Guadeloupe: Lage spitzt sich nach Generalstreik zu

[derstandard.at] Seit vier Wochen Streiks für höhere Löhne – Festnahmen nach Unruhen – Sarkozy schaltet sich ein
Port-de-France/Paris
– Ein wochenlanger Generalstreik auf der französischen Karibik-Insel
Guadeloupe droht sich zu einem Aufruhr zuzuspitzen. In der Nacht auf
Dienstag kam es zu schweren Zusammenstößen. Demonstranten errichteten
Barrikaden, steckten sie in Brand und bewarfen die Sicherheitskräfte
mit Steinen. Nach Behördenangaben wurden 50 Personen festgenommen. Die
Polizei setzte Tränengas ein. Mehrere Streikende seien verletzt worden,
darunter Gewerkschaftsführer Alex Lollia, teilte die linksgerichtete
Partei NPA mit.

Alle Vermittlungsbemühungen der französischen Regierung zwischen der
überwiegend schwarzen Bevölkerung und den überdurchschnittlich vielen
weißen Arbeitgebern sind bisher gescheitert. Um die Krise zu
entschärfen, berief Staatspräsident Nicolas Sarkozy Vertreter des
Übersee-Departements für Donnerstag in den Elysee-Palast. "Wir stehen
am Rande des Aufruhrs", sagte der Präsident des Regionalrates von
Guadeloupe, Victorin Lurel, am Dienstag dem Sender France Info. "Wir
haben eine politische und institutionelle Krise, es droht eine
Radikalisierung des Konflikts."

Seit vier Wochen wird gestreikt

Der Generalstreik lähmt die Insel schon seit knapp vier Wochen.
Geschäfte, Schulen und Tankstellen bleiben geschlossen und der Verkehr
am Flughafen Point-a-Pitre wurde inzwischen eingestellt. Die
Demonstrationen richten sich gegen die hohen Lebenshaltungskosten und
zunehmend auch gegen die Machtverteilung. Unter den Arbeitgebern sind
viele Nachkommen früherer Sklavenhändler oder Einwanderer aus
Festland-Frankreich. Die Preise für Lebensmittel oder Benzin sind teils
wesentlich höher als in Frankreich, wofür die Gewerkschaften die
Geschäftsleute und Unternehmen verantwortlich machen.

Forderung nach höheren Löhnen

Die Forderung der Demonstranten nach deutlich höheren Löhnen wurde
bisher abgelehnt. Paris verweigert auch eine finanzielle Unterstützung.
Yves Jego, Staatssekretär für die Überseegebiete, setzt weiter auf
Verhandlungen unter den Sozialpartnern. Wegen seines bisher
fehlgeschlagenen Krisenmanagements wurde er von Sarkozy bereits gerügt.

Der Staatschef fürchtet einen Flächenbrand: Mittlerweile hat sich
die Protestbewegung auf die Schwesterinsel Martinique ausgeweitet, wo
am Montagabend 10.000 Menschen gegen steigende Preise demonstrierten.
Wegen der angespannten Lage haben 10.000 Touristen ihre
Urlaubsbuchungen auf beiden Inseln storniert. Mehrere Hotels auf
Guadeloupe teilten mit, sie könnten wegen des Ausstands keine Gäste
mehr aufnehmen.

Quelle: derstandard.at