Geheimes Dokument zeigt die schmutzigen Tricks bei den SWIFT-Verhandlungen

[netzpolitik.org] Im Falle der SWIFT-Bankdaten greift die EU-Kommission bzw. der Innenkommissar Jaques Barrot zu merkwürdigen Maßnahmen, um die widerstrebenden Regierungen (derzeit offenbar noch Deutschland, Östereich, Italien und Griechenland) doch noch rumzukriegen. Uns ist heute ein Dokument
zugespielt worden, das die EU-Kommission am vergangenen Freitag bei den
SWIFT-Verhandlungen in der Runde der EU-Botschafter in Brüssel verteilt
hat. Es sieht aus wie ein nüchternes FAQ, hat aber ein paar faustdicke
Klopfer in sich.

Angeblich soll demnach (Punkt 2) die Auswertung der Bankdaten u.a.
zur Verhaftung der Sauerland-Gruppe beigetragen haben. Was die USA –
auf deren Informationen sich die Kommission hier ganz offensichtlich
stützt – verschweigen: Die Sauerlandgruppe war ohnehin schon lange auf
dem Radar der Geheimdienste – laut Stern-Recherchen war ihr Chef ein Kontaktmann für die CIA und den türkischen Geheimdienst MIT.
Man hätte also die Bankdaten überhaupt nicht gebraucht. Auch bei den
anderen Beispielen wird überhaupt nicht klar, inwiefern die Bankdaten
wirklich etwas wichtiges beigetragen haben. Die Notwendigkeit und
Geeignetheit der Bankdatenauswertung ist bisher jedenfalls nicht
systematisch nachgewiesen worden.

Zweiter Klopfer: Das Europäische Parlament hat sich ja mehrfach über
die SWIFT-Geschichte beschwert. Die Kommission ignoriert das und
behauptet statt dessen einfach mal in Punkt 15, dass das Abkommen
völlig auf einer Linie sei mit der EP-Resolution vom September und in
einzelnen Punkten sogar besser. Das ist laut dem letzten uns
bekannten Stand in vielerlei Hinsicht nicht der Fall. Ich habe das
letzte Woche schon mal auf englisch im Detail verglichen, und das Ergebnis ist sehr klar.
Hier wird also den Vertretern der EU-Regierungen direkt ins Gesicht
gelogen. Allein das wäre ein Grund für ein sofortiges Ausetzen der
Verhandlungen.

Wahrscheinlich findet ihr noch mehr solcher Sachen – ich hatte noch
keine Zeit, das Dokument im Detail zu analysieren. Bitte schreibt eure
Fundstücke in die Kommentare.

Vor allem sollte das SWIFT Abkommen nicht wenige Stunden vor
Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages von den Innen- und
Justizministern der EU-Regierungen ohne parlamentarische Beteiligung
durchgepeitscht werden. Ab dem 1. Dezember 0:00 Uhr hat das Europäische
Parlament hier ein Veto-Recht und könnte nach demokratischer Debatte
souverän selber entscheiden, was es von dem Verhandlungsergebnis hält.

Datenschutz und Demokratie gebieten es daher, dass das Abkommen
nicht im Hauruck-Verfahren und hinter geschlossenen Türen verabschiedet
wird. Die Bundesregierung sollte wirklich auf solche
Taschenspielertricks nicht hereinfallen.

Source: http://www.netzpolitik.org/2009/geheimes-dokument-zeigt-die-schmutzigen-tricks-bei-den-swift-verhandlungen/