und seine
Sicherheitsbehörden, die ja so viel vertrauenswürdiger sind als die
kommerziellen Daten-Sammler und -Profiler und wie gefälligst alle
EU-Bürger angesichts der sie bedrohenden Vorratsdatenspeicherung, die
Frattini maßgeblich vor Jahren vorangetrieben hat, zu denken haben –
man ahnt schon was kommt:
FAZ:
Viele Bürger in Europa sind besorgt, weil immer mehr Informationen über
sie gespeichert werden, gerade auch von Privatunternehmen. Ist es nicht
eigentlich Aufgabe des Staates, die Privatsphäre zu schützen, statt
selbst weitere Datenbanken anzulegen?
Nein. Wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten. Mich beunruhigt überhaupt nicht, wenn meine Daten den Behörden zur Verfügung gestellt werden.
Mir bereitet viel mehr Sorgen, dass meine Daten für kommerzielle Zwecke
genutzt werden, etwa wenn ich Kaufangebote per SMS auf mein Handy
bekomme. Wie ist es möglich, dass diese Leute meine Nummer kennen, ohne
dass ich damit einverstanden war?
In Frattinis Augen ist alles eitel Sonnenschein. Über den neuen
Verfassungsprozess hat man nicht der Mehrheit der EU-Bürger
Volksentscheide vorenthalten und es gibt in der Grundrechtecharta auch
keine Ausnahmen für Polen und Großbritannien. In Polen gab es keine
geheimen Folter-Verhörzentren der CIA und in anderen Mitgliedsstaaten
auch keine direkte und indirekte Unterstützung. Es gibt auch keine
Staaten, die sich am Echelon-Abhörnetzwerk beteiligen. Und der Ausbau
des Präventionsstaates in fast allen Mitgliedsstaaten, aber
insbesondere in Großbritannien, Deutschland und Frankreich, genießt
vollstes Vertrauen:
FAZ:
Das setzt voraus, dass man Vertrauen in die Behörden hat. Wie kann ich
sicher sein, dass alle beteiligten Staaten vertrauenswürdig sind?
Wenn ich anderen europäischen Bürgern und Mitgliedstaaten nicht
vertraue, dann würde ich zugeben, dass wir bei der Erweiterung der EU
Fehler gemacht haben. Ich glaube, wir haben aber keine Fehler gemacht, alle
Mitgliedstaaten verdienen unser Vertrauen. Wenn man die Polizei oder
die Justiz in einem Mitgliedsland in Frage stellt, dann ist der
gemeinsame Raum des Rechts und der Sicherheit am Ende.
Wie man lesen kann (wer lesen kann), gibt es nicht nur unsere Spezis
Schäuble, Zypries, Beckstein, Bosbach, Wiefelspütz und wie sie alle
heißen.
Quelle: http://blog.kairaven.de/archives/1445-Frattinis-kleine-Ideologie-und-Propagandastunde.html