Wie die Fernsehbilder des Natogipfels 2009 von den Behörden beeinflusst werden.
[indymedia.org]Fernsehsender in aller Welt werden während des Nato-Gipfels in
Baden-Baden, Kehl und Strasbourg zentral von so genannten ´Host
Broadcastern` mit Bildern und Tönen versorgt. In Frankreich wird diese
Rolle den Stuttgarter Nachrichten zufolge von einer Privatfirma
übernommen (1). Präsident Sarkozy habe angeordnet, dass nur die
offiziellen Bilder der Begrüßung und der Ansprache n in alle Welt
gesendet werden. Bilder von ´Ausschreitungen oder Straßenschlachten`
sollen hingegen nicht übertragen werden.
Weniger
einseitig gibt sich als deutscher Host Broadcaster der SWR in
Baden-Baden. Der Sender werde für die Gipfelberichterstattung ca. 130
redaktionelle und 250 technische Mitarbeiter stellen. Man wolle
´journalistisch sauber arbeiten, und dazu gehören auch Bilder von den
Protestcamps oder von möglichen Blockaden`, so der Koordinator des
´Planungsstabs NATO-Gipfel 2009` im SWR, Georg Weisenberger, gegenüber
den Stuttgarter Nachrichten. Er gehe aber davon aus, dass die
offiziellen Bilder die prägenden Bilder der Veranstaltung würden. Man
werde neben dem offiziellen ´Weltbild-Signal`noch ein zweites zu den
´Randaspekten` produzieren. In einem Video von goodnews4.com gesteht
Weisenberger ein, in punkto Berichterstattung von der Zusammenarbeit
mit den Sicherheitsbehörden abhängig zu sein (2). Insbesondere mit der
Polizei verlaufe die Kooperation jedoch ´ausgezeichnet`.
Dafür
sorgt auch sein Kollege im Planungsstab, der Reporter Stephan
Schlentrich. Außer beim SWR ist Schlentrich auch als Lehrkraft an der
Fachhochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen tätig (3). Des
Weiteren leitet der auf ´Terrorismus` und ´Innerer Sicherheit`
spezialisierte Journalist seit 2007 das Steinbeis-Transferzentrum CSS
´Communication, Safety & Security`, welches u. A. so genannte
´Hostile Environment Trainings` für Unternehmen und Journalisten
anbietet. Vor allem aber berät das CSS deutsche und internationale
Unternehmen in Sachen ´Krisenmanagement und Krisenkommunikation` (4).
Bei
einem Kongress der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, welches die
Versorgung der Bevölkerung mit ´offiziellen Informationen` im Falle
terroristischer Anschläge thematisierte, forderte Schlentrich im Mai
2008 den Aufbau eines ´Kommando Spezialkräfte` aus Pressesprechern, das
´in Krisenfällen schnell vor Ort ist, um die Pressearbeit zu
koordinieren` (5).
Martialische Bilder zeichnete Schlentrich
auch bei einem gemeinsamen Training von SWR-Journalisten und der
Polizei im Zusammenhang mit dem Nato-Gipfel. Auf dem Gelände der
Bereitschaftspolizei Bruchsal referierte der als Kriegsberichterstatter
(6) ausgebildete SWR-Koordinator darüber, was zu tun sei, wenn man als
Journalist von einem Molotov-Cocktail getroffen werde (7). Im Rahmen
des ´Informationsaustausches` führte Polizeioberrat Klaus Pietsch die
Journalisten in Polizeitaktiken und Begrifflichkeiten ein. Wie ein
Videomitschnitt der Veranstaltung nahe legt, wurden den Teilnehmern des
Seminars Bilder von mehr oder weniger gewalttätigen Aktionen des
´Schwarzen Blocks` gegenüber der Polizei vorgeführt. Pietsch sprach
außerdem von ´Störern` und Blockaden, er bereitete die
Veranstaltungsteilnehmer auf ´rustikale` Interventionsmaßnahmen der
Polizei vor. Die Kamerateams müssten schließlich wissen, wohin sie sich
im Falle von Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei zu
stellen haben, kommentiert Schlentrichs Kollege Georg Weisenberger das
Polizeitraining, bei dem die Journalisten offenbar selbst einmal in
Uniformen der BePo schlüpfen und Sitzblockierer abräumen durften.
Weniger
gut präpariert scheint der SWR indes im Hinblick auf seine Technik zu
sein. Eigentlich sei das Baden-Badener Funkhaus gar nicht für eine
derartige Produktion ausgelegt, aber man habe innerhalb eines
Vierteljahres eine komplett separate technische Infrastruktur
aufgestellt, so Andrea Pfeiffer, Produktionsleiterin für die
Berichterstattung zum Nato-Gipfel (8). Für die Berichterstattung zum
G8-Gipfel in Heiligendamm sollen die Vorbereitungen des dortigen Host
Broadcasters eineinhalb Jahre gedauert haben.
Aus
Sicherheitsgründen wurde selbst den Medien das endgültige Programm des
Gipfels noch nicht bekannt gegeben. Der Sender sei ´auf alles
vorbereitet`, so Georg Weisenberger. Der SWR wird zum Gipfel die Bilder
von ZDF, Phoenix, N24, n-tv, SWR/ ARD und der Deutschen Welle bündeln
und als ´Weltbild`- Signal zur Verfügung stellen. Der staatsfinanzierte
Auslandssender Deutsche Welle wird dabei mit seinen
Satellitenübertragungswagen an ´heiklen Positionen für Demos` stehen,
so Pfeifer. Sorgen bereitet der Produktionsleitung allerdings, dass man
den Platz für Moderationen und Aufsager wegen Platzmangels in der
Baden-Badener Innenstadt in einem sicherheitstechnisch problematischen
Bereich einrichten müsse.
(1) http://www.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/detail.php/1969234
(2) http://goodnews4.com/preview_interviewtv.php?iid=593
(3) http://www.pandemie-symposium.de/wiki/doku.php/autoren:stephan_schlentrich
(4) http://www.it-defense.de/itdefense2008_de/pages/referenten.html
(5) Modul 5 – Krisen und Krisenmanagement in medialer Vermittlung, http://www.baks.bundeswehr.de, 14.05.2008
(6) http://goodnews4.com/preview_interviewtv.php?iid=600
(7) http://goodnews4.com/preview_interviewtv.php?iid=599
(8) http://goodnews4.com/preview_interviewtv.php?iid=592
Bildquelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik, http://www.baks.bundeswehr.de