Cyberkrieg: von der Defensive zur Offensive?

[heise.de] Es wäre ein Paradigmenwechsel: Statt wie bisher vor allem auf die
Sicherung der eigenen Computersysteme zu achten, soll sich das Pentagon
in Sachen Cyber-Kriegsführung offensiver orientieren, schlagen nach
einem Bericht
der Los Angeles Times "hochrangige Militärvertreter" vor. Die neue
aggressivere Strategie soll demnach Ziele beinhalten wie die Übernahme
des Kommandos über feindliche Drohnen, das Herbeiführen von
Flugzeugabstürzen oder die gezielte Unterbrechung der elektronischen
Versorgung von strategischen Anlagen wie z.B. militärischen
Einrichtungen.

Jahrelang habe man davor zurückgeschreckt zu militarisieren, was als
Medium für Handel und Kommunikation gilt, schreibt die Zeitung, nun
aber würden Experten sowie aktive und ehemalige höhere Dienstgrade im
Militär eine "provokante neue Diskussion" im Pentagon forcieren, die
die Gewichte verschieben will. Hatten bislang Aufklärung, Bespitzelung
und Sicherung der eigenen Systeme Vorrang, so sollen die Kapazitäten
von Cyberspace-Operationen künftig mit neuer Zielsetzung erheblich
ausgedehnt werden.

Das Umdenken habe durch Berichte über mögliche Cyberangriffe auf
georgische Webseiten im Rahmen des Kaukasus-Konflikts neue Nahrung
bekommen. Ein kürzlich vom Pentagon publizierter Artikel
bestätigt zumindest, dass der kommandierende General des U.S. Northern
Command, Air-Force-General Victor E. Renuart Jr., Cyber-Attacken auf
Regierungswebseiten in Georgien und in Estland als wichtige "Lektionen"
begreift, wobei Renuart allerdings sehr die Sicherung gegen solche
Angriffe betont.

Als wichtigste Grundlage für Diskussionen, die eine
Strategieänderung im Sinn haben, nennt die Los Angeles Times den 2006
verfassten Bericht "National Military Strategy for Cyberspace
Operations", der den Militärs "grünes Licht" für Weiterentwicklungen
gegeben habe. Das Strategiepapier forderte größere Veränderungen in der Cyber-Kriegsführung, die der Luftwaffe eine besondere Rolle zuwiesen, zugleich lieferte
der Bericht erstmalig eine weitreichende Definition des
Verteidigungsministeriums von "Cyberspace" als "ein sehr wirklicher
physischer Bereich, der elektronische Systeme und Netzwerke beinhaltet,
die elektromagnetische Energie benutzen".

Als der Chef des neugegründeten Air-Force-Cyberspace-Kommandos die Definition im April dieses Jahres ausweitete – "Wir definieren den Bereich als das ganze elektromagnetische Spektrum" – war das für Wired Grund zur spöttischen Annahme,
dass künftig "alles von Mikrowellen über Funk, Laser und
Röntgenstrahlen [..] und nicht nur Computersystemoperationen, sondern
auch elektronische Kriegsführung, elektronischer Kampf und vielleicht
sogar gerichtete Energie" zur neuen Domaine des Cyberspace gehören.

Für Michael W. Wynne, der das Cyber-Command für die Air Force im
Jahre 2007 ins Leben rief, ist die Cyberkriegsführung etwas
eindeutiger. Laut Los Angeles Times hat er einen Soldaten im Sinn, der
"invasive Werzeuge hat, mit denen er an eine Antenne feuert und dadurch
Informationen eingibt, die Schäden verursachen". (tpa/Telepolis)

Source: http://www.heise.de/newsticker/Cyberkrieg-von-der-Defensive-zur-Offensive–/meldung/115619