Freizeit bei erfolgreicher Jagd auf Flüchtlinge

Das spanische Innenministerium verknüpft Kriminalität mit Einwanderung und weist die Polizei an Verhaftungsquoten zu erfüllen

[heise.de] Spaniens sozialistische Regierung lies zur Jagd
auf Einwanderer blasen, die keinen gültigen Aufenthaltstatus im Land
haben. Mit der Wirtschaftskrise und der Rekordarbeitslosigkeit, unter der sehr stark Einwanderer zu leiden haben,
setzt die Regierung immer deutlicher darauf, Ausländer aus dem Land zu
werfen. Mit Anreizen sollen diejenigen aus dem Land gedrängt werden,
die erst über die Regulierung 2005
eine gültige Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung erhielten, als im
Bauboom, als Altenpfleger, als Küchenhilfe und Erntehelfer unzählige
Hände gebraucht wurden. Diese will man nun in der Krise loswerden,
weshalb das ohnehin strenge Ausländerrecht weiter verschärft wird, das
die konservative Volkspartei (PP) gegen den Widerstand der Sozialisten
(PSOE) einst durchgedrückt hatte. So soll der Familiennachzug deutlich
eingeschränkt und die Abschiebehaft verlängert werden.

Jetzt wird auch zur Jagd auf die geblasen, die keinen legalen Status
haben. Polizeigewerkschaften gaben bekannt, dass die Generaldirektion,
unter der nun Nationalpolizei und die paramilitärische Guardia Civil
zusammengefasst sind, angewiesen hat, in jedem Stadtteil müsse eine
bestimmte Anzahl Flüchtlinge verhaftet werden. Die Zahl wird "in Bezug
auf die Bevölkerungsdichte und die Kriminalitätsrate in dem Gebiet
bestimmt". Dadurch wird ein rassistischer Zusammenhang hergestellt, als
habe Einwanderung etwas mit Kriminalität zu tun. Die Zeitung Publico zitierte
aus dieser internen Richtlinie, die auf einem Spitzentreffen der
Polizeichefs am 12. November 2008 verabschiedet worden sei. Demnach
müssten im Arbeiterstadtteil Vallecas pro Woche 35 Menschen verhaftet
und danach einem Internierungslager (CIE) abgeliefert werden.

So wurden die Beamten auch angewiesen, bei der Auswahl des CIE die
Lager zu vermeiden, die schon überfüllt sind. Dort würden die
Verhafteten oft schnell mit einer Ausreiseverfügung wieder auf die
Straßen der spanischen Hauptstadt geschickt. Angewiesen wurde auch,
vornehmlich Marokkaner zu verhaften, weil die einfach und billig
abgeschoben werden können. Bei anderen Nationalitäten sei es
schwieriger, weil die Kapazität der Flugzeuge "begrenzt" sei.

Natürlich gibt es auch hier das System Zuckerbrot und Peitsche, weil
nicht alle Polizisten bereit sind, sich an der rassistischen Jagd zu
beteiligen. Wer das Soll erfüllte, wurde mit Freizeit belohnt. Wer zu
wenige Menschen ablieferte, dem drohte die Versetzung. Die Ausrede, im
Bezirk nicht genug Einwanderer angetroffen zu haben, zog nicht. In der
Richtlinie heißt es unmissverständlich: "Wenn es keine gibt, sind sie
außerhalb des Bezirks zu suchen." Damit werden die Beamten
aufgefordert, das Einsatzgebiet zu verlassen, um ihr Soll zu schaffen.

Das Innenministerium hat die Existenz der Anweisung bestätigt. Doch
Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba sprach von "Missverständnissen"
bei der Polizei. Als seien die Beamten zu blöd, um zu begreifen, um was
es wirklich ging, wollte er ihnen das Ausländergesetz "gut erklären".
Dabei kritisiert die Polizeigewerkschaft SUP seit Monaten massive
Verhaftungswellen von Einwanderern. "Völlig willkürlich sollen wir
Menschen verhaften, nur weil sie jung sind, eine andere Hautfarbe haben
und sich in einer bestimmten Gegend aufhalten", kritisierten die
Polizeigewerkschaften in einem Brief an die Generalstaatsanwaltschaft.
Und so verwickelte sich Rubalcaba in seiner Stellungnahme schnell in
Widersprüche: "Die Priorität der Polizei ist es, Illegale zu verhaften,
wenn diese mit Kriminalität zu tun haben." Doch wie das mit den
geforderten "Quoten" in Übereinstimmung zu bringen ist, sagte er nicht.
Auf die insistierenden Nachfragen der Journalisten wollte er keine
weiteren Erklärungen abgeben, kritisierte ihn sogar die Zeitung El País, die der Regierung sehr nahe steht.

Die Nichtregierungsorganisationen wie die spanische Kommission für Flüchtlingshilfe CEAR
machen deutlich worum es geht: "Hier wird nach einem Sündenbock für die
hohe Arbeitslosigkeit gesucht und die Kriminalität mit der Einwanderung
in Verbindung gebracht", warnt Generalsekretär Alfredo Abad. Er
kritisierte, dass die Polizei auch am Eingang der Einrichtung und vor
Schulen den Einwanderern auflauere.

Quelle: heise.de