Aufruf vom 26. Februar 2011 	 		 				26.02.11
Ehemalige  Mitglieder aus der RAF werden im März als ZeugInnen im Stuttgarter  Prozess gegen Verena Becker vorgeladen und es droht ihnen bei  Aussageverweigerung Beugehaft bis zu sechs Monaten.
Am 10. März  müssen Günter Sonnenberg, Stefan Wisniewski, Rolf Heißler und Adelheid  Schulz, am 24.März Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt, am 25. März  Sieglinde Hofmann, Rolf Clemens Wagner und Irmgard Möller und am 31.  März Siegfried Haag erscheinen.
Bis auf Irmgard Möller, die sich seit 1972 im Knast befand, waren alle Mitte der siebziger Jahre in der RAF organisiert.
Hintergründe zum Prozess gegen Verena Becker und den Beugehaftandrohungen
Am 30. September letzten Jahres begann in Stuttgart-Stammheim vor dem  Oberlandesgericht der Prozess gegen Verena Becker, einem ehemaligen  Mitglied der RAF, die 1983 aus dem Kollektiv der Gefangenen aus der RAF  ausgeschlossen wurde.
Angeklagt ist sie wegen der Aktion gegen den  damaligen Generalbundesanwalt Buback, der im April 1977 vom „Kommando  Ulrike Meinhof“ erschossen wurde. Buback, ein ehemaliges NSDAP-Mitglied,  war verantwortlich für die Verschärfung der Isolationshaftbedingungen  und den Tod von vier Gefangenen aus der RAF: Holger Meins, Katharina  Hammerschmidt, Siegfried Hausner und Ulrike Meinhof.
Im Rahmen der  seit 2007 laufenden Ermittlungen wurde gegen einige ehemalige Gefangenen  bereits Beugehaft angedroht. Gegen Rolf Heißler und Stefan Wisniewski  laufen laut Medien weiter Ermittlungsverfahren. Aus Gazetten ist  weiterhin zu entnehmen, das die Kronzeugen Jürgen-Peter Boock, Werner  Lotze, Silke Maier-Witt und Sigrid Sternebeck im Prozess gegen Verena  Becker geladen sind oder waren. Alle Vier haben durch ihre Aussagen  ehemalige RAF-Mitglieder denunziert und dadurch weitere Jahre Knast  verursacht.
Die Verfolgung von ehemaligen RAF-AktivistInnen geht weiter
Bereits im Vorfeld hatte der Prozess einigen Wirbel in der Presse  ausgelöst. Quer durch alle Zeitungen gingen Verdächtigungen, dass die  RAF vom Geheimdienst geleitet worden sei. Den Ehemaligen wurde  vorgeworfen, sie hätten sich ein mafiaähnliches Schweigegelübde  („Omerta“) auferlegt, welches „Schweigen bis ins Grab“ bedeute.
Ehemalige  Gefangene aus der RAF erklärten in einem Papier, das „von Einigen, die  zu unterschiedlichen Zeiten in der RAF waren“ im Mai 2010 veröffentlicht  wurde: „Wenn von uns niemand Aussagen gemacht hat, dann nicht, weil es  darüber eine besondere ‚Absprache‘ in der RAF gegeben hätte, sondern  weil das für jeden Menschen mit politischem Bewusstsein  selbstverständlich ist. Eine Sache der Würde, der Identität – der Seite,  auf die wir uns gestellt haben.“
Die RAF verstand sich als  Befreiungsbewegung im Kontext mit den Kämpfen im Trikont und in den  Metropolen. Sie stand für Aufrichtigkeit, Mut und Hoffnung, auch unter  schwierigen Bedingungen zu agieren und war für viele Linke ein wichtiger  Bezugspunkt.
So ist klar, dass weder die Vorladungen oder die  Beugehaftandrohungen, noch die weitergehenden Ermittlungen und die  flankierende Medienkampagne dazu beitragen werden, die angestrebte  Abrechnung der Herrschenden mit der RAF oder mit dem bewaffneten  Befreiungskampf weiter voranzutreiben. Diese Maßnahmen laufen ins Leere,   da die 10 Ehemaligen aus der RAF nichts „sagen“ werden.
Die Gesetze  werden auch gegen den heutigen und künftigen Widerstand von den  Herrschenden weiter ausgebaut. So sind in BRD-Knästen migrantische und  alle anderen kämpfenden Eingesperrten ähnlichen und teilweise noch  drakonischeren Isolationshaftbedingungen unterworfen, wie damals die  RAF-Gefangenen. Die Eingekerkerten kämpften deshalb in zehn kollektiven  Hungerstreiks gegen diese Haftbedingungen an. Neun von ihnen überlebten  die Haft nicht. Zu den Toten zählen neben den vier schon genannten auch  Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Ingrid Schubert aus  der RAF, sowie Sigurd Debus, der einer anderen bewaffneten Gruppe  angehörte.
