Berliner Wachroboter patrouillieren in Peking

Einsatz
in der Volksrepublik: In wenigen Tagen werden 16 Sicherheitsroboter aus
Berlin in Pekinger Olympia-Sportstätten ihre Runden drehen. Nachts
spielen sie ihre Stärken aus: Sie sehen auch im Dunkeln bestens und
kennen keine Müdigkeit.

[spiegel.de] Das Arbeitszimmer von Doktor Jens Hanke, 43, könnte man leicht mit
dem Zimmer eines zehnjährigen Jungen verwechseln. Im Regal an der
Wandseite des Büros stehen verschiedene Roboterhündchen, darunter das Aibo-Hündchen von Sony.
Eine Regalstufe tiefer sind kleine Roboter mit farbigen Augenpartien
aufgereiht wie chinesische Tonkrieger, daneben die rollenden Würfel,
die vor einigen Jahren die Weltmeisterschaft im Roboterfußball mit
bestritten haben.

Hanke ist Mitinhaber der Berliner Hightech-Schmiede
Robowatch Technologies.
Spricht man den schlanken Bioinformatiker auf die Maschinenwesen hinter
seinem Rücken an, tritt etwas Jungenhaftes in sein Gesicht. "Es gibt ja
diesen schönen Film ‚I Robot’", meint Hanke, "da sieht man ja schon, ob
hinter der Bar, im Flughafen oder bei der Müllabfuhr: Roboter werden in
10 bis 15 Jahren zum Alltagsbild gehören, ähnlich wie die
Waschmaschine, die vor 40 Jahren ihren Einzug gehalten hat."

Robowatch stellt, wie der Name schon nahelegt, Wachroboter her. Ofro
und Mosro heißen die beiden Aufpassermodelle aus Metall, Plastik und
Silizium. Ofro sieht aus wie der Miniaturpanzer, den sich zehnjährige
Jungen unter dem Weihnachtsbaum wünschen. Dabei sind in dem 50
Kilogramm schweren und 1,40 Meter großen Roboter (Grundpreis etwa
50.000 Euro) neben verschiedenen Analysesystemen zwei
Ultraschall-Distanzsensoren, ein GSM-Modul, WLAN und GPS-Empfänger
eingebaut. Mit sieben Kilometern pro Stunde kann der Roboter bis zu
zwölf Stunden autonom ein Areal abfahren, bis er wieder an die
Ladestation muss.

Wärmekamera identifiziert Menschen

Der zweite Roboter Mosro ist ein schlanker, etwa 1,5 Meter hoher
Zylinder, dessen Hut ein auffällig rotes Warnlicht ist. Mosro ähnelt
mehr einer rollenden Soda-Säule, doch der Eindruck täuscht. Wie Ofro
verfügt er über komplexe Analysesysteme zum Erkennen von atomaren,
biologischen und chemischen Kampfstoffen.

Ein rundum bewegliches Thermokamerasystem scannt permanent einen
Radius von 2000 Metern um den Roboter herum ab. Sollte jemand oder
etwas in diesen Radius eintreten, erkennt der Apparat anhand eines
Thermokonturenbilds, ob es sich dabei etwa um einen Menschen, ein Reh
oder eine Ratte handelt. Das Thermokonturenbild wird per UMTS zur
Sicherheitszentrale gefunkt. Dort entscheidet der diensthabende
Wachmann, ob der Roboter weiterhin seine Runden schieben soll oder ob
ein Soforteinsatz mit Personal aus Fleisch und Blut notwendig ist.

"Wir haben ja eine neue Bedrohungslage", sagt Hanke, und meint damit
die Gefahr terroristischer Anschläge. Es gebe Situationen, in denen man
lieber Roboter statt Menschen losschicke. Und so steigen die
Marktchancen von Sicherheitsrobotern.

"Bitte identifizieren Sie sich"

Wenn Ende der Woche die Olympischen Spiele in Peking eröffnet werden,
sollen Ofro und Mosro mithelfen, die Zehntausende Athleten, Zuschauer,
Medienvertreter und hochrangige Gäste aus aller Welt zu schützen. 16
Roboter der Berliner Firma fahren dann nachts durch das Pekinger
Nationalstadion und scannen alles ab, was kreucht und fleucht. Auf
Englisch und Chinesisch werden Unbefugte angesprochen: "Bitte
identifizieren Sie sich".

Vor zwei Jahren absolvierten 20 Blechkameraden von Robowatch ihren
ersten Großeinsatz – bei der Fußball-WM im Berliner Olympiastadion.
Nachts patrouillierten sie auf dem Maifeld und in den Tiefebenen des
Stadions. Die chinesischen Sicherheitsverantwortlichen, heißt es bei
Robowatch, profitierten von den umfangreichen Erfahrungen, die man mit
den Wachmaschinen dort machte. Denn durch das Zusammenspiel von Mensch
und Maschine am Tag und in der Nacht hätten die Veranstalter die
aufwendige Installation stationärer Sicherheitstechnik eingespart.

Hinzu kommen die niedrigen Kosten: Mosro hat einen
Stundenverrechnungssatz von nur 2,50 Euro, bei Ofro sind es 10,50 Euro.
Nachtzuschläge kennen die Robocops nicht. "Wir bieten mit den Robotern
eine Kostenersparnis von etwa 75 Prozent zum herkömmlichen Wachmann
an", sagt Robowatch-Geschäftsführer Ulf Stremmel.

Inzwischen wird in der Berliner Firma über neue Maschinen
nachgedacht: Roboter etwa, die Treppen steigen können, Türen öffnen und
schließen, und noch mehr. Hanke glaubt, dass Raupenketten bei Robotern
bald out sein werden. "Unsere Maschinen werden sich bald vom
Kettengerät zu Vierbeinern und dann zu Zweibeinern entwickeln." Was
sein menschlicher Roboter dann alles können wird, darüber schweigt
Hanke und betrachtet die Robo-Hündchen im Regal.

Source: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,569854,00.html