Zugriff in rund 2.200 Ermittlungsverfahren
[futurezone.orf.at] In knapp 2.200 Ermittlungsverfahren von Mai bis einschließlich Juli 2008 haben Richter in Deutschland den Rückgriff auf Verbindungsdaten von Telefonkunden und Internet-Nutzern angeordnet. Das geht aus einer der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz hervor.
Angaben uneinheitlich
Demnach nutzten die Ermittler in rund 43 Prozent dieser Verfahren die Vorratsdaten, die Telekommunikationsfirmen seit Jahresbeginn sechs Monate lang speichern müssen. Lediglich in rund 29 Prozent der Fälle sei ein Rückgriff auf die Vorratsdaten aus der Data-Retention nicht erforderlich gewesen, erklärte die Bundesregierung. Bei einem weiteren Viertel der 2.186 Verfahren sei dazu keine Angabe möglich.
Piltz kritisierte die Zahlen in der "Berliner Zeitung" vom Mittwoch. "Die Angaben reichen nicht aus, um die Vorratsdatenspeicherung zu begründen." So gehe aus der Antwort der Regierung nicht hervor, "in wie vielen Fällen die Speicherungspflicht von entscheidender Bedeutung für den Ermittlungserfolg war". Nach ihrer Überzeugung werde das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung wieder aufheben, sagte Piltz.
Datenverwendung eingeschränkt
Das Bundesverfassungsgericht hat nach einer Verfassungsbeschwerde des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung und anderer Bürger die Verwendung von Informationen aus der Vorratsdatenspeicherung für die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität eingeschränkt und diese Entscheidung Anfang September bestätigt.
In Österreich ist die neue Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) für das Dossier Vorratsdatenspeicherung zuständig. Die Linie ihres Vorgängers, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), war es, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Data-Retention abzuwarten. Diese Verteidigungsstrategie ist jedoch durch die Stellungnahme des Generalanwalts am EuGH unter Druck geraten, der die Durchsetzung der Data-Retention über eine EG-Richtlinie für rechtlich unproblematisch hält. Bei der Verhandlung vor dem EuGH geht es allerdings nicht um die Data-Retention an sich, sondern nur darum, ob die EU diese über das Instrument der EG-Richtlinie durchsetzen darf.
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Source: futurezone.orf.at