Die politischen Verfahren nach den §§129a/b werden damals  wie heute vor Sondergerichten geführt und es werden Linke und  Revolutionäre zu Strafen verurteilt.
Warum weiterhin dieses Verfolgungsinteresse und die Hetze?
Der legitime und notwendige Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung  wird im Rahmen der Aufstandsbekämpfung mit allen erdenklichen Mitteln  bekämpft, angefangen bei Desinformations- und Hetzkampagnen, bis hin zu  Folter und extralegalen Hinrichtungen.
Verantwortlich für diese Hetze  sind u.a. Figuren wie Reemtsma, Koenen, Kraushaar und Aust, die alle  eng mit dem BKA und den Geheimdiensten zusammenarbeiten und ihre Ergüsse  dann über die Medien lancieren.
In diesem Kontext muss auch jetzt  der Prozess gegen Verena Becker gesehen werden. Denn auch 40 Jahre nach  ihrer Gründung und 12 Jahre nach ihrer Auflösung steht die RAF noch  immer im Fadenkreuz der Repressionsorgane.
Der Prozess soll dazu  dienen, ein weiteres Mal mit der Geschichte der RAF abzurechnen, indem  diese umgedeutet, diffamiert und letztlich entpolitisiert wird. Vor  Gericht steht also nicht nur Verena Becker, sondern auch die Geschichte  und Politik der RAF und damit verbunden die revolutionären Kämpfe in der  BRD und weltweit.
Wie werden sich die 10 Ehemaligen aus der RAF verhalten
Jetzt sollen die 10 vorgeladenen GenossInnen zu den Aktionen der RAF  im Jahre 1977 befragt werden. Neben der Aktion gegen Buback gab es  weitere Aktionen: Gegen den Bankier und Kanzlerberater Jürgen Ponto, den  Ex-Nazi und Kapitalistenfunktionär Hanns-Martin Schleyer und der  versuchte Anschlag auf die Bundesanwaltschaft. Ziel dieser Angriffe war  es u.a. Gefangene aus der RAF zu befreien. Vier von diesen Inhaftierten,  Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Ingrid Schubert,  überlebten den Knast 1977 nicht.
Es ist klar, dass die 10  Vorgeladenen nichts sagen werden. In dem bereits erwähnten Papier  erklärten Ehemalige aus der Guerilla, dass die Justiz und die Medien von  ihnen nur „Selbstbeschuldigung und Denunziation“ forderten, so dass  auch sie – als ProtagonistInnen dieser Zeit – mit dem bewaffneten Kampf  als Teil der revolutionären Geschichte abschließen, um die Abrechnung  des Staates zu komplettieren und dabei helfen, die Geschichte im Sinne  der Herrschenden umzudeuten und umzuschreiben. „Wir machen keine  Aussagen, weil wir keine Staatszeugen sind, damals nicht, heute nicht.“
In  dem Papier stellten sie abschließend fest: „Wir waren im Knast, weil  wir hier den bewaffneten Kampf angefangen haben, und in den Prozessen  ging es uns höchstens darum, Inhalt und Ziele unserer Politik zu  vermitteln. Einer Politik des Angriffs in der Metropole, die ihre Praxis  im Zusammenhang weltweiter Kämpfe um Befreiung vom Kapitalismus  begriffen und bestimmt hat. Wenn es noch etwas zu sagen gibt, dann  dazu.“
Solidarität mit den 10 vorgeladenen GenossInnen!
Wir müssen die RAF als wichtigen und elementaren Bestandteil unserer Geschichte – der Geschichte der revolutionären Linken – begreifen und vehement verteidigen. Von daher rufen wir dazu auf, die vorgeladenen GenossInnen vor Gericht zu unterstützen und sie durch einen gut gefüllten Prozesssaal zu unterstützen. Nicht zuletzt gegenüber den herrschenden Medien, die zahlreich anwesend sein werden. Denn jede/r, die/der schon einmal vor der Klassenjustiz stand, weiß, wie wichtig es ist, wenn man hinter sich solidarische GenossInnen weiß.
Die Vorladungen sind am 10., 24., 25. und 31. März im Landgericht Stuttgart, Urbanstr. 20, Stuttgart-Mitte (Nahe Charlottenplatz), Saal 153. Zeigt euch solidarisch mit den 10, lasst sie bei ihren Vorladungen nicht allein und kommt zum Prozess!
Revolutionäre Geschichte aneignen und verteidigen!
Solidarität mit den 10 ehemaligen Gefangenen aus der RAF!
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen
www.political-prisoners.net
www.nullaefinito.jimdo.com
 
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