Weil die Antiterrorlisten problematisch seien, bietet die Firma
"World Check" ihre Dienste bei der Suche nach riskanten Personen und
Unternehmen an
[telepolis] "Die Amateure, die sich auf islamistischen Webseiten tummeln, stellen keine Gefahr dar", sagt Dr. Christian Kronseder von World Check
(1) auf dem 11. Europäischen Polizeikongress in Berlin. Das seien
Bauernopfer, die im Zweifel auf V-Leute hereinfallen. Die wirkliche
Bedrohung gehe von anderen Gruppen und Strukturen aus. Die würde er
gern quasi als privates Frühwarnsystem erkennen und analysieren. Die
Fähigkeiten dazu hätten er und sein Team aus Länder- und
Terrorspezialisten.
100 Analysten, die alle zweisprachig sind, werten regionale Zeitungen
Südafrikas, Südostasiens, Osteuropas und Südamerikas aus und erstellen
Länder- und Personenprofile. Zu den Kunden der Compliance-Firma mit
Sitz in London zählten Telekommunikationsunternehmen, aber auch
Automobilkonzerne. Hauptsächlich riefen allerdings bislang viele Banken
nur ihren Service ab, sogenannte Risikopersonen zu melden.
Die sogenannte 3. Anti-Geldwäsche-Richtlinie
(2) der Europäischen Union verlangt seit Ende 2007 von Banken,
Versicherungen und Emissionshäusern, ihre Kunden abzugleichen mit
Sanktionslisten, auf denen Personen und Unternehmen aufgeführt werden,
die verdächtigt werden, Terrorismus oder Drogenhandel zu unterstützen.
Die Europäische Union, die Bank von England, die Vereinten Nationen und
das Office of Foreign Assets Control (OFAC) geben solche Listen heraus.
"Diese Listen sind höchst problematisch", warnt Kronseder. Es sei sehr
schwer, von ihnen wieder hinunterzukommen. Zudem sei die Qualität
oftmals schlecht. Es gebe eine Vielzahl irrelevanter Treffer, von denen
viele offenkundig politisch motiviert seien:
Es ist schon frappant, wenn plötzlich Iraker von den Listen verschwinden, und dafür besonders häufig Iraner genannt werden.
Dennoch schreibt der Gesetzgeber vor, solche Listen
als Maßstab für Transaktionen zu nehmen. Viele Beauftragte von Banken
würden sich damit begnügen und erfüllten so die Auflagen zur
sogenannten Bekämpfung von Geldwäsche. Dabei weiß jeder Fachmann, dass
ein solches Vorgehen ein bloßes Alibi ist, wirkliche Geldwäsche wird so
nicht entdeckt. Dennoch bietet "World Check" diesen Service an. Ebenso
wie das Monitoring sogenannter PEPS. Das steht für politisch exponierte
Personen. Und als solche gelten nach Auffassung der EU-Politiker,
Minister, Parlamentarier, Landtagsabgeordnete, Bürgermeister größerer
Städte, Personen aus der Wirtschaft, die auch politischen Einfluss
haben, aber auch Mitglieder des Olympischen Komitees oder
Rechtsanwälte. Gemäß der EU-Direktive müssen diese künftig besonders
beobachtet werden. Offizielle Begründung: Sie könnten korrumpiert
werden oder unsaubere Geschäfte tätigen.
Bislang wertet "World Check" öffentlich zugängliche Quellen danach aus,
welche Personen bereits verurteilt oder ansonsten auffällig wurden.
Allerdings wandelt sich das System mit der EU-Anforderung zunehmend von
der Faktenberichterstattung zur Verdachtsmeldung. Zwar habe er noch
keine Klage erhalten und nur eine Gegendarstellung. Aber Dr. Kronseder
kündigte vorsichtshalber an, für seine Geschäftskunden quasi eine
Gebrauchsanweisung zu entwickeln. Nicht jeder könne schließlich mit
Indizien und Verdacht richtig umgehen; und wenn einem Kunden ein Kredit
verweigert werde, dann muss die Bank dies begründen. Die Gefahr von
Klagen wegen Ruf- und Geschäftsschädigung sei ein Faktor, sozusagen vor
dem eigenen Produkt zu warnen.
Dabei ist die Firma 2000 anders gestartet. Vier Schweizer Privatbanken
wollten damals sicher gehen, dass sie nicht Geschäfte mit Diktatoren
oder Drogenbaronen abschließen. Sie suchten nach einer Methode, solche
Partner früh zu erkennen und auszuschließen, um nur korrekte Geschäfte
zu tätigen; quasi das Pendant zu "grünen", also umweltverträglichen
Aktien zu schaffen.
David Leppan, damals 28 und Sohn einer
südafrikanischen Politikerfamilie, studierte Internationales Recht und
Politik und suchte ein Hobby. Er erfand für die Privatbankiers eine
Datenbank. Aus der Garagenfirma wurde ein Unternehmen mit einem Umsatz
von vielen Millionen. Im vergangenen Jahr stiegen private Equity-Firmen
ein. Mathematiker entwickeln spezielle Algorithmen, um solch schwer zu
fassende Kategorien wie Image-Risiken durch Kunden für Banken
quantifizierbar zu machen. Das Suchprogramm Autonomy filtert aus
unstrukturierten Daten Verbindungen von Personen heraus, die eine
Risikoanalyse ermöglichen sollen. Für jeden Fakt sind zwei unabhängige
Quellen nötig. Fakten, die besonders selten vorkommen, werden
kombiniert mit solchen Treffern, die extrem häufig seien. So entstünde
ein Mittelwert, der für eine hohe Verlässlichkeit garantiere.
Dies gilt offenbar auch für die Kunden von "World check". Manche
abonnieren nur die Daten aufgrund der fragwürdigen, aber
vorgeschriebenen Sanktionslisten. Die anderen schätzen qualitative
Analysen und inhaltlichen Frühwarnungen.
Links
(1) http://www.world-check.com/
(2) http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2005/l_309/l_30920051125de00150036.pdf