Fliegende Polizisten: Hubschrauberstaffel fahndet mit Hightech aus der Luft

[ddp] Der Hubschrauber nimmt einen
harmlosen Lkw-Fahrer auf der Autobahnraststätte Gräfenhausen ins
Visier. Über der Autobahn 5 schwebend, rund einen Kilometer von der
Rastanlage entfernt, kann die hochauflösende Kamera des
Polizeihubschraubers EC 145 noch die Zeitung unter dem Arm des Mannes
erkennen. Wenn der hochmoderne Helikopter mit seinen drei
Bordkameras nicht zu Demonstrationszwecken unterwegs ist, wird er für
die Fahndung nach Tatverdächtigen und Vermissten, für Überwachungen,
Löscharbeiten oder Truppentransporte eingesetzt. "Unser Aufgabengebiet hat sich zu 100 Prozent
gewandelt. In den 70er Jahren waren wir ausschließlich mit der
Verkehrsüberwachung betraut", sagt Franz Thiemeyer. Der Polizeioberrat
ist Leiter der hessischen Polizeihubschrauberstaffel in Egelsbach.

Von
hier aus werden hessenweit die Einsätze gestartet. Die Staffel mit vier
hochmodernen Hubschraubern hilft aber auch über die Landesgrenzen
hinaus aus, etwa beim Besuch von US-Präsident George Busch in Mainz
oder beim G-8-Gipfel in Heiligendamm.

Von der dreiköpfigen
Besatzung des EC 145 kümmert sich ein Crewmitglied, der "Operator",
ausschließlich um die Bedienung der Kameras. Bei Großdemonstrationen
wie in Heiligendamm ist vor allem die Fernsehkamera an Bord des
Hubschraubers hilfreich. Die Bilder werden direkt in die jeweilige
Einsatzzentrale übertragen.

Die Kamera befindet in einem
außerhalb montierten und um 360 Grad drehbaren Kugelkopf über der
rechten Kufe. Dort sind auch die anderen beiden Kameras integriert:
Eine hochauflösende sogenannte Spotter-Kamera mit der Nummernschilder
noch aus einer Entfernung von 1000 Metern lesbar sind und eine
Wärmebildkamera.

Letztere kommt vor allem bei der nächtlichen
Suche nach Vermissten zum Einsatz. Die Wärmebildkamera tastet die
Erdoberfläche nach Wärmequellen ab und kann selbst noch minimale
Temperaturunterschiede von 0,1 Grad darstellen und mittels Computer
aufbereiten.

Wärmequellen, wie etwa eine Spaziergängerin mit
Hund, erscheinen als weiße Flecken – der Hund ein wenig heller als sein
Frauchen. In diesem Jahr hat die Hubschrauberstaffel bereits zehn
Vermisste aufgespürt, darunter acht in hilflosem Zustand, die erst
durch den Einsatz des Hubschraubers gerettet werden konnten.

Wie
etwa eine Frau aus Modautal. Die 52-Jährige war an einem abgelegenen
Waldrand bis zu den Knien im Schlamm eines Bachlaufs eingesunken und
stark unterkühlt. Die Besatzung hatte die Frau mit der Wärmebildkamera
ausgemacht. "Die Erfolgsquote ist dann relativ hoch, wenn sich die
gesuchte Person auch tatsächlich in dem angegebenen Gebiet befindet",
sagt Pilot Jens Geißer.

Bei der Absuche großer Waldgebiete
kann die Kamera auch die Motor- oder Reifenwärme von Fluchtfahrzeugen
erfassen. Auch bei der Fahndung nach jugendlichen Steinewerfern an der
A 5 war die Hubschrauberstaffel in diesem Jahr schon erfolgreich.

"Unsere
Verfügbarkeit hat sich herumgesprochen, wir werden immer häufiger von
den Einsatzzentralen angefragt", sagt Staffelchef Thiemeyer. Für
flüchtende Ladendiebe hebe aber kein Hubschrauber ab. Einen
24-Stunden-Schicht-Betrieb kann die Hubschrauberstaffel erst seit rund
einem Jahr anbieten.

Bis dahin war die Staffel noch mit der
Ausbildung des dafür erforderlichen Personals beschäftigt. Um rund um
die Uhr im Einsatz sein zu können, umfasst das fliegende Personal
mittlerweile 30 Leute und bringt es auf rund 3000 Einsätze im Jahr.
Immer sind die fliegenden Polizisten aber doch nicht verfügbar.

Etwa
wenn der Flugplatz in Egelsbach vom Nebel verhüllt ist oder wie in der
vergangenen Woche Sturmtief "Kirsten" wütet. Ab Böen von etwa 70
Stundenkilometern ruht der Betrieb oder wie es Staffelleiter Thiemeyer
ausdrückt: "Wenn die Vögel zu Fuß gehen, bleiben wir auch am Boden.
Source: http://www.fr-online.de