[heise.de] Die Bundesregierung konnte die Bedenken der SPD-Bundestagsfraktion gegen das Abkommen zwischen Deutschland und den USA
zur Verhinderung und Bekämpfung schwerer Kriminalität "weitgehend
ausräumen", erklärte der innenpolitische Sprecher der Sozialdemokraten,
Dieter Wiefelspütz, am heutigen Dienstag gegenüber heise online. Damit
sei der Weg frei für das Inkrafttreten der Bestimmungen zum Austausch
von Informationen über Personen, die etwa dem terroristischen Umfeld
zugerechnet werden. Umfasst sein sollen unter anderem Biometrie- und
DNA-Daten. Aber auch Angaben über Rasse oder ethnische Herkunft,
politische Anschauungen, religiöse Überzeugungen, die Mitgliedschaft in
Gewerkschaften oder die Gesundheit und das Sexualleben dürfen
übermittelt werden, wenn sie "besonders relevant" sind.
Vor allem diese letzte, besonders sensible Daten betreffende Klausel
hatte bei einer Debatte im Bundestag über Anträge von
Oppositionsparteien gegen das Abkommen heftige Proteste
ausgelöst. Innenpolitiker von FDP und Grünen forderten die Regierung
auf, das Vorhaben aus Datenschutzgründen zurückzuziehen. Die Kritik sei
"überzogen" gewesen, hält Wiefelspütz dem entgegen. Es gehe bei der
Passage keineswegs um Diskriminierung. Vielmehr werde klargestellt,
dass etwa bei einer Gewalttat mit religiösem oder sexuellem Hintergrund
"noch einmal gesondert auf die Sachlage geschaut werden muss" und dann
die besonders geschützten Daten nur bei einem Zusammenhang mit dem
Verbrechen freigegeben werden dürften.
Insgesamt glaubt Wiefelspütz, dass die von Bundesinnenminister
Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries
(SPD) zunächst ohne Zutun des Parlaments verabschiedete Vereinbarung
"rechtsstaatlich verantwortbar und im beiderseitigen Interesse ist".
Auch die USA seien ein Rechtsstaat, selbst wenn Kritiker anderer
Meinung seien. Es gebe auch keinen Online-Zugriff auf die Datenbanken
von Ermittlern. Vielmehr werde nach dem Vorbild des umstrittenen Prümer Vertrags
innerhalb der EU ein automatisiertes Austauschverfahren aufgesetzt, bei
dem zunächst nur Treffer abgeglichen würden. Für das weitere Verfahren
seien normale Rechtshilfeanträge zu stellen. Der Innenausschuss des
Bundestags werde im Rahmen der Ratifizierung des Abkommens aber
eventuell noch eine Begleitentschließung verabschieden und darin seine
Meinung zu einzelnen Formulierungen zum Ausdruck bringen.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat seine Einwände gegen den Vertrag
dagegen in einer Stellungnahme für den Innenausschuss noch einmal
verstärkt. "Aus datenschutzrechtlicher Sicht bleibt das Abkommen weit
hinter vergleichbaren Vereinbarungen auf europäischer Ebene zurück",
heißt es in dem Schreiben. Nach eingehender Prüfung seien erhebliche
Vorbehalte geblieben. Auch die Liberalen halten ihre rechtsstaatlichen
Bedenken gegen das Abkommen "unverändert" aufrecht, erklärte der
FDP-Innenpolitiker Max Stadler und pochte auf eine Neuverhandlung des
Rahmenwerks. Das "Umfallen der SPD" bezeichnete er "gerade in Zeiten,
in denen der Schutz der Privatsphäre aufgrund verschiedener Skandale
wieder stärker ins allgemeine Bewusstsein gerückt ist", als "völlig
unverständlich".
Ulla Jelpke, Innenpolitiker der Linken, warnte, dass sich Deutsche
sich gegen den Missbrauch ihrer Daten durch US-Behörden in den USA
nicht wehren könnten. Auch die deutschen Behörden hätten auf die
Verwendung der Informationen nur wenig Einfluss: "Die SPD will dem
Datenkraken in den USA neues Futter geben." Laut Wiefelspütz steht
Bürgern, die Auskunft über ausgetauschte Daten oder eine Löschung
beziehungsweise Berichtigung verlangen wollen, der Weg über das
Auswärtige Amt frei. Dem Außenministerium müssten die USA gemäß der
Vereinbarungen Rede und Antwort stehen. (Stefan Krempl) /
(pmz/c’t)
Source: www.heise.de