Repression und Krise: Griechenland
Polizei und Nazis Hand in Hand – Polizeiwillkür gegen „Gesetzlosigkeit“
Nirgends in der Europäischen Union sind Austerität und Autorität so eng miteinander verknüpft wie in Griechenland. Unter dem Begriff der „Gesetzeslosigkeit“ („Anomia“) werden Korruption, Steuerhinterziehung und lokale Kämpfe gegen sinnlose Großprojekte gleichsam bekämpft. Hausbesetzungen, Widerstand gegen Mülldeponien und die massive Zahlungsverweigerung von Gebühren sollen dadurch gebrochen werden.
Polizeiliche Misshandlungen sind ohnehin an der Tagesordnung, nun wird gegenüber antifaschistischen und anarchistischen Genoss*innen auch Folter enttabuisiert. Zur Strategie dieser Polizeiwillkür gehört, linke Bewegungen auszuforschen, in Dateien zu speichern und mit Verhaftungswellen zu drangsalieren. Ermittlungstechniken wie erzwungene DNA-Entnahmen, die zuvor nur bei Terrorismus-Verfahren genutzt wurden, finden mittlerweile auch bei den populären Protesten gegen die Goldmine in Chalkidiki Anwendung. Die Polizei publiziert Fotos von Demonstrierenden und ruft zur Denunziation auf.
Die Regierung wird durch eine linke Partei legitimiert, folgt aber den ebenfalls im Parlament sitzenden Faschisten: Ausländisch Aussehende, besetzte Häuser oder Antifas werden zum Ziel der Repression. Die guten Beziehungen der neuen Nazis zur Polizei sind immer sichtbarer. Unter dem makaberen Namen „Xenios Zeus“ („Gott der Gastfreundschaft“) wurden seit Sommer Tausende Migrant*innen verhaftet und in Lager verschleppt, die von der Europäischen Union finanziert werden.
Die Anwälte Harry Ladis und Achim Rollhäuser sind in Athen in linken Zusammenhängen aktiv.
Samstag, 30. März 2013, 19 Uhr
Café Größenwahn, Kinzigstraße 9, Friedrichshain
[Deutsch, wir besorgen eine englische Flüsterübersetzung]
Repression und Krise: Frankreich und die USA
Jenseits von Banlieue und Ghetto
Das französische Polizeisystem gilt gegenüber der US-amerikanischen Polizeiformation als extrem zentralisiert, das europäische und das US-System scheinen ohnehin nicht vergleichbar. In zwei Kurzvorträgen beschäftigen wir uns mit dem Aufbau der jeweiligen Polizeien und ihren jüngsten Veränderungen.
Wir fragen exemplarisch entlang von Beispielen aus verschiedenen Städten danach, wie sich in Zeiten neoliberalerer Austeritätspolitik, in Anlehnung an Jamie Pecks „austerity urbanism“ (2012), Polizeiarbeit verändert. Sollte von einem „austerity policing“ genauso gesprochen werden wie von einer „austerity police“?
Kendra Briken arbeitet an der Universität Bremen, Volker Eick an der Humboldt-Universität zu Berlin; demnächst erscheint der von beiden herausgegebene Band „Urban (In)Security“.
Donnerstag, 4. April 2013, 20 Uhr
Galerie Zeitzone, Waldemarstraße/ Adalbertstraße, Kreuzberg
[Deutsch, bei Bedarf mit Flüsterübersetzung auf englisch]
Repression und Krise: Island
Islands Winter-Revolte: Jenseits des Mythos
Nach der Finanzkrise 2008 war Island das erste Land, in dem die Regierung nach einem Jahr der Massenproteste gestürzt wurde. Tausende blockierten trommelnd und Parolen rufend das Parlament. Am Rande von Lagerfeuern kam es zu Straßenkämpfen mit der Polizei – etwas, das Island in diesem Ausmaß seit dem NATO-Beitritt 1949 nicht gesehen hatte.
Die neue, linke Regierung präsentierte sich als Prototyp zum Umgang mit dem ökonomischen Zusammenbruch. Aber was hat sich geändert nach dem überraschenden, aufständischen Winter? Letztlich nichts. Die Geschichte der Revolte ist ein Mythos: Weder war es eine friedliche Revolution, noch hat Island dem globalen Kapitalismus die Faust entgegengestreckt. Ignoriert wird, wie die Regierung die militanten Kämpfe schließlich neun Personen anhängen wollte, die sie als die „Extremisten“ des Widerstands anklagte, um sie für Jahre ins Gefängnis zu sperren.
In der Veranstaltung beschreiben wir die magere widerständische Geschichte des Landes vor der Finanzkrise sowie das Entstehen und die Entwicklung einer jungen anarchistischen Bewegung, inklusive Polizeispitzeln und Infiltration. Anhand einiger Schlüsselereignisse zeichnen wir die Winter-Revolte und die Prozesse gegen die „Reykjavík Nine“ nach. Hierzu gehört die Frage, was eigentlich von den Massenprotesten blieb und wie linke Politik unter einer linken Regierung möglich ist.
Eingeladen sind zwei isländischen Anarchist_innen.
Mittwoch, 10. April, 20 Uhr
Ney Yorck/ Bethanien, Mariannenplatz, Kreuzberg
[Englisch, bei Bedarf mit Flüsterübersetzung auf deutsch]
Out of Control Berlin
http://outofcontrol.blogsport.de