FRONTEX macht die Grenzen dicht

biometrie-flughafenEU will Grenzagentur ausbauen und verstärkt die Datenerfassung

[neues-deutschland.de] Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments hatte
dieser Tage zu einem Runden Tisch mit den nationalen Parlamenten
geladen, um über die Sicherung der Außengrenzen der EU zu diskutieren.

Im Kern sollte es in dieser Woche in Brüssel um die seit Jahren auf
sich warten lassende Einführung des Schengener Informationssystems der
zweiten Generation (SIS II) und um den Ausbau der neu geschaffenen
europäischen Grenzschutzagentur (FRONTEX) gehen. Doch schnell wurde
deutlich, dass die Überlegungen von Kommission und Rat längst in eine
andere Richtung weisen. Die neuen Zauberformeln heißen »Integriertes
Grenzschutzsystem« und (ethnisches) »Profiling«. Jacques Barrot, Innen-
und Justizkommissar der EU, freute sich denn auch über die rege
Teilnahme nationaler Parlamentarier, die er am Runden Tisch für seine
Ideen erwärmen wollte.

Es störte dabei wenig, dass aus dem
Bundestag nicht ein Abgeordneter den Weg nach Brüssel fand, denn die
meisten der neuen Initiativen sind wohl längst mit Deutschland
verabredet. Trotzdem wurde deutlich, dass es den EU-Mitgliedstaaten und
der Brüsseler Kommission vor allem um eine umfassende, europaweite
Sammlung personenbezogener Daten geht. Und so wurden die Probleme bei
der Einführung von SIS II nur kurz erläutert und Besserung gelobt. An
den Start sollte die zweite Generation eigentlich im März 2007 gehen.
Wohl nicht nur technische Probleme, sondern auch der Wunsch nach immer
neuen Datenkategorien – wie die Aufnahme von biometrischen Daten –
verzögerten die Umsetzung des Projektes. Nun soll es bis September 2009
arbeiten.

Gleichzeitig ließ die Kommission durchblicken, dass der
bisherige Schutz der europäischen Außengrenzen nicht hinreichend sei
und sich dies mit dem neuen SIS-System auch nicht nachhaltig verändern
würde, wie der FRONTEX-Chef Illka Laitinen und Don Francisco Gabella
Maroto, General der Guardia Civil, ausführlich darlegten. Beiden kam
die Aufgabe zu, nicht nur um eine bessere Infrastruktur, also
Hubschrauber, Flugzeuge, Schiffe, und Geld für die Grenzagentur zu
bitten, sondern auch für das geplante integrierte Grenzschutzsystem zu
werben.

Modernste Technik wie Iris-Scan bei Grenzkontrollen,
biometrische Ausweispapiere und unbemannte Drohnen soll illegale
Einwanderung verhindern und Personen mit abgelaufenen Visa innerhalb
der EU stellen. Ebenfalls neu ist die Idee, ein sogenanntes
(ethnisches) Profiling durchzuführen. Mit Hilfe europaweiter
polizeilicher Datenbanken soll aus wenigen Informationen zu einer
Person ein Profil zu dieser erstellt werden. Besonders interessiert ist
man an Informationen über Ethnie, Rasse, Religionszugehörigkeit und die
Nationalität eines Menschen. Damit, so die Begründung, solle sowohl der
Terrorismus erkannt und bekämpft, als auch die zunehmende illegale
Migration verhindert werden.

Kritiker wiesen während des Treffens
im Europaparlament darauf hin, dass mit einem solchen Profiling kaum
ein Terrorist gestellt werden könne. Alle Erfahrungen deuteten darauf
hin, dass man vermeintliche Terroristen eher anhand ihres sich
verändernden sozialen Verhaltens erkenne. Die aktuellen Vorschläge
würden so nur zu einer Diskriminierung von Menschen führen. Die
Kommission nahm es mit gelassenem Interesse zur Kenntnis. Die Arbeiten
an einer polizeilichen Megadatenbank zur »Sicherung der Außengrenzen«
werden wohl vorerst ungebremst weiter laufen. Fraglich hingegen ist
noch, bei wem dann alle Fäden zusammenlaufen. Vieles deutet darauf hin,
dass FRONTEX die Schnittstelle hierfür in EU-Europa werden wird. Ein
erster Grundstein dafür wurde vergangene Woche mit der Verabschiedung
der EU-Rückführungsrichtlinie gelegt.

Von Dominic Heilig, Brüssel

Source: http://www.neues-deutschland.de/artikel/131446.frontex-macht-die-grenzen-dicht.html