Rumänien: Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt

Dieser Artikel ist auch verfügbar auf Englisch: Romania: Data retention law declared unconstitutional

[unwatched.org] Der Rumänische Verfassungsgerichtshof (CCR) hat am 7. Oktober 2009
erklärt, dass man entschieden hätte, die Rumänische Implementierung der
Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig zu
erklären.

Das Rumänische Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist seit Anfang
2008 in Kraft, wurde aber mit sehr schlechten Kritiken bedacht, wie
EDRi Anfang des Jahres berichtete. Mehrere NGOs erklärten, sie würden
das Gesetz anfechten wollen. Ein erste Beschwerde der Zivilgesellschaft
beim Ombudsmann war nicht erfolgreich, da der Ombudsmann das Gesetz
nicht für verfassungswidrig hielt und daher erklärte, er würde die
Meinung des Verfassungsgerichtshofes nicht einholen.

Der Fall, der vom Verfassungsgerichtshof im Oktober 2008 entschieden
wurde, wurde von der rumänischen NGO Civil Society Commissariat
angestrengt, die ihren Mobilbetreiber verklagte, weil er die
Verkehrsdaten gemäß des neuen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung
298/2008 einbehielt. Der Prozess im Strafgericht von Bucharest war nur
ein Vorwand, um während der Verhandlung einen Antrag auf die
Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zu stellen, so dass der CCR seine
Meinung zum Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung abgeben musste.

Der CCR nahm den Antrag auf die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes
mit der Entscheidung 1258/2009 an, basierend auf Verstoß gegen Artikel
28 der Rumänischen Verfassung, die die Geheimhaltung von
Korrespondenzen verankert. Andere Artikel, auf die man sich berief,
waren Artikel 25, 26 und 30, die sich auf die Bewegungsfreiheit,
Privatsphäre und Meinungsfreiheit beziehen.

Unglücklicherweise könnte es einige Zeit dauern, bis die Begründung
des CCR vorliegt, und daher bis das tatsächliche Potential dieses
Durchbruchs eingeschätzt werden kann. Es könnte bis zu einem ganzen
Monat dauern, bis der offizielle Text im Amtsblatt veröffentlicht wird.
In jedem Fall ist die Entscheidung des CCR rechtskräftig und kann nicht
angefochten werden.

Der Gerichtshof ist die einzige Autorität mit konstitutioneller
Zuständigkeit und agiert unabhängig von allen anderen öffentlichen
Behörden. Er besteht aus neun Richtern, die für jeweils neun Jahre
berufen werden. Ein Drittel der Mitglieder wird alle drei Jahre neu
besetzt. Der Gerichtshof ist für die geringe Anzahl der Fälle bekannt,
die für verfassungswidrig erklärt werden. In 2008 gab es lediglich 18
Fälle, die vollständig eingereicht wurden, im Gegensatz zu den beinahe
1400 Anträgen, die bei den regulären Gerichten eingehen.

Das Ministerium für Kommunikation und Informationsgesellschaft
beeilte sich zu erklären, dass man die Europäische Kommission über die
neue Situation in Kenntnis gesetzt habe, und dass das Gesetz neu
entworfen werden könnte, um die verfassungsmäßigen Fragen zu umgehen.
Die Probleme könnten sich für die Führung allerdings als komplizierter
herausstellen, wenn das Urteil des CCR das gesamte Gesetz oder Artikel
1 als verfassungswidrig erklärt, in dem die Ziele des Gesetzes
angeführt werden.

Das Urteil kommt außerdem zu einer politisch und sozial recht
unsteten Zeit, was die Entscheidung des CCR beeinflusst haben könnte,
und sich weiterhin auf die Art und Weise auswirken könnte, wie die
Regierung mit diesem Fall umgehen wird. Derzeit gibt es allerdings
keine stabile Regierung, da die letzte durch das Parlament am 13.
Oktober aufgehoben wurde und die neue sich erst in Entstehung befindet.

Romanian constitution

Romania’s Constitutional Court Rules Data Storage Law Unconstitutional (8.10.2009)

Waw: Constitutional Court declared the law on data retention unconstitutional (Rumänisch, 8.10.2009)

Romanian authorities seek solutions for the data retention law (Rumänisch, 9.10.2009)

Statistical situation of the Romanian Constitutional Court Acts

The Ombudsman will not address the CCR regarding the data retention law (Rumänisch, 10.02.2009)

unwatched: Rumänien: Ist wirklich die Privatsphäre das Thema der öffentlichen Debatte? (28.01.2009)

Source: http://www.unwatched.org/node/1552