Bundesministerium des Innern Berlin, den 25.1.2010
Das informelle Ministertreffen widmete sich den Themen Sicherheitsstrategie, Terrorismusbekämpfung und legale Migration und Integration. Den Vorsitz führten der ESP-Innenminister Rubalcaba sowie der ESP-Arbeits- und Migrationsminister Chaves. Die deutsche Delegation leitete BM Dr. de Maizière, die KOM vertrat VP Barrot. Der Vorsitzende des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE), López Aguilar, nahm für das EP teil.
1. Sicherheitsstrategie
[bmi] Der vom Vorsitz vorgelegte Textvorschlag für eine Sicherheitsstrategie wurde von allen Delegationen begrüßt. KOM nahm Bezug auf entsprechende Aussagen zur Sicherheitsstrategie im Stockholmer Programm und sprach sich für die Schaffung einer ”Sicherheitskultur” aus. Einigkeit bestand darin, dass ein kohärentes Vorgehen bei der äußeren Dimension der JI Sicherheitspolitik erforderlich sei. FRA schlug einen „Europäischen Pakt zur Drogenbekämpfung“ mit einem 2-Säulen-Modell vor: Bekämpfung der Kokainhandelsroute über Westafrika und der Heroinhandelsroute über Osteuropa (Balkan).
BM Dr. de Maizière betonte, dass sich das Papier in das Gefüge der anderen relevanten Dokumente, wie das Stockholmer Programm/Aktionsplan einfügen müsse. Die EU solle bei der Sicherheitsstrategie die Bereiche aufgreifen, in denen ein deutlicher Mehrwert zu erreichen sei. Die FRA Initiative zur Drogenbekämpfung werde voll unterstützt. Innere Sicherheit habe auch eine Außendimension.
Der LIBE-Vertreter unterstrich die neue Rolle des EP nach dem Lissabonner Vertrag. Sicherheit und Bürgerrechte seien kein Gegensatz. Die Rolle der nationalen Parlamente werde gestärkt.
AUT vermisste Aussagen zur "Gewalt” in ihren vielfältigen Erscheinungsformen (Jugendgewalt, Gewalt in der Schule, bei Großveranstaltungen oder gegen Polizeibeamte). NDL und BEL forderten einen umfassenden Ansatz der Sicherheitsstrategie, der auch Gewaltsituationen z.B. in der U-Bahn einschließe. Mehrere Delegationen unterstrichen die wichtige Rolle des COSI (neuer Ausschuss für innere Sicherheit) und setzten sich für eine gleichberechtigte Rolle von COSI und PSK (Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee) ein.
Vorsitz schlussfolgerte, dass die Delegationen das ESP-Papier, das bürgernah auszugestalten sei, unterstützen. COSI werde eine wichtige Rolle spielen, die genauen Modalitäten seien noch zu definieren. Bei der Außendimension sei eine bessere Abstimmung erforderlich, ggf. gemeinsame Sitzungen auf Ministerebene bzw. COSI/PSK. Die Sicherheitsstrategie müsse sich in das Stockholmer Programm/Aktionsplan einfügen, FRA Vorschlag im Bereich Drogen werde aufgegriffen. Die Arbeiten an der Sicherheitsstrategie sollen auf Grundlage des ESP-Papiers und im Lichte der Diskussion fortgesetzt werden.
2. Terrorismusbekämpfung
KOM begrüßte den guten Informationsaustausch, der unmittelbar nach dem Anschlagsversuch in Detroit mit den US-Stellen stattgefunden habe. Ein großer Teil der Informationen sei von den US-Stellen zugeliefert worden. Nun sei eine fundierte Analyse der Vorgänge um Detroit erforderlich. Soweit neue Maßnahmen erforderlich seien, müsse dies den Bürger/innen gut begründet werden. Das Stockholmer Programm sehe weitere Maßnahmen im Terrorismusbereich vor.
US Heimatschutzministerin Napolitano, die bei der Diskussion anwesend war, wies darauf hin, dass die Vorgänge um Detroit die Dringlichkeiten einer weltweiten Zusammenarbeit erneut deutlich machten. Erste Schlussfolgerungen seien: Informationsaustausch/-auswertung seien von großer Bedeutung; al Qaida rekrutiere nicht allein in Afghanistan und Irak; Terroristen würden verstärkt auch Technologiekenntnisse einsetzen, um Sicherheitssysteme der Staaten zu analysieren; bei Flugsicherheit sei ein weltweiter Ansatz erforderlich. Das PNR-System habe sich als wichtigstes Abwehrsystem erwiesen – 1/3 aller Zurückweisungen bei Flügen erfolgten aufgrund von PRN- Informationen. USA hoffe daher auf ein EU-PNR. Ministerin Napolitano führte aus, dass die USA über ein eigenes funktionierendes Datenschutzsystem verfügten, das sich von dem der EU unterscheide. Dies dürfe aber kein Hindernis für eine Zusammenarbeit sein.
Der LIBE-Vorsitzende bezeichnete die transatlantische Zusammenarbeit als Herzstück für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Allerdings seien Grundrechte in vollem Umfang zu schützen. Das EP müsse bei Verhandlungen mit den USA eingebunden werden.
