Novelle des BKA-Gesetzes: Videokameras in der Wohnung unbescholtener Bürger

[tagesschau] Die Sicherheitsbehörden des Bundes sollen offenbar künftig auch Wohnungen von unbescholtenen Bürgern mit Wanzen und Videokameras überwachen dürfen, wenn dort verdächtige Personen verkehren. Das geht aus dem Entwurf der Novelle des Gesetzes zur Kompetenzausweitung des Bundeskriminalamts (BKA) hervor.In dem aktuellen Gesetzentwurf, der tagesschau.de vorliegt heißt es: Das Abhören und Filmen dürfe sich "grundsätzlich nur gegen die verdächtige Person richten und nur in deren Wohnung durchgeführt werden. In Wohnungen anderer Personen ist die Maßnahme nur zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass 1. sich eine … (verdächtige) Person dort aufhält und 2. die Maßnahmen in der Wohnung einer … (verdächtigen) Person allein nicht zur Abwehr der Gefahr … führen wird. Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden." Exakt dieselbe Formung findet sich bereits in dem Gesetzentwurf vom August 2007. Doch die Video-Überwachung von Wohnungen scheint an sich nichts Neues zu sein. Auf eine FDP-Anfrage antwortete die Bundesregierung im März dieses Jahres: "Die Länderpolizeigesetze sehen (…) überwiegend bereits Regelungen zur optischen Wohnraumüberwachung vor." Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf soll jetzt auch das BKA Kameras in Wohnungen installieren dürfen.
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (Foto: AP) Hintergrund: Weitere Meldungen Zwischen Grundgesetz und Sicherheitsinteressen Das Verfassungsgericht hat sich mehrmals mit Gesetzen zur Überwachung beschäftigt – und Änderungen gefordert.

Der SPD-Politiker Sebastian Edathy sieht die entsprechenden Pläne der Bundesregierung skeptisch. "Die Notwendigkeit einer Videoüberwachung in Wohnungen erschließt sich mir nicht ohne weiteres. Das müsste man schon sehr gut begründen", sagte der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Nach Einschätzung Edathys werde "diese neuerliche Ausdehnung der BKA-Befugnisse" in der SPD-Fraktion sicher auf einige Bedenken stoßen. Auch SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte: "Das wird noch ganz genau zu prüfen sein." Wiefelspütz machte aber auch darauf aufmerksam, dass die nun diskutierte Videoüberwachung bereits vor einigen Monaten im Gesetzentwurf stand. "Insoweit hat vielleicht der eine oder andere nicht richtig gelesen. Wer es wissen wollte, konnte es wissen", so der Sozialdemokrat.
Opposition empört sich

Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, warf Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und Innenminister Wolfgang Schäuble vor, mit "der Ausweitung präventiver Überwachungsmaßnahmen erneut die Ignoranz gegenüber den Grundrechten" zu offenbaren. Der Schutz der Privatsphäre werde durch die Möglichkeit umfassender Ton und Videoaufzeichnung in Privatwohnungen zur Makulatur, so Leutheusser-Schnarrenberger.

Die Linksfraktion kritisierte, der Gesetzentwurf "legalisiert den staatlichen Einbruch in die geschützte Privatsphäre". "Davon betroffen können auch Personen sein, die andere Personen kennen, die wiederum noch andere Personen kennen, also letztlich alle", erklärte die Linken-Abgeordnete Petra Pau.
Entscheidung im Kabinett vor der Sommerpause

Schäuble und Zypries hatten sich in dieser Woche nach monatelangem Streit auf einen Entwurf für das neue BKA-Gesetz und die darin enthaltene Online-Durchsuchung geeinigt. Hauptstreitpunkt war die Frage, ob Ermittler zur Installation der Spionage-Software auf einem Computer heimlich in die Wohnung eines Verdächtigen eindringen dürfen. Dies wird nun nicht der Fall sein. Die Fahnder sind damit darauf angewiesen, über das Internet auf den fremden Computer zuzugreifen. Das Kabinett soll noch vor der Sommerpause über den Gesetzentwurf entscheiden.

Source: http://www.tagesschau.de/inland/bkagesetz4.html