EU stärkt Grenzschutzagentur Frontex

Das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten haben sich auf eine Reform der Grenzschutzagentur Frontex geeinigt. Ihr wird nun gestattet, eigene Schiffe, Fahrzeuge und Hubschrauber anzuschaffen. Auch soll Frontex mehr Personal bekommen.

Von Nikolas Busse, Brüssel

Die europäische Grenzschutzagentur Frontex erhält neue Befugnisse und mehr Ausrüstung, um einen besseren Beitrag zum Schutz der EU-Außengrenzen leisten zu können. Das Europaparlament und die Mitgliedstaaten einigten sich jetzt in Brüssel auf eine Reform der 2004 gegründeten Agentur, der damit unter anderem gestattet wird, eigene Schiffe, Fahrzeuge und Hubschrauber anzuschaffen. „Das ist Frontex, wie es Europa in den kommenden Jahren braucht, und wir hoffen, dass die Agentur nun besser arbeiten kann“, sagte der für das Dossier zuständige Abgeordnete, der Christliche Demokrat Simon Busutil aus Malta. Die Einigung muss noch vom Ministerrat und vom Parlament gebilligt werden, was voraussichtlich nach der Sommerpause geschieht. Brüsseler Beamte sagten, es sei nicht mit Widerspruch zu rechnen.

Die Agentur, die seit 2005 in Warschau tätig ist, hat derzeit etwa 300 Mitarbeiter und ein Jahresbudget von 86 Millionen Euro (anfangs sechs Millionen). Sie hat den Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren immer wieder dabei geholfen, die Einwanderungsströme nach Europa abzuwehren. Dazu werden jährliche gemeinsame Operationen mit den nationalen Behörden abgehalten, bei denen Frontex mit Gerät und Personal aushilft.

Für das laufende Jahr sind sechs Operationen zur See, drei an Land und mehrere an Flughäfen vorgesehen. Die Agentur stellt dabei etwa Schiffe, die Patrouillefahrten übernehmen, oder Fachpersonal, das bei der Befragung von Migranten hilft. Außerdem organisiert sie gemeinsame Flüge zur Abschiebung von illegalen Einwanderern.

Wachsender Migrationsdruck

Die Dienste der Agentur waren in jüngster Zeit vor allem an den Südgrenzen der EU gefragt. Als Griechenland sich Ende vergangenen Jahres nicht mehr in der Lage sah, seine Landgrenze zur Türkei vollständig zu sichern, schickte Frontex für fünf Monate eine Unterstützungsmission an den betroffenen Grenzabschnitt, die aus mehr als 200 Grenzbeamten aus 20 Mitgliedstaaten bestand. Damit konnte die Zahl der versuchten illegalen Grenzübertritte um mehr als 70 Prozent gesenkt werden. Als nach dem Umsturz in Tunesien ein Auswandererstrom auf die italienische Insel Lampedusa einsetze, zog Frontex einen geplanten Mittelmeereinsatz vor, so dass Italien bis heute mit Flugzeugen, Schiffen und Beamten aus elf Mitgliedstaaten unterstützt wird.

Der wachsende Migrationsdruck führte nicht nur bei den grenznahen Mitgliedstaaten, sondern auch andernorts in Europa zum Wunsch, Frontex auszubauen, da die Außengrenzen der EU ja stets das Einfallstor in den gesamten Schengen-Raum sind. Eine wesentliche Neuerung ist nun, dass die Agentur eigenes Gerät erhalten soll, um nicht jedes Mal bei den Mitgliedstaaten um Schiffe oder Flugzeuge bitten zu müssen.

Frontex soll die Ausrüstung kaufen, leasen oder gemeinsam mit den Mitgliedstaaten anschaffen können. Es ist allerdings noch unklar, woher die Mittel dafür kommen sollen, denn gerade bei Großgerät dürfte der Frontex-Haushalt schnell aufgebraucht sein. Die Neuerung scheint auch für die Mitgliedstaaten interessant zu sein. So soll unter anderem Frankreich Interesse am gemeinsamen Erwerb von Ausrüstung mit der Agentur haben, um seinen eigenen Etat zu entlasten.

„Beratungsforum für Grundrechte“

Auch mehr Personal soll Frontex erhalten, und zwar über Jahrespläne, die einzelne Mitgliedstaaten mit der Agentur abschließen können. In den Plänen sollen sich die einzelnen Regierungen dazu verpflichten, der Agentur auf Anfrage eine gewisse Anzahl an Grenzschutzbeamten (und Ausrüstung) zur Verfügung zu stellen. Nur wenn die Abordnung den nationalen Grenzschutz ernsthaft gefährden würde, darf ein Mitgliedstaat von dieser Verpflichtung wieder zurücktreten. Letzteres ist ein Zugeständnis an die nationalen Regierungen, von denen viele den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission ablehnten, die Beamten verbindlich für sechs Monate für Frontex abzustellen.

Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von Veränderungen, die darauf abzielen, die Beachtung der Menschenrechte bei Frontex-Einsätzen besser zu kontrollieren. Es sollen ein „Beratungsforum für Grundrechte“ und ein „Grundrechtebeauftragter“ eingeführt werden, die darauf zu achten haben, dass die eingesetzten Beamten die Rechte von Migranten nicht verletzen. Darum kümmerten sich die Mitgliedstaaten derzeit selbst. Das Parlament wollte hier sogar einen unabhängigen Beauftragten, er soll jetzt allerdings doch Frontex-Mitarbeiter sein. Die Agentur soll auch bei Abschiebeflügen auf die Einhaltung der Grundrechte achten.

Da Frontex künftig auch Daten über grenzüberschreitende Straftaten, Menschenhändler und illegale Einwanderer an Europol oder andere europäische Strafverfolgungsbehörden weitergeben darf, wurden hierzu Datenschutzbestimmungen vereinbart. Schließlich wird der Agentur gestattet, technische Projekte mit Drittstaaten aufnehmen und Verbindungsoffiziere dorthin zu schicken.

Source: http://www.faz.net/artikel/C31147/fluechtlingspolitik-eu-staerkt-grenzschutzagentur-frontex-30446817.html