Dem
britischen Rüstungs- und Luftfahrtkonzern BAE Systems ist es erstmals
gelungen, ein modifiziertes Jetstream-Propellerflugzeug rund 1 300
Kilometer ohne Piloten fliegen zu lassen.
[handelsblatt.com] Viele Hersteller wittern
einen Milliardenmarkt für unbemannte Flugobjekten und arbeiten an immer
neuen Techniken, um Piloten und Bordcrew künftig überflüssig zu machen. „Jetzt haben wir
eine Möglichkeit, die Bordcrew zu umgehen, indem wir das Flugzeug durch
Missionssystem und Autopiloten steuern“, sagt Projektleiter Nick
Colosimo. Das bringe viele Vorteile: Bei ferngesteuerten Flugzeugen
ließen sich menschliche Fehler ausschalten, Routineflüge könnte man
präziser abwickeln. BAE koordinierte den Testflug zusammen mit
Forschern von Cranfield Aerospace und der mittelenglischen Cranfield
University. Weitere Missionen sollen folgen.
Die Flugzeugindustrie setzt große Hoffnungen auf die
Entwicklung von unbemannten Maschinen, sogenannten UAVs (Unmanned Air
Vehicles). Viele Hersteller arbeiten an neuen Techniken, die künftig
Piloten und Bordcrews überflüssig machen sollen. „Die Technik
entwickelt sich rasant“, sagt Thomas Krüger, wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme der Technischen
Universität Braunschweig. Die Erfolgsmeldung von BAE Systems sei eine
von vielen. Rein technisch lasse sich schon heute jedes Fluggerät
automatisch steuern. Doch: „Der technische Aufwand und die Koordination
der Flugzeuge untereinander sind große Herausforderungen“, sagt Krüger.
Das Marktpotenzial ist groß. Nach einer Roadmap des von der
Europäischen Union gesponsorten Luftverkehrsverbunds UAVNET werden UAVs
in der zivilen Luftfahrt bis spätestens 2015 breite Verwendung finden.
Der Markt soll dann eine Größe von 1,2 Mrd. Euro erreichen.
Bislang kommen die pilotlosen Flugobjekte allerdings vor allem beim
Militär zum Einsatz. Führend sind die USA, die schon heute
hochentwickelte Aufklärungsdrohnen bei Kampfeinsätzen losschicken. Die
US-Hersteller profitieren dabei vom großen Budget des
Verteidigungsministeriums. Damit die Europäer nicht ins Hintertreffen
geraten, entwickeln sechs europäische Staaten derzeit einProjekt unter
dem Namen „Neuron“. Unter Federführung des französischen
Rüstungsunternehmens Dassault Aviation wollen sie bis 2011 ein
unbemanntes Kampfflugzeug mit Tarnkappentechnik herstellen.
Doch nicht nur das Militär nutzt zunehmend UAVs. Bei den derzeit in
Kalifornien wütenden Bränden – den größten in der Geschichte des
US-Bundesstaates – schickt die Feuerwehr regelmäßig Drohnen los, um
Bilder aus den Gefahrenzonen an die Einsatzleiter auf dem Boden zu
übertragen. Bis zum Masseneinsatz sind aber noch viele Fragen ungelöst:
So arbeiten die Luftfahrtbehörden wegen der Modellvielfalt in dem
Bereich immer noch an verbindlichen Betriebs- und Zulassungsregeln.
Zudem müssen die Hersteller zuverlässigere Erfassungs- und
Ausweich–Sensoren entwickeln.
Bis daher Urlaubsflieger ohne Piloten abheben, wird noch einige Zeit
vergehen. Nach Ansicht von Krüger sind unbemannte Passagiermaschinen
„Zukunftsmusik“. Trotz der Fortschritte werde sich technisch noch
einiges tun müssen. „Für die nächsten 20 Jahren ist das noch kein
Thema“, sagt der Forscher.
Source: http://www.handelsblatt.com/technologie/forschung/forscher-machen-piloten-ueberfluessig;2012921