Am 10. Dezember 2010 soll in Freiburg der sogenannte deutsch-französische Gipfel stattfinden, nach 2001 zum zweiten Mal in unserer Stadt. Neben den Staatschefs Merkel und Sarkozy reist eine ganze Schar Minister für die Gespräche im Rathaus an. In etwa vier Stunden wollen die führenden Vertreter der BRD und Frankreichs über die nationalen Beziehungen der beiden Länder und die gemeinsamen Interessen, vor allem im Rahmen der weiteren EU-Formierung, diskutieren. Diese Formierung beinhaltet vor allem innere und äußere Aufrüstung der EU-Staaten zur Sicherung und Vermehrung des Eigentums der herrschenden Klasse, sprich Klassenkampf von oben und imperialistischer Krieg.
Die Entwicklung der EU lässt sich seit dem Wegfall der Systemkonkurrenz und vor allem deutlich in den letzten Jahren der ökonomischen Krise als Herausbildung einer eigenständigen imperialistischen Kraft charakterisieren. Dem Ausbau der Weltmachtstellung stehen jedoch einige Hürden im Weg, vor allem die ökonomische Entwicklung Chinas und der sogenannten Schwellenländer und die Bedrohung der Eliten durch soziale Kämpfe im Inneren. Die nachhaltige Lösung dieser Probleme dürfte ganz oben auf der EU-Agenda und somit auch beim Gipfel in Freiburg stehen.
Nicht zufällig will die EU eine eigene schlagkräftige Interventionsarmee aufbauen, um mit dieser nicht zuletzt neue Absatzmärkte und Rohstoffquellen zu erobern. Hinzu kommt die Aussicht auf die zu erzielenden Gewinne beim Wiederaufbau nach gründlicher Destabilisierung der betroffenen Kriegsregionen, wie bspw. im Kosovo. Mit innerer Aufrüstung und Überwachung soll zudem präventiv ein Aufstand der ausgebeuteten Klassen unterbunden oder ggf. zerschlagen werden. Mit einer Zentralisierung der Politik in der EU und einem stärkeren Stimmrecht wollen vor allem die führenden Staaten Frankreich und Deutschland verhindern, dass dieser Weg von anderen Mitgliedsstaaten blockiert werden kann.
Mit Entscheidungen, wie der EU-Osterweiterung, wurde ein riesiger neuer Markt zur Ausplünderung geschaffen. Die Politik der betroffenen Staaten gerät durch die ökonomische Kontrolle so in stärkere Abhängigkeit. Die Einführung einer europäischen Währung bedroht zunehmend die jahrzehntelang unangefochtene Stellung des Dollar als Leitwährung.
Im Vertrag von Maastricht (1992) wurde die Möglichkeit einer gemeinsamen „Verteidigung“ erstmals offen ausgesprochen. Im Vertrag von Amsterdam (1998) wurden schließlich die sogenannten „Petersburger Aufgaben“ festgeschrieben: Kampfeinsätze zur „Krisenbewältigung“, rüstungspolitische Zusammenarbeit und gemeinsame Außenpolitik, weitgehende Integration der WEU (militärischer Arm der Union) in die EU, Etablierung eines europäischen Militärstabs und Ausschusses als ständige Einrichtungen, sowie die Konkretisierung der Europäischen Eingreiftruppe. Von den geplanten 200.000 Soldaten sollen 60.000 jederzeit für Einsätze und Interventionskriege bereitstehen. Im Vertrag von Nizza (2001) wurde die „Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (GSVP) eingeführt. Auf Grundlage dieser Einführung liefen und laufen zahlreiche „militärische Operationen“, so z.B. in Mazedonien, Kongo, Somalia und Georgien.
Zu erwähnen ist hierbei noch der deutsch-französische Rüstungskonzern EADS. Ein Großteil der EU-Rüstungsaufträge laufen über diesen Konzern. Darunter Massenvernichtungswaffen, Kampfflugzeuge und Flugzeugträger.
Und nicht zu vergessen ist auch die mörderische Abschiebepraxis der Europäischen Union. Deutschland und Frankreich schlossen dabei als Vorreiter sogenannte „Rücknahmeabkommen“ mit Staaten wie Syrien oder dem Kosovo. Massenabschiebungen sind so möglich geworden und werden schon praktiziert. Die europäischen Außengrenzen werden analog dazu weiter abgeschottet. An der „Festung Europa“ sterben laut der Nichtregierungsorganisation „Fortress Europe“ in Friedenszeiten mehr Menschen, als an anderen Grenzen in der Welt. Offizielle Statistiken dazu gibt es nicht, „Fortress Europe“ geht auf der Grundlage von Presseberichten aber davon aus, dass zwischen 1988 und 2009 etwa 15.000 Menschen entlang der Grenze ihren Tod fanden. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher sein. Hinzu kommen die unzähligen zurückgewiesenen Flüchtlinge, die in ihren Herkunftsländern unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen, inhaftiert, gefoltert und ermordet werden. Aus reinem ökonomischen Kalkül wird das Elend und der Tod von Menschenmassen verursacht.
Es gibt durchaus einen Zusammenhang zwischen der spürbaren Militarisierung und der allgemeinen Entwicklung der EU. Der weitere Ausbau der Vorherrschaft auf dem Globus soll dort militärisch erreicht werden, wo wirtschaftliche Waffen keine Wirkung mehr anrichten. Die Milliardenumverteilung nach oben mit Rettungspaketen und Rüstungsaufträgen erhöht die Gefahr von Widerstand und Aufständen im Inneren. Dieser Gefahr wird mit der offensichtlichen Modifikation der bürgerlichen Demokratie hin zu einem Polizei- und Überwachungsstaat begegnet. Abschiebepraxis und Abschottung der Außengrenzen runden den EU-Imperialismus ab.
Wenn Merkel, Sarkozy und Co. als Vertreter der herrschenden Klasse in unserer Stadt ihren Gipfel abhalten wollen, ist Widerstand Pflicht. Wir wollen unsere Zukunft in die eigenen Hände nehmen. Das kapitalistische System von Hunger, Ausbeutung und Krieg, welches u.a. durch die EU seine institutionalisierte Absicherung erhält, steht dieser besseren Zukunft im Weg. Nur die Formierung des Widerstands sämtlicher Kräfte, deren Rolle als Objekt der Verwertungsstrategien des kapitalistischen Kommandos längst feststeht, kann die Merkels und Sarkozys als Erfüllungsgehilfen des EU-Imperialismus entlarven und ihre Strategien durchkreuzen. Wir müssen zusammen international kämpfen, und wo, wenn nicht auf der Straße.
Für eine revolutionäre Perspektive!
Hoch die internationale Solidarität!
Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR), Dezember 2010
Fahrplan des Widerstandes:
10.12.2010 | 11:00 Uhr | Bertoldsbrunnen
Carnaval de résistance
10.12.2010 | 13:30 Uhr | Platz der Alten Synagoge
Antikapitalistische Krisendemonstration
10.12.2010 | 17:00 Uhr | „Im Grün“
Antikapitalistisches Straßenfest
Unser Flugblatt: →PDF [398 KB]
Mehr Infos: Bündnis „Kontrollverlust“ | Indy Linksunten | Radio Dreyeckland
Aufrufe: Aktionsbündnisses gegen den deutsch-französischen Gipfel | Gemeinsamer Aufruf mit dem Freiburger Krisenbündnis →PDF [381 KB]
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