Zentralisierung von EU-Fahndungsdatenbanken in der Kritik

Bei Datenschützern und EU-Parlamentariern regt sich Widerstand gegen das im Juni bekannt gegebene Vorhaben (PDF-Datei) der EU-Kommission, eine "Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen" im Bereich innere Sicherheit aufzubauen. So fürchtet etwa Alexander Alvaro, Innenexperte der Liberalen im EU-Parlament, laut einem Bericht des Spiegel,
dass mit der Initiative eine "gigantische Menge unterschiedlicher
Daten" zentralisiert würde. Dies ergebe nur Sinn, wenn damit
ausgefeilte Personenprofile erstellt werden sollten. Die Folge wären
"amerikanische Verhältnisse" in Europa.

Der vor allem von etlichen Innenministern der EU-Mitgliedsstaaten
einschließlich Wolfgang Schäuble (CDU) unterstützte Plan sieht vor,
zunächst drei große Datensammelstellen zusammenzuführen. Neben dem
Schengener Informationssystem (SIS) mit seinen allgemeinen
Fahndungsdaten sollen von Anfang an das "Visa-Informationssystem" (VIS)
und das "Eurodac"-Register integriert werden. In den beiden Datenbanken
werden biometrische Merkmale von Einreisenden aus
Nicht-Mitgliedsstaaten beziehungsweise Fingerabdrücke von Asylbewerbern
und illegalen Einwanderern gespeichert. Später soll der Zentralstelle
das Management weiterer einschlägiger Datenbanken und IT-Großsysteme
übertragen werden.

Die Kommission begründet ihren Vorstoß damit, dass der Betrieb
derartiger Anlagen nicht zu ihren "Kernaufgaben" gehöre. Daher müsse
eine Verwaltungsbehörde geschaffen werden, "die die Kontinuität und das
Betriebsmanagement der Systeme sowie einen konstanten Datenfluss
gewährleistet". Durch "Nutzung von Synergien" könnten die Produktivität
gesteigert und die Betriebskosten senken. Die Kosten für das
Betriebsmanagement der drei zunächst ins Visier genommenen
Fahndungssysteme der geplanten Agentur, die wegen des komplexen
EU-Rechts auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen errichtet werden
müsste, beziffert die Brüsseler Behörde mit 113 Millionen Euro allein
für den Zeitraum der ersten drei Jahre bis 2013.

Der Bundesrat hat unterdessen während seiner Marathonsitzung vor der Sommerpause am Freitag im Rahmen seiner zahlreichen Beschlüsse
zu Sicherheits- und Datenschutzgesetzen auch die neuen
Anti-Terror-Paragraphen abgesegnet. Mit dem zuvor vom Bundestag Ende
Mai verabschiedeten Gesetz
sollen unter anderem die gezielte Verbreitung von Bombenbau-Anleitungen
über das Internet und der vorsätzliche Besuch von Terrorcamps
kriminalisiert werden.

Das Gesetz sieht auch vor, die neuen Strafvorschriften durch eine
Erweiterung der Telekommunikationsüberwachung, des großen
Lauschangriffs, der Wohnungsdurchsuchung bei "anderen Personen" sowie
die Einrichtung von Kontrollstellen zu begleiten. Darüber hinaus soll
der dringende Tatverdacht der Vorbereitung einer schweren
staatsgefährdenden Gewalttat einen Haftgrund begründen und die
Vermögensbeschlagnahme ermöglichen können. Um beispielsweise nicht
schon neugierige Surfer in die Bredouille zu bringen, sind die neuen
Paragraphen 89a und b sowie 91 Strafgesetzbuch (StGB) an eine
einschränkende Klausel geknüpft. Ihr zufolge muss ein Täter den Vorsatz
haben, eine der erfassten Straftaten zu begehen. Die Opposition warnt
trotzdem vor der Einführung eines Gesinnungsstrafrechts. (Stefan Krempl) /
(anw/c’t)

Source: http://www.heise.de/newsticker/Zentralisierung-von-EU-Fahndungsdatenbanken-in-der-Kritik–/meldung/141897