FRA setzte sich dringlich dafür ein, rasch ein EU-PNR System zu schaffen, da nationale Lösungen nur eine begrenzte Wirkung hätten. Es sei unverständlich, wieso mit den USA ein PNR System genutzt werde, aber ein EU-PNR fehle. Viele Delegationen sprachen ihre Unterstützung aus. NDL und POR unterstrichen, dass dabei der Datenschutz zu berücksichtigen sei. GBR forderte die Ausweitung eines EU-PNR auch auf EU-interne Flüge (ebenso IRL, ISL, DNK).
Der Antiterrorismuskoordinator hob hervor, dass sich Anschläge gegen die Zivilluftfahrt richteten. Datensammlung und –analyse seien erforderlich. Al Qaida organisiere sich zunehmend regional. Diese Entwicklung müsse man bei Bekämpfung der Radikalisierung und Rekrutierung berücksichtigen. Terrorismusbekämpfung könne nicht nur mit technischen Mitteln erfolgen, ein globaler Ansatz sei erforderlich. Auch die Sicherung von Reisepapieren sei wichtig. Man solle über eine Zusammenarbeit mit dem US Zentrum für Terrorismusabwehr nachdenken. KOM solle rasch ihren Bericht zu Körperscannern vorlegen.
BM Dr. de Maizière stimmte der beschleunigten Vorlage eines Vorschlags für ein EU-PNR zu. Mit Blick auf SWIFT solle EP gebeten werden, nicht das vorläufige Abkommen zu blockieren, sondern sich auf die Aushandlung des neuen Abkommens zu konzentrieren. Auch sei es erforderlich, zu einem Datenschutzabkommen mit den USA zu gelangen. Ein diesbzgl. Verhandlungsmandat solle bald vorgelegt werden. Bei der Hilfe für Drittstaaten könne arbeitsteilig (EU/US) vorgegangen werden. Nicht einverstanden sei DEU mit der Schaffung neuer Strukturen (z.B. Schaffung von Ausschüssen) oder einer formalisierten Zusammenarbeit der Terrorsimusabwehrzentren. Es sollten keine Doppelstrukturen geschaffen werden (besser: Nutzung des COSI).
Vorsitz forderte KOM auf, beschleunigt einen Vorschlag für ein EU PNR vorzulegen. Einige Mitgliedstaaten hätten sich für die Einbeziehung EU-interner Flüge ausgesprochen. Die Minister/innen verabschiedeten eine gemeinsame EU-US-Erklärung zur Terrorismusbekämpfung.
3. Legale Migration und Integration
Die Diskussion verlief entlang der bekannten Positionen der Mitgliedstaaten. Aus der Vielzahl der Fragestellungen hob Vorsitz insb. den Aspekt der unbegleiteten Minderjährigen hervor (so auch KOM, EP).
KOM rekurrierte auf im Stockholmer Programm geplante Maßnahmen. Die Migrationspolitik spiele eine Schlüsselrolle, um negative Rückwirkungen auf den Arbeitsmarkt zu vermeiden, die sich aus der demographischen Entwicklung in der EU ergäben. In welcher Höhe Zuwanderung erlaubt sei, sei indes Sache der Mitgliedstaaten. Der RL-Entwurf zu den Arbeitnehmerechten sei prioritär. Wanderarbeitnehmer müssten „gerecht“ behandelt werden. Daher sei es auch erforderlich, Regelungen für Saisonarbeiter zu schaffen. KOM wolle Kohärenz in der Migrationspolitik herstellen.
Der Vorsitzende des LIBE-Ausschusses betonte die Notwendigkeit, den Migrations- und Asylpakt umzusetzen. Wesentlich sei der Rechtsakt zur Einführung einer einheitlichen Arbeitserlaubnis (so auch BEL, LUX, NDL, Vorsitz). BEL unterstrich, dass der Vertrag von Lissabon die Blockadesituation bei der legalen Einwanderung aufbreche. KOM müsse die Umsetzung bereits beschlossener Maßnahmen nachhalten, notfalls mit Vetragsverletzungsverfahren. Bei der Integration sei auch der Aspekt der Integration der eigenen EU-Bürger/innen (2. Generation mit Migrationshintergrund) zu berücksichtigen.
Vorsitz griff FRA-Vorschlag, angesichts der Vorgänge in Haiti bereits in der nächsten Woche ein Treffen zur Frage der Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen einzuberufen, auf. FRA betonte zirkuläre Migration und mahnte an, über Visumserleichterungen für Studenten nachzudenken. SWE erläuterte, die Wirtschaftskrise habe unterschiedliche Auswirkungen auf die nationalen Arbeitsmärkte. Daher müssten die Mitgliedstaaten weiterhin in der Lage sein, Regelungen nach ihren Bedürfnissen zu schaffen.
GRI und MLT betonten, aus ihrer Sicht sei die Bekämpfung der illegalen Einwanderung vorrangig. GRI beklagte sich darüber, dass TUR eingegangene Rücknahmeverpflichtungen nicht einhalte. CYP und MLT mahnten erneut Regelungen zu Lastenteilung an.
Source: http://www.bmi.bund.de
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