Das fliegende Auge ist krisenfest

Siegen/Hannover. Maschinenbau, Elektrotechnik, Zulieferer – wo immer man hinschaut auf der weltgrößten Industrie-Messe in Hannover: Die Rezession ist allgegenwärtig. 224 800 Quadratmeter im Zeichen der Krise? Nein. …

[derwesten.de] Es gibt sie, die Erfolgsgeschichten jenseits von Auftragseinbruch und Zweckoptimismus. Viele kommen aus der Marktnische. Wie die Mi-crodrones GmbH aus Siegen. Ihr Geschäft: Luftüberwachung. Ihr Produkt: die Drohne MD4-200, ein fliegender Kamera-Träger, ferngesteuert, vier Propeller, ein unbemanntes Flugobjekt im Modellformat, das auch optisch gut als UFO durchgehen könnte. Slogan: Your Eye in the sky (frei übersetzt: Ihr fliegendes Auge). Einsatzgebiet: vielfältig.

Das Fiepen und Rasseln von Robotern aller Größen erfüllt die Luft, als die MD4-200 beinahe lautlos dem Dach der Messehalle 22 entgegensurrt. Routiniert bedient Bernd Rohde die Hebel der Fernsteuerung. Er ist bei Microdones zuständig für Verkauf und Kunden-Schulung, einer von 14 Mitarbeitern am Firmensitz, einer früheren Kirche in Siegen-Sohlbach. Ein Kleinstunternehmen, das vier Jahre kaum nach der Gründung in seiner Nische weltweit die Nase vorn hat.

"Wir haben vorige Woche die 450. Drohne ausgeliefert", berichtet Rohde. Es gebe zwei, drei Konkurrenten, die Microdrones aber weder bei Stückzahl noch Technik das Wasser reichen könnten. Die Kunden verteilen sich auf 82 Länder rund um den Globus.

Und von Krise keine Spur: "Wir haben aktuell drei bis vier Wochen Lieferzeit", sagt Rohde. Die Nachfrage sei größer als die Produktionskapazität. Nach Angaben von Mit-Gesellschafter Thorsten Kanand peilt Microdrones 2009 die Umsatzmarke von vier Millionen Euro an.

2005 hatte Drohnen-Erfinder und Hauptgeschäftsführer Udo Jürss die Idee, die ursprünglich vom Militär angewandte Technik auch für zivile Einsatzzwecke nutzbar zu machen. Er gründete Microdrones mit drei Partnern. Einer ist der Paderborner Modellflugzeugbauer Schübeler, der die Drohne auch produziert.

Außen Kohlefaser, innen High-Tech: Das Herz des rund 900 Gramm leichten Flugobjekts bilden GPS-Technik, Luftdruck-, Temperatur- und Bewegungssensoren, ein Magnetometer und eine Blackbox, die die Flugdaten auf SD-Karte aufzeichnet und an die optionale Bodenstation mit Laptop-Anschluss sendet, wie Rohde erklärt. Vier Elektromotoren treiben die Drohne auf Tempo 45 und halten sie bis zu 20 Minuten in der Luft.

Erfolgsgarant des fliegenden Auges ist die Flexibilität in der Ausstattung. Über den Träger lassen sich gewöhnliche digitale Kleinbildkameras ebenso fernsteuern wie etwa professionelle Wärmebildkameras. Mit einer optionalen Videobrille können die Aufnahmen empfangen werden. So viel geballte Technik hat ihren Preis: 9900 Euro kostet die MD4-200. Nackt. Mit Kamera und Sonderausstattung ist schnell das Doppelte fällig. "Die meisten Systeme verkaufen wir zwischen 20 000 und 25 000 Euro", berichtet Rohde. Was dem Erfolg keinen Abbruch tut.

Denn das Anwendungsspektrum der Drohne könnte breiter kaum sein. Sachsens und Niedersachsens Polizei filmt mit der Drohne potenzielle Gewalttäter bei Fußballspielen, die Betriebsfeuerwehr von Beiersdorf nutzt sie um Brandherde zu lokalisieren. Sie wird für den Energiepass zur zur Entdeckung von Wärmebrücken bei Immobilien ebenso eingesetzt, wie im Wachschutz, zur Grenzüberwachung, Smogmessung oder zur Kontrolle von Stromkabeln, berichtet Rohde.

Auf der Messe stellen die Siegener auch die MD4-1000 vor, den großen Ableger der Drohne. Ein Prototyp, der in etwa acht Wochen auf den Markt kommen solle, so Kanand. Sie ist ausdauernder und schneller als die kleine Schwester, hat klappbare Rotorarme, kann schwerere Kameras tragen und ist sturmfest. Eigenschaften, die den Einsatz etwa auch auf Ölplattformen ermöglichen. Sollte der großen Drohne ein ähnlicher Erfolg beschieden sein wie der MD4-200, wird Microdrones Kapazität und Personal bald deutlich ausbauen müssen.

Source: http://www.derwesten